Kundgebung Bürger und Politiker fordern in Grimma Lösungen für Energiekrise

19. Oktober 2022, 10:56 Uhr

In Grimma hat am Dienstag eine Kundgebung zur Krisensituation in Deutschland stattgefunden. Neben Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger, Landrat Henry Graichen, weiteren Bürgermeistern aus der Region sowie Interessenvertretern aus Industrie und Handwerk sprach auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Die Veranstalter wollten einen neutralen Protest ohne Vereinnahmung von rechts oder links. Die rechtsextremen Freien Sachsen fühlten sich dennoch eingeladen und machten Stimmung.

In Grimma haben am Dienstagabend mehr als tausend Menschen gegen die hohen Energiepreise demonstriert. An dem Protest nahmen regionale Politiker und Interessensvertreter aus Wirtschaft und Handwerk sowie Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) teil.

Plattform für Nöte und Ängste bieten

Die Veranstaltung ins Leben gerufen hat der Grimmaer Stadtrat und Dachdeckermeister Johannes Heine. Unter dem Motto "Energie statt Ideologie" sollte auf die durch die Energiekrise und das Kriegsgeschehen in der Ukraine entstandenen Nöte und Ängste in breiten Bevölkerungsteilen hingewiesen werden. Heine habe in seinem Bekanntenkreis mitbekommen, dass in Familien zwar diskutiert werde, aber niemand damit in die Öffentlichkeit gehe. Deswegen habe er diese Plattform schaffen wollen.

Der Industrie und den Menschen, die hier etwas schaffen, wird der Boden unter den Füßen weggeschlagen.

Johannes Heine Stadtrat in Grimma

Die Bundesregierung gebe der Bevölkerung nicht das Gefühl, die aktuellen Probleme lösen zu können, sagte Heine: "Wir brauchen endlich mal etwas Greifbares. Die Industrie und den Menschen, die hier etwas schaffen, wird der Boden unter den Füßen weggeschlagen. Es muss endlich ein Zeichen gesetzt werden, das vielleicht bis nach Berlin vordringt."

OB Grimma: Von ideologischen Standpunkten abweichen

Die Idee der Veranstaltung sei vor wenigen Tagen geboren worden, erklärte Grimmas Oberbürgermeister, Matthias Berger (parteilos) in seiner Rede: "Wir wollen die breite Masse aufrütteln, aktiv zu werden und das politische Geschehen nicht nur den politischen Rändern zu überlassen." Berger bemängelte die Politik der Regierungsparteien, die von ihren ideologischen Standpunkten nicht abweichen würden.

Viele Dinge scheinen zurzeit aus dem Ruder zu laufen.

Matthias Berger Oberbürgermeister von Grimma

Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger spricht auf der Kundgebung.
Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger spricht auf der Kundgebung. Bildrechte: MDR

Viele Menschen seien sprachlos, weil sie nicht wüssten, was sie alleine gegen die aktuelle Situation tun können, meinte Berger. "Viele Dinge scheinen zurzeit aus dem Ruder zu laufen." Die Leute seien zunehmend verunsichert, weil die Politik keine Lösungsperspektiven bieten würde.

Landrat befürchtet Deindustrialisierung

Deutschland sei mit seiner starken Industrie durch viele vergangene Krisen gekommen, sagte Henry Graichen, Landrat des Landkreises Leipzig. "Aber diese Industrie braucht auch wettbewerbsfähige Preise, um produzieren zu können", so der CDU-Politiker. Ansonsten drohe Wettbewerbsunfähigkeit und in Teilen eine Deindustrialisierung.

Die Industrie braucht wettbewerbsfähige Preise.

Henry Graichen Landrat vom Landkreis Leipzig

Ministerpräsident spricht von berechtigten Sorgen

Als Ministerpräsident Michael Kretschmer das Podium betrat, dankte er zunächst den Sachsen für ihre Hilfe und Solidarität mit den Geflüchteten aus der Ukraine. Zugleich verurteilte er den russischen Angriffskrieg. Vom Publikum erntete er dafür Applaus, aber auch Buhrufe und Pfiffe. Der CDU-Politiker erwiderte, wer zu diesen Aussagen buhe, sei im Unrecht. Seine Worte gingen dabei an die anwesenden Sympathisanten und Mitglieder der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Partei "Freie Sachsen". Kretschmer bezeichnete die Rufenden als "Schreihälse", hob die Bedeutung eines friedlichen Protestes hervor.

Kretschmer kritisiert geplante Abschaltung der Atomkraftwerke

Kretschmer sprach in Grimma von berechtigten Ängsten der Bevölkerung. So müssten Diskussionen um Sinnhaftigkeit von Sanktionen möglich sein. Der Ministerpräsident ging zudem auf die Gaspreisbremse ein. "Damit die Betriebe weiter wirtschaften können, müssen wir darauf achten, dass diese Gaspreisbremse vernünftig gemacht wird", forderte er. Dass über diese jetzt gesprochen werde, sei auch sächsischen Bäckerinnen und Bäckern zu verdanken, die auf ihre prekäre Situation aufmerksam gemacht hatten, sagte der CDU-Politiker während der Kundgebung.

Wir müssen darauf achten, dass die Gaspreisbremse vernünftig gemacht wird.

Michael Kretschmer Ministerpräsident von Sachsen

Kritik äußerte Kretschmer zur geplanten Abschaltung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke im Frühjahr 2023. Es lohne jede Diskussion, ob das richtig ist. "Es muss doch unser gemeinsames Ziel sein, dass auch die Kostensteigerung im Bereich der Elektroenergie so nach unten gehen, dass dieses Land wirtschaftlich stark bleibt", so der Ministerpräsident.

MDR (phb,ama)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten des Regionalstudios Leipzig | 18. Oktober 2022 | 18:30 Uhr

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