Bundestagswahl 2017 | Spitzenkandidaten aus Sachsen Die Ausdauernde: Katja Kipping

(Die Linke)

22. September 2017, 18:47 Uhr



  • geboren am 18. Januar 1978 in Dresden


  • 
erlernter Beruf: Slawistin und Literaturwissenschaftlerin


  • 
Familienstand: verheiratet, ein Kind


  • Wohnort: Dresden und Berlin

Katja Kipping kann sehr unterschiedlich sein. Unauffällig, die Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt, sitzt die 39-jährige Dresdnerin Anfang Juli im ICE nach Hamburg, um an der friedlichen Großdemonstration gegen den G-20-Gipfel teilzunehmen. Erst auf den zweiten Blick ist die Bundeschefin der Linken überhaupt zu erkennen. Kipping fährt allein, erst am Bahnhof wird sie von Parteifreunden abgeholt. Ganz anders ein Auftritt im Bundestag: Im März 2017 bringt die Abgeordnete einen Antrag ein, Hartz-IV-Familien mit Kindern, deren Eltern getrennt leben, stärker zu unterstützen und von bürokratischen Nachweisen zu entlasten. Die Ablehnung aus der CDU/CSU-Fraktion empört sie hörbar. Kipping sieht nicht ein, warum Kinder unter der Arbeitslosigkeit ihrer Eltern leiden sollen. Manche Kommentare aus der Union nennt sie „weltfremd“ und gestikuliert mit einer Leidenschaft, die anders als bei manchen ihrer Talkshow-Auftritte nicht aufgesetzt wirkt. Nachdem eine CSU-Kollegin ihr entgegnet hat, die Union setze auf „Hilfe zur Selbsthilfe“ und wolle diese „Lebensform“ nicht dauerhaft dulden, kann Kipping sich nicht mehr beruhigen. „Wie reden Sie denn über Menschen?“, ruft sie mehrfach in den Saal.

Mit knapp 40 kann Katja Kipping schon auf 18 Jahre Parlamentserfahrung zurückblicken. Nach dem Abitur und einem sozialem Jahr in Russland nahm sie 1997 ein Studium der Slawistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaft in ihrer Heimatstadt Dresden auf. Parallel begann ihre steile Parteikarriere: 1999 wurde Kipping für die PDS, die dringend junge Vertreter suchte, in den sächsischen Landtag gewählt. Dort engagierte sie sich als Verkehrspolitikerin vor allem für den Bahnverkehr, obwohl ihr Einfluss als Mitglied der ungeliebten Oppositionsfraktion begrenzt blieb. In dieser Zeit schloss sie auch ihr Magisterstudium ab. Kipping wurde zur „Jugendbrigade“ in der sächsischen Partei gezählt - einem Zusammenschluss junger Linker, der vom Hierarchiedenken der SED-geprägten Kader nichts hielt und durchaus eigene Machtansprüche stellte. Es war auch dem Einfluss dieses von Traditionalisten beargwöhnten Netzwerks zu verdanken, dass Kipping 2005 in den Bundestag wechselte, dem sie seither ununterbrochen angehört. Ihr Fachgebiet ist die Sozialpolitik.

2007 wurde Kipping zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Linken gewählt und ergänzte zurückhaltend das Spitzenduo der Alpha-Politiker Gregor Gysi (Fraktionschef) und Oskar Lafontaine (Parteivorsitzender). Seit 2012 ist sie Co-Vorsitzende der Bundespartei und gilt als flexible Vermittlerin zwischen den diversen Strömungen und Flügeln. Kipping selbst rechnet sich der emanzipatorischen Linken zu, einer Parteiströmung, die in der Mitte zwischen marxistischen Fundamentalisten und sozialdemokratisch orientierten Reformlinken verläuft. Die Strömung versucht, individuelle Freiheit mit radikaldemokratischen Forderungen zu verbinden.

Kipping private Leidenschaft ist das Tanzen, ihre politische der Kampf für ein bedingungsloses Grundeinkommen. 2004 gründete sie mit anderen eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft in der Partei. Eine Mehrheit in der Linken hat sie für ihre Position bisher nicht gewonnen. Im aktuellen Wahlprogramm steht deshalb nur, der Bundestag möge eine Enquetekommission zur Prüfung des bedingungslosen Grundeinkommens einsetzen. Kipping lässt sich davon nicht entmutigen. Sie versucht es in Schritten und fordert für die nächste Legislaturperiode, die Sanktionen gegen Sozialhilfeempfänger abzuschaffen und das Ausforschen ihrer Lebensverhältnisse ebenso einzustellen wie das Drängen in schlecht bezahlte Jobs.

Katja Kipping führt nicht nur die Landesliste der sächsischen Linken an, sie kandidiert auch wieder im Wahlkreis Dresden 1 für ein Direktmandat.

Alle Spitzenkandidaten aus Sachsen

Mehr aus der Landespolitik

Mehr aus Sachsen

Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge stehen vor einem Gebäude 2 min
Bildrechte: EHL Media/Lucas Libke
2 min 26.04.2024 | 18:13 Uhr

Chlorgasalarm Delitzsch, Teenager misshandeln Kind, Mittelmeerluft- Drei Themen vom 26. April. Das SachsenUpdate kurz und knackig. Präsentiert von Christine Pesch.

MDR SACHSEN Fr 26.04.2024 17:43Uhr 02:06 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/video-chlorgasunfall-jugendbanden-wetter-sachsenupdate-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Steckbrief zur Wahl

Die anderen Spitzenkandidaten aus Sachsen