Fünf blau-weiße Porzellangefäße mit asiatischen Motiven stehen in einer Reihe.
Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden machen ihre königliche Porzellansammlung über eine neue Online-Plattform der Öffentlichkeit zugänglich. Bildrechte: Porzellansammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Jürgen Lösel

Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Porzellansammlung im Zwinger ist jetzt digital zugänglich

23. Januar 2024, 04:00 Uhr

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) setzen neue Maßstäbe in der Kunstvermittlung: Auf einer neuen Online-Plattform machen sie ihre weltberühmte Porzellansammlung zugänglich. "The Royal Dresden Porcelain Collection" gibt in 36.000 Einzelbildern Einblicke in die Sammlung Augusts des Starken. Mit ihren mehr als 8.000 Objekten zählt sie zu den weltweit größten und wichtigsten Sammlungen ostasiatischen Porzellans des 17. und 18. Jahrhunderts.

Die Wogen schlagen hoch. Ihre Kämme kringeln sich in wildem Durcheinander. Aus den grünen Strudeln steckt ein rötlich-goldener Fisch, vielleicht ein Koi-Karpfen, seinen Kopf hervor. Schnappt er nach Luft? Oder ist das ein Fluchtversuch? Seine Artgenossen jedenfalls gucken etwas entsetzt. Henkel und Tülle weisen das dramatische Gebrodel als Teekanne aus.

Eine Teekanne mit grünem Wellenmuster und einem Fisch.
Ein Glanzstück der Königlichen Porzellansammlung in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: Eine chinesische Teekanne. Bildrechte: Porzellansammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Angefertigt wurde die zierliche Kanne in der Qing-Zeit, um 1700, in China. Sie gehört zu den Glanzstücken der Dresdner Porzellansammlung und ist im Zwinger zu bewundern. August der Starke ließ die Sammlung in seiner Amtszeit zusammentragen; er war nach eigener Aussage der maladie de porcelaine – also der krankhaften Liebe zum Porzellan – verfallen. Angesichts eines Kunstwerkes, wie der originellen Teekanne, erscheint das schon möglich.

Davon ist auch die Direktorin der Porzellansammlung, Julia Weber, überzeugt: "In unserer Sammlung kann man der maladie de porcelaine verfallen und wirklich sehen, dass das ein künstlerisches Material war, das vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten geboten hat."

Ein Teller mit filigraner Bemalung.
August der Starke ließ die Porzellansammlung mit wertvollen Stücken in seiner Amtszeit zusammentragen. Bildrechte: Porzellansammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Adrian Sauer

Porzellansammlung in 36.000 Fotografien online zugänglich

Nun kann jeder und jede selbst in der Sammlung nach seinem persönlichen Lieblingsstück suchen. Auf der Plattform "The Royal Dresden Porcelain Collection" steht der Gesamtbestand des ostasiatischen Porzellans online.

"Wir haben wirklich jedes einzelne Stück, das hier in der Ausstellung, im Depot und in Moritzburg ausgestellt ist, von allen Seiten fotografiert", erklärt Cora Würmell. Die Konservatorin an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden hat das Projekt mitverantwortet. Insgesamt 36.000 Einzelaufnahmen seien so über den Zeitraum von zehn Jahren entstanden.

Blick in einen langgestreckten Ausstellungsraum, in dem drei Personen mit verschiedenen Porzellanen arbeiten
Die SKD in Dresden haben im Zeitraum von zehn Jahren alle 8.200 Sammlungsobjekte fotografiert. Bildrechte: Porzellansammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Barbara Bechter

"Wir sind auch total begeistert. Diejenigen, die unsere Ausstellung kennen, wissen ja, dass viele unserer Stücke teilweise auch sehr weit entfernt vom Besucher ausgestellt sind. Und mit dieser digitalen Plattform kann man sich diesem Material nun nähern. Das heißt, Sie können zoomen und sehen wirklich die kleinsten Details."

Historische Inventarbücher

Ausgangspunkt war eine wissenschaftliche Betrachtung dieses historischen Bestandes. "Aufgrund seiner einzigartigen Dokumentation ist er eine Referenzsammlung", erläutert Julia Weber. August der Starke ließ jeden Neuzugang in seiner Sammlung in Inventarbüchern eintragen und mit einer Nummer auf der Unterseite versehen. Die historischen Schriftstücke sind erhalten geblieben und stehen nun, ebenfalls digitalisiert, bereit.

Screenshot der Webseite "Royal Dresden Porcelain Collection", auf dem der Deckel eines bunt bemalten Porzellangefäßes und eine weiße Porzellanfigur mit Hut zu sehen ist.
So sieht die Online-Plattform "The Royal Dresden Porcelain Collection" aus. Bildrechte: Porzellansammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Auf der Website kann man anhand einzelner Werkgruppen, nach Zeit, Herkunft und Machart durch die Objekte navigieren. "Und ich kann dann entscheiden, wieviel Wissen möchte ich? Reichen mir die Grundinformationen? Will ich einfach nur wissen, woher diese Porzellane kommen und in welche Zeit sie datieren?", erläutert Cora Würmell.

Wir haben wirklich jedes einzelne Stück, das hier in der Ausstellung, im Depot und in Moritzburg ausgestellt ist, von allen Seiten fotografiert.

Cora Würmell, Konservatorin an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

Digitale Plattform für Forschende und Kunstinteressierte

Auf der Plattform "The Royal Dresden Porcelain Collection" ist die Teekanne mit den grünen Wogen und den rötlich-goldnen Fischen erstaunlich schnell gefunden. Man erfährt, dass sie zusammen mit einem Gegenstück weltweit einzigartig ist. Der Eintrag im Inventarbuch von 1779 vermerkt dazu in schwungvoller, wenn auch etwas krakeliger Schrift: "Zwey Thée Potgen, mit erhabenen Fischen belegt, 4 Z. hoch, 6 Z. lang. No. 177."

Die Plattform bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nun die Möglichkeit, anhand des umfangreichen Materials ihre Forschungen voranzutreiben. Sie richtet sich andererseits aber ausdrücklich auch an Neugierige aus aller Welt. Die Fotografien können honorarfrei genutzt werden. Jeder sei eingeladen, mit diesem Bildmaterial zu arbeiten, sagt Julia Weber. "Also zum Beispiel eine Einladungskarte zu gestalten oder seine eigene Tasse zu bedrucken." Das klingt doch verlockend. Eine Tasse mit grünen Wogen und rötlich-goldenen Fischen könnte ja ganz schön sein.

Redaktionelle Bearbeitung: lig

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. Januar 2024 | 08:30 Uhr

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