Schüler in einem Klassenraum
An der Bergschule in Apolda bleibt das Klima angespannt. Für die kommende Woche ist ein Gespräch mit dem Schülersprecher angesetzt. Bildrechte: MDR/Cornelia Mauroner

Bildung "Im letzten halben Jahr ist es völlig eskaliert" - Apoldas Bergschule kämpft gegen Vandalismus

08. Januar 2025, 22:17 Uhr

Beschmierte Wände und demolierte Toilettensitze führten im Dezember an der Bergschule Apolda zu einer drastischen Entscheidung der Schulleitung. Nun hat sich ein Schüler in einem Offenen Brief zu Wort gemeldet und beschreibt die Situation an dem Gymnasium aus seiner Sicht.

Autorenbild Conny (Cornelia) Mauroner
Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Seit 25 Jahren ist Birgit Rosner nun Schulleiterin am Gymnasium Bergschule in Apolda im Weimarer Land. Immer wieder gab es Phasen, in denen Vandalismus zum Thema wurde. "Aber im letzten halben Jahr ist es völlig eskaliert", berichtet Rosner.

Die Schulleiterin veröffentlicht Bilder von Toilettenräumen, in denen die Wände massiv beschmiert worden sind. Zu sehen sind teils verfassungsfeindliche Symbole, Zeichnungen von Genitalien. "Und auch Drohungen wurden kundgetan, die sich konkret gegen Kollegen richten", so Rosner.

Eine mit schwarzem Stift beschriebene Klowand zeigt u. a. Hakenkreuze.
Eine beschmierte Toilettenwand auf der Jungen-Toilette der Bergschule Bildrechte: Staatliches Gymnasium Bergschule Apolda

Sie verzichtet auf eine Anzeige bei der Polizei. Sie will den Staatsschutz nicht im Haus haben und die Angelegenheit auf ihre Art regeln. In einem Elternbrief schreibt sie: "In der Regel wissen die Schüler untereinander auch, wer diese Verfehlungen tätigt. Vor einigen Jahren spitzte sich die Situation schon einmal derart zu und die damalige Schülervertretung hat das Problem durch eigene Aufsichten in kurzer Zeit geklärt." Die Schüler sollen sich also gegenseitig kontrollieren und ermahnen.

Kritik an "Kollektivstrafen"

Das aber stößt auf Widerstand und ist auch Robin Bayn zu viel - und der berühmte Tropfen, der das Fass für ihn zum Überlaufen bringt. Nach etlichen Gesprächen mit Klassenkameraden und Freunden verfasst der Abiturient einen Offenen Brief.

Es hat sich über die Jahre Einiges angestaut. Und es musste einfach mal raus.

Robin Bayn, Abiturient

Er richtet sie an Schüler, Eltern und Lehrer. Bayn beschreibt aus seiner Sicht die Situation an der Bergschule. "Es hat sich über die Jahre Einiges angestaut. Und es musste einfach mal raus."

Der Jugendliche prangert die Schulleitung an, vor allem die "Kollektivstrafen", die er für überzogen und meist völlig ungerechtfertigt hält. "Maßnahmen an dieser Schule, egal ob gegen Einzelpersonen oder das Kollektiv, sind meines Erachtens nach seit einigen Jahren sehr willkürlich", schreibt Robin Bayn. "Die Schulleitung hat damit gedroht, die Jungs-Toiletten nach dem Vandalismus-Vorfall gänzlich zu schließen. Was soll das?", fragt Bayn im Gespräch mit MDR THÜRINGEN.

Er und seine Freunde hätten keine Ahnung, wer hinter den Schmierereien steckt. Und selbst wenn, als Petze wolle wohl niemand dastehen.

Ein junger Mann mit Brille
Robin Bayn hat einen Offenen Brief über die Situation an der Bergschule geschrieben. Bildrechte: MDR/Cornelia Mauroner

80 neue Klobrillen

Aber es sind nicht die einzigen Vorwürfe, die laut werden. Der bauliche Zustand - abgeplatzte Fliesen, stinkende Sanitärräume und Fenster, durch die es zieht - seien ein Ärgernis. Schulleiterin Birgit Rosner hält dagegen: "Das Haus ist in Trägerschaft des Landkreises und auch der kann jeden Euro nur einmal ausgeben. In den vergangenen Wochen und Monaten wurden an einer Gebäudeseite die Fenster erneuert. Die anderen folgen.

Und die Fliesen - da will auch der Denkmalschutz mitreden. Die stammen aus der Bauhaus-Zeit und haben ihren ganz eigenen Charme." Vielmehr ärgern Rosner die entstehenden Kosten durch die Zerstörungswut. "Allein in den letzten Monaten mussten wir 80 Klobrillen erneuern. Das Geld musste ich aus einem Budget vom Landkreis nehmen, von dem ich sicherlich Schöneres hätte kaufen können."

Flur in einer Schule
Abgeplatzte Fliesen sind ein Ärgernis an der Schule. Bildrechte: MDR/Cornelia Mauroner

Angespanntes Schulklima oder nötige Strenge?

Natürlich verurteilen auch Robin Bayn und seine Freunde den Vandalismus im Schulgebäude. Doch für sie kommt die Wut nicht von ungefähr. "Das Klima in der Schule ist angespannt. Nicht gegenüber allen Lehrern, aber gegenüber der Schulleitung. Manche haben regelrecht Angst."

Meine Tür steht immer auf. Aber ja: Ich habe eine gewisse Strenge.

Schulleiterin Birgit Rosner

Angst vor der Schulleiterin? Birgit Rosner schüttelt den Kopf und betont, dass Jeder und Jede mit Problemen zu ihr kommen könne. "Meine Tür steht immer auf. Aber ja: Ich habe eine gewisse Strenge. Ich zeige den Kindern und Jugendlichen Grenzen auf und dazu gehört eben auch einmal ein klares Nein."

Rosner ist konsequent, wenn es um Regeln und auch Strafen geht. Nur mit der Aufsicht vor der Jungen-Toilette konnte sie sich nicht durchsetzen. Die Schüler haben sich geweigert, ihre Pausen vor dem Klo zu verbringen.

"Ich denke trotzdem, dass es dort so schnell keine Vorkommnisse mehr geben wird", sagt Rosner. "Die Sache hat so viel Öffentlichkeit erzeugt und auch besorgte Eltern auf den Plan gerufen, dass es hoffentlich alle wachgerüttelt hat. Und sollte es doch noch einmal so weit kommen und ich entdecke verfassungsfeindliche Symbole in der Schule, dann rufe ich wirklich die Polizei."

Bergschule, Gymnasium Apolda, Gebäude Außenansicht
Schulleiterin Birgit Rosner hofft, dass nun Ruhe an der Schule einkehrt. Bildrechte: MDR/Cornelia Mauroner

Robin Bayn glaubt nicht, dass das nötig sein wird. Sein Brief und die große Aufmerksamkeit auch außerhalb der Schulmauern hätten hoffentlich einiges bewirkt, sagt er. Denn eigentlich wollen alle das Gleiche: in Ruhe und entspannt lernen und am Ende ein ordentliches Abitur machen.

MDR (nir)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 07. Januar 2025 | 18:00 Uhr

73 Kommentare

zenkimaus vor 2 Wochen

Bedingt. Ich habe extrem viel Spaß mit den Enkeln und sie dürfen sich mehr herausnehmen als bei den Eltern. Doch Regeln gibt es auch.
95%der Erziehung liegt allerdings bei den Menschen wo das Kind in den ersten Lebensjahren wohnt.

astrodon vor 2 Wochen

@Anita: Es ist nicht die Intention, irgendwen "auf dem Klo" zu überwachen. Jedoch mindert eine gewisse Kontrolle die Risikobereitschaft, d.h. es gibt eine "Toilettenaufsicht" im Flur vor den Toiletten - die kann dann auch schon mal die Räume betreten. Und das IST im Schulalltag umsetzbar - wurde bei uns so praktiziert.

Anita L. vor 2 Wochen

@astrodon: Aus dem Schulalltag Stellung nehmend: Das ist nicht durchführbar bzw. führt zu keinem Ergebnis. Denn:
Wer soll denn bitteschön die WCs dauerhaft überwachen (abgesehen davon, dass wirklich niemand auf dem Klo überwacht werden will und bitteschön auch nicht sollte). Und an unserem Gymnasium, wo es wirklich wenige WCs gibt (zwei WC-Räume für insgesamt drei Etagen und ca. 120 Schüler_innen) haben wir dennoch immer mal wieder mit Vandalismus zu tun.

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