Brandsatz
Am Alexis-Schumann-Platz in Leipzig soll ein Demonstrant am 3. Juni einen Brandsatz auf Polizisten geworfen haben. Um an Bildmaterial des mutmaßlichen Täters zu gelangen, hat die Staatsanwaltschaft Leipzig die Wohung eines Fotografen in Halle durchsuchen lassen. Bildrechte: MDR/investigativ

Linksextremismus "Tag X": Kritik nach Wohnungsdurchsuchung bei Pressefotografen

14. Dezember 2023, 19:24 Uhr

Die sächsische Polizei hat am Dienstag bei einer Wohnungsdurchsuchung eines Fotografen in Halle Datenträger beschlagnahmt. Darauf sollen sich Bilder von Straftaten am "Tag X" in Leipzig befinden. Mindestens ein Demonstrant hatte einen Brandsatz auf Polizisten geworfen. An der Razzia ist nun Kritik laut geworden. Der Journalistenverband DJV spricht von einem Verstoß gegen das Grundgesetz.

Die Durchsuchung der elterlichen Wohnung eines 19 Jahre alten Pressefotografen am Dienstag in Halle ist auf scharfe Kritik und Unverständnis gestoßen. Der Fotograf ist Mitglied der Jugendpresse in Sachsen-Anhalt und des Leipziger Autorenkollektivs LZO. Am "Tag X" arbeitete er freiberuflich als Pressefotograf, unter anderen für die Deutsche Presseagentur (dpa).

DJV Sachsen-Anhalt kritisiert Agieren der Ermittler

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands Sachsen-Anhalt, Uwe Gajowski, hat für das Verhalten der Staatsanwältin im Einsatz, sollte sie so aufgetreten sein, wie von dem Fotografen geschildert, kein Verständnis: "Es ist für mich eine Zumutung. Wenn sich jemand eindeutig als Jugendpresse-Vertreter identifiziert, verbietet das Grundgesetz die Beschlagnahmung von journalistischem Material. Die Staatsanwältin hätte sofort ein Stoppzeichen setzen müssen", sagte Gajowski MDR SACHSEN. Wenn eine Staatsanwältin im sächsischen Staatsdienst keine Jugendpresseausweise eines anerkannten Verbandes kenne, dann "ist sie eindeutig falsch an ihrem Platz".

Wenn sich jemand eindeutig als Jugendpresse-Vertreter identifiziert, verbietet das Grundgesetz die Beschlagnahmung von journalistischem Material.

Uwe Gajowski Vorsitzender des DJV Sachsen-Anhalt

Fotograf ist Zeuge in Strafverfahren zu Tag X

Bei dem betroffenen Fotografen handelt es sich laut Staatsanwaltschaft Leipzig nicht um einen Beschuldigten, sondern um einen Zeugen. Nach seinen Angaben ist er aber bislang nicht als Zeuge geladen oder in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft einbezogen worden. "Ihnen ist schon bewusst, dass ich ein Pressevertreter bin?", soll der Fotograf bei der Durchsuchung der Wohnung gefragt und seinen Jugendpresseausweis gezeigt haben. Die ermittelnde Staatsanwältin soll daraufhin geantwortet haben: "Was ist das, ein Jugendpresseausweis? Das kennen wir nicht."

Jugendpresse-Verband: Presseausweis als solcher erkennbar

Auch für den Geschäftsführer des Verbands Freie Jugendpresse Sachsen-Anhalt (FJP), Olaf Schütte, der den Presseausweis ausgestellt hat, ist das geschilderte Verhalten der Staatsanwältin fragwürdig. "Der Ausweis ist eine klassische Plastikkarte mit Jahresaufkleber und somit als Presseausweis deutlich erkennbar," sagte Schütte MDR SACHSEN. Die Staatsanwältin hätte dies zumindest prüfen müssen.

Zudem sei der Fotograf vor einem Jahr bereits von der Polizei in Sachsen-Anhalt vorgeladen worden, um seinen Presseausweis zu legitimieren. "Dies hätte den sächsischen Ermittlern der Durchsuchung eigentlich bekannt sein müssen". Der Verband hat dem betroffenen Fotografen Rechtsberatung durch einen Anwalt angeboten, die er auch angenommen hat.

Brandsatz 3 min
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Staatsanwaltschaft verweist auf Ausnahmen für Durchsuchungen

Die Staatsanwaltschaft Leipzig will sich zu Details der Wohnungsdurchsuchung bei dem Fotografen und den laufenden Ermittlungen in dem Strafverfahren nicht äußern. Die Strafprozessordnung lasse bei schweren Straftaten und Verbrechen aber auch Ausnahmen beim Zeugnisverweigerungsrecht und beim Beschlagnahmungsverbot bei Journalisten zu, sagte Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz MDR SACHSEN. Diese Ausnahmen seien in den Paragraphen 53 und 97 geregelt.

Nach MDR-Informationen stand die Durchsuchung im Zusammenhang mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu dem Wurf zweier Brandsätze gegen Polizisten am 3. Juni 2023 in Leipzig. Begründet wurde der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig demnach u.a. mit dem Vorwurf des versuchten Totschlags.

Das sächsische Justizministerium wollte sich zunächst nicht zu den Umständen der Durchsuchung äußern. Ein Sprecher sagte, man wisse noch zu wenig über Einzelheiten des Falls.

MDR (kbe)

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