Gil Ofarim steht im Saal des Landgerichts in Leipzig neben seinem Rechtsanwalt Alexander Stevens.
Gil Ofarim hat sich in dem Prozess zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft bislang nicht geäußert. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Zeugenaussage Ofarim-Prozess in Leipzig: Hotelmitarbeiter belastet Angeklagten

08. November 2023, 16:27 Uhr

Am zweiten Prozess-Tag gegen den Musiker Gil Ofarim in Leipzig ist noch einmal der Hotelmitarbeiter als Zeuge befragt worden. Ofarim hatte ihm antisemitische Äußerungen vorgeworfen. Markus W. bestreitet das und stellt das Geschehen im Oktober 2021 ganz anders dar. Die Verteidigung bezweifelt seine Aussage und will W. vereidigen lassen.

Im Prozess gegen Gil Ofarim hat der wichtigste Zeuge der Anklage den jüdischen Musiker belastet. Der Hotelmitarbeiter Markus W. sagte am Mittwoch vor dem Landgericht in Leipzig, dass weder der Davidstern von Ofarim noch antisemitische Äußerungen bei dem Streit um das Einchecken in das Hotel eine Rolle gespielt hätten.

Schmuck habe er während der Diskussion mit Ofarim nur an dessen Hand wahrgenommen, sonst nirgendwo, sagte der 35 Jahre alte Mann. Auch Rufe von anderen Gästen oder Mitarbeitern habe er nicht gehört. Der Mann ist nach den Vorwürfen noch immer in psychologischer Behandlung und hat das Hotel in diesem September auf eigenen Wunsch verlassen, arbeitet aber noch in der Branche. Er tritt in dem Verfahren auch als Nebenkläger auf.

Markus W: "Fühlte mich bedroht"

Gestern hatte Markus W. in der Zeugenvernehmung gesagt, er habe sich durch das Auftreten Ofarims beim Hotel-Checkin vor zwei Jahren bedroht gefühlt. Ofarim habe sich damals bei ihm lautstark über die lange Wartezeit und eine Bevorzugung von anderen Gästen beim Einchecken beschwert. Der Musiker habe von einem "Scheißladen" gesprochen und damit gedroht, seine Beschwerde in einem Online-Post viral gehen zu lassen.

Anfang Oktober 2021 hatte der Musiker in einem Instagram-Video schwere Antisemitismusvorwürfe gegen den Manager des Leipziger Hotels erhoben. Ofarim solle seinen Davidstern abnehmen, erst dann dürfe er einchecken, so die Anschuldigung des Sängers. Nach umfangreichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft folgte jedoch eine Anklage gegen Ofarim unter anderem wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung. Das Verfahren gegen den Hotelmanager wurde eingestellt.

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Anwälte bezweifeln Zeugen-Aussage und fordern Vereidigung

Zum Prozessauftakt hatte die Verteidigung die Unschuld ihres Mandanten betont und von einem klassischen Fall von Aussage gegen Aussage gesprochen. Am zweiten Tag stellten Ofarims Verteidiger einen Antrag auf Vereidigung des Zeugen, bevor sie ihn selbst befragen wollten. W. habe bisher nicht die Wahrheit gesagt und verschweige etwas Wesentliches aus dem Gesprächsinhalt, sagte Verteidiger Philip Müller. Unter Eid werde eine Wahrheitsfindung ermöglicht. Der Antisemitismusvorwurf "steht und fällt mit der Tatsache", ob der Manager Ofarim erkannt habe oder nicht. Markus W. behauptet, dass ihm der Rocksänger bis zu dem Vorfall in der Hotellobby nicht bekannt war.

Die Kammer lehnte die Vereidigung des Zeugen W. ab. Zuvor hatte sie sich zu einer Beratung zurückgezogen, der Prozess wurde kurzzeitig unterbrochen. Die Voraussetzung für eine Vereidigung des Zeugen liege nicht vor. Es gebe keine Hinweise dafür, dass der Zeuge bisher nicht die Wahrheit gesagt habe, sagte der Vorsitzende Richter, Andreas Stadler. Die Verteidigung lehnte unter diesen Umständen eine Befragung von W. ab.

Die Kammer hat keine konkrete Überzeugung, dass der Zeuge bisher nicht die volle Wahrheit gesagt hat.

Andreas Stadler Vorsitzende Richter

Weitere Zeugin bestätigt Aussage von Hotelmitarbeiter Markus W.

Auch die damalige Mitarbeiterin an der Rezeption des Hotels gab vor Gericht an, es habe keinerlei antisemitische Äußerungen beim Einchecken gegeben. Als Ofarim bei ihr am Schalter an der Reihe war, sei dieser wegen einer angeblichen Bevorzugung von anderen Gästen aufgebracht gewesen und habe sich wild gestikulierend beschwert. Sobald er auf dem Zimmer sei, gehe "viral, was für ein furchtbarer Laden" das Hotel sei, soll er gesagt haben. Der Manager habe daraufhin vom Hausrecht Gebrauch gemacht und den Gast des Hotels verwiesen. "Ich hätte es genauso gemacht," sagte die 25-Jährige.

Für den Prozess hat das Landgericht bis 7. Dezember noch acht weitere Termine angesetzt.

MDR (kbe)/dpa/epd

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 08. November 2023 | 11:00 Uhr

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