Friedensbewegung Ostermarsch in Leipzig: Mehr Diplomatie statt Waffen gefordert
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08. April 2023, 21:39 Uhr
Bei rund 70 Ostermärschen haben am Karsonnabend deutschlandweit Menschen für Frieden und Abrüstung demonstriert. Auch in Leipzig ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine das zentrale Thema gewesen. Die Demonstrierenden kritisierten auch die westliche Politik und forderten einen deutlichen Kurswechsel bei den diplomatischen Bemühungen zum Beenden des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
- Beim Ostermarsch in Leipzig haben Demonstrierende einen sofortigen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland gefordert.
- Die NATO-Osterweiterung wird von Protestierenden als Provokation des Westens angesehen.
- Viele Demo-Teilnehmer befürchten eine Eskalation des Konflikts zwischen Ost und West.
Die westliche Politik lässt zu sehr die Waffen sprechen, als in diplomatischen Gesprächen eine Lösung für das Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zu suchen. Das ist der Grundtenor, der beim Ostermarsch in Leipzig am Karsonnabend deutlich geworden ist. "Für uns sind ein sofortiger Waffenstillstand und die Aufnahme von Verhandlungen die bessere Alternative im Vergleich zu weiteren Waffenexporten und einer Eskalation bis hin zu einem nuklearen Schlagabtausch", sagt Mitorganisator Torsten Schleip. Es gebe kritische Worte in alle Richtungen. Aber Schleip betont: "Wir sind keine Putin-Versteher-Demo." Dennoch wird der Anteil des Westens an dem Krieg während des Demonstrationszuges besonders häufig kritisiert.
Aus einer Menschenmenge heraus hebt ein Mann ein Plakat in die Höhe. Darauf steht: "Keine Konflikte schüren" und "Würden Kriegstreiber eigene Kinder in den Krieg schicken?". Die Polizei ist vor Ort und zählt rund 250 Menschen zum Ostermarsch auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Torsten Schleip nimmt das Mikrofon in die Hand und spricht in die Menge: "Der Verantwortung wird man nicht nur mit Waffenlieferungen gerecht." Die politischen Verantwortlichen, ob in Russland, der Ukraine oder den westlichen Staaten, sollten sich gemeinsam an den Verhandlungstisch setzen, fordert Schleip.
Für uns sind ein sofortiger Waffenstillstand und die Aufnahme von Verhandlungen die bessere Alternative im Vergleich zu weiteren Waffenexporten und einer Eskalation bis hin zu einem nuklearen Schlagabtausch.
Mehr als 30 Jahre in Friedensbewegung aktiv
Seit mehr als dreißig Jahren engagiert sich Torsten Schleip in der Friedensbewegung. Seine Hoffnung auf anhaltenden Frieden nach dem Kalten Krieg sei enttäuscht worden. "Nach der Wende wurde meine Hoffnung auf Frieden enttäuscht. Nach der Aufbruchstimmung war der Zweite Golfkrieg ein Rückschlag", erklärt er. Schleip demonstriert seitdem, ob auf Friedensfahrten mit dem Fahrrad oder bei Gedenkveranstaltungen wie zum 40. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Regelmäßig geht er für den Frieden auf die Straße. "Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Dafür stehe ich seit 30 Jahren", sagt Schleip.
NATO-Osterweiterung als Provokation
Er habe schon im Jahr 1997 gegen die NATO-Osterweiterung in Berlin demonstriert, erzählt er den Leuten, die am Ostermarsch teilnehmen. Ein großer Teil der Menge applaudiert. Auch Ralph Feltens im Publikum stimmt zu: "Die NATO-Osterweiterung war ein großer Fehler. Warum muss sich ein Verteidigungsbündnis weiter ausbreiten?" Die Erweiterung der NATO habe Russland provoziert, meint Feltens. Der Krieg in der Ukraine sei aber schließlich die Entscheidung von Russlands Präsident Wladimir Putin gewesen.
Die NATO-Osterweiterung war ein großer Fehler. Warum muss sich ein Verteidigungsbündnis weiter ausbreiten?
USA als Aggressor
Während der Demonstration ist häufiger die Rede davon, dass die NATO mit der Osterweiterung eine rote Grenze für Russland überschritten habe. Die Rednerinnen und Redner verschiedener linker Parteien und diverser Friedensgruppen fordern immer wieder, das die Kriegsparteien diplomatische Gespräche aufnehmen sollten, anstatt immer mehr Waffen zu liefern.
Für viele ist der Aggressor nicht nur Russland und Putin, sondern die westlichen Staaten und allen voran die USA. Denn: Diese seien an keinem Frieden interessiert und würden stattdessen "weiter Öl ins Feuer gießen", sagt ein Redner. Durch die Waffenlieferungen, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj immer wieder fordert, wolle dieser die NATO-Staaten sogar "immer weiter in den Krieg führen."
Größte Befürchtung: Konflikt könnte eskalieren
Nach der Kundgebung läuft der Ostermarsch durch die Leipziger Innenstadt. Eine blaue Fahne mit einer großen weißen Taube schwebt über der Menschenmenge. Dazwischen sind Plakate zu lesen wie "Diplomatie statt Waffen" und "Deutschland raus aus der NATO. NATO raus aus Deutschland:" Die Leute kommen während der Demonstration ins Gespräch. "Ich habe die Befürchtung, dass aus dem lokalen Konflikt ein europäischer werden könnte", sagt ein Mann um die 30.
Die Welt könnte mehr tun, als nur Waffen zu liefern.
Dass der Krieg am Rande Europas zwischen Russland und der Ukraine eskalieren kann, fürchten viele Demonstrierende an diesem Tag. So auch Iris Jenchen. "Man hofft es nicht, aber die Angst schwingt immer mit", sagt die Dresdnerin. Aus ihrer Sicht geht es nicht mehr um diplomatische Gespräche. Dabei müsste doch der Frieden das wichtigste Ziel sein, meint die 57-Jährige: "Die Welt könnte mehr tun, als nur Waffen zu liefern."
Frieden schaffen, ohne Waffen
Ein weiterer Demo-Teilnehmer ergänzt: "Ich sehe hier eine absolute Eskalationspolitik." Die Politiker auf beiden Seiten sollten aufeinander zugehen und deeskalieren, anstatt über neue Waffenlieferungen zu sprechen. Nach einer größeren Runde durch die Leipziger Innenstadt endet der Ostermarsch schließlich wieder am Wilhelm-Leuschner-Platz.
MDR (phb)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 08. April 2023 | 19:00 Uhr