Zwei Männer in einer Bäckerei.
Cristian Weiß (links) und Dirk Zelder in ihrer Backstube. Diese haben sie in der Gärtnerei Palinske in Erfurt-Mittelhausen eingerichtet. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Handwerk Ausgeschlafene Bäcker: Geschäftsidee von zwei Erfurtern geht auf

05. Januar 2024, 08:46 Uhr

Ein Bäcker, der ausschlafen kann: Das war die Geschäftsidee von Christian Weiß und Dirk Zelder. Vor einem Jahr haben die zwei Seiteneinsteiger ihre Brotmanufaktur "Aubacke" in Erfurt-Mittelhausen eröffnet. Sie wollten neue Wege gehen und den Backofen nicht schon kurz nach Mitternacht anheizen. Das erste Geschäftsjahr - wie ist es gelaufen?

Das Brot ist warm, duftet, die Kruste knackt. Christian Weiß, der sich nur Crischan nennt, macht die Klopfprobe. "Was für eine herrliche Kruste", schwärmt er. Es ist schon Nachmittag. "Brot braucht man zum Abendessen und nicht unbedingt zum Frühstück", sagt er und schiebt die frische Charge in den Regalwagen.

Ein Bäcker vor einem Backofen.
Bäcker Christian Weiß vor seinem Backofen. (Archivbild) Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Das mit dem Ausschlafen jedenfalls muss geklappt haben, denn er und sein Geschäftspartner Dirk Zelder haben im ersten Geschäftsjahr keine Augenringe bekommen. "Wir treffen uns jeden Morgen so gegen 5:30 Uhr in der Backstube, trinken einen Kaffee, besprechen den Tag. Kurz vor 6 Uhr heizen wir den Ofen an." Das sei für Bäckerverhältnisse fast wie ausschlafen.

Brot braucht man zum Abendessen und nicht unbedingt zum Frühstück.

Christian Weiß

Kontakte zu Cafés, Hotels und Privatkunden

"Aubacke" haben sie ihre Manufaktur genannt. "Au Backe!" mussten sie im ersten Geschäftsjahr geschäftlich nicht sagen. "Nein, das Jahr ist gut gelaufen. Wir haben einen festen Kundenstamm, neue Läden, Hotels, Vertriebswege sind dazugekommen", resümiert Dirk Zelder.

Für das Nobelrestaurant "Clara" in der Erfurter Altstadt haben sie gar ein Brot designt. "Wir haben getüftelt, ausprobiert, getestet, unsere Prozesse und das Zeitmanagement auf uns beide besser abgestimmt."

In Erfurt beliefern sie unter anderem den Bioladen "Clärchen", ein Hotel, ein Café, manchmal auch die Kantine des Sparkassenfinanzzentrums. Das Brot kann man inzwischen auch in einem Hofladen in Sömmerda kaufen, und freitags kommt ein Landwirt aus Ingersleben im Landkreis Gotha in die Manufaktur. Er bringt Mehl und holt Brot. Das verkauft er in seinem Hofladen.

Brote online bestellen und in Erfurt abholen

Auch online brummt das Geschäft. Die Kunden bestellen ihre Brote bis mittwochs und können sie freitags an sieben Orten in Erfurt abholen. Auch in oder besser vor der Backstube kaufen die Kunden. Ellen Bergmann kommt jede Woche: "Das ist einfach die Qualität. Das Brot ist mit Liebe gemacht, das schmeckt man. Ja, es ist teurer, aber an den Lebensmitteln sollte man nicht sparen. Mir ist es das wert, es ist reines Sauerteigbrot und das ist gut bekömmlich", sagt die Erfurterin.

Verschiedene Brote in einer Bäckerei.
Verschiedene Sorten Sauerteigbrot werden in Erfurt-Mittelhausen gebacken. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Das ist einfach die Qualität. Das Brot ist mit Liebe gemacht, das schmeckt man.

Kundin aus Erfurt

Aubacke: 500 Brote pro Woche

So ein 900 Gramm schweres, handgeformtes Brot hat seinen Preis: 9,20 Euro. Ein Roggenbrot kostet acht Euro. Etwa 15 Brotsorten haben die Spätaufsteher-Bäcker im Portfolio. Die Preise wurden im Frühjahr angehoben. Energie, Mehl - alles wurde teurer. Aber die Kunden sind geblieben.

500 Brote werden hier pro Woche gebacken. Seit dem Herbst gehört die Brotmanufaktur den Marktschwärmern an - ein Onlinezusammenschluss regionaler Klein-Produzenten. "Es läuft wirklich gut. Aber: Wir wollen nicht wachsen." Der Satz von Christian Weiß macht stutzig. Unternehmer, die nicht expandieren, nicht Mitarbeiter einstellen, nicht größer werden wollen - obwohl es der Markt hergäbe?

Die Zahl der Kunden, die Zahl der Verkaufsorte und der Radius sind gewachsen. "Natürlich könnten wir das ausbauen. Einen Laden anmieten, Leute einstellen. Aber das wollen wir nicht. Denn irgendwann stehen wir dann nicht mehr am Teig, sondern koordinieren Leute, die am Teig stehen. Das wollen wir alles nicht. Wir wollen backen."

Tipp: So wird hartes Sauerteigbrot wieder frisch

Brotbacken ist ihre große Leidenschaft und wenn sie übers Brot reden, hat das fast etwas Philosophisches. Christian Weiß: "Diese Brote sind quasi in all ihren Zuständen cool. Als Teiglinge werden sie in Form gebracht, die Brotlaibe werden in den Ofen geschoben. Dort wachsen sie dann, da kommt noch Dampf dazu. Dann kommen sie raus und backen im Regalwagen weiter. Sie werden super knusprig. Wenn man sie anschneiden würde, haben sie den ersten Geschmack. Wenn man sie aber erst morgen oder übermorgen anschneidet, ist der Geschmack so tief. Das ist unfassbar."

Der Tipp der Aubacke-Bäcker für hartes Brot: eine Pfanne ohne Fett anheizen, Brotscheibe kurz rein und aufwärmen. "Sauerteigbrot wird dann wieder ganz frisch." Die zwei setzen ihren Sauerteig selbst an und haben ihn inzwischen so perfektioniert, dass er über Nacht liegen kann und nicht um Mitternacht weiterverarbeitet werden muss. Das ist ihr "Rezept" fürs Ausschlafen. Das Geschäftsmodell - Klasse statt Masse - sagen sie, ist aufgegangen.

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MDR (kir/mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | 02. Januar 2024 | 05:20 Uhr

15 Kommentare

Nudel81 vor 21 Wochen

Ich freue mich wenn Bäcker mit guter Qualität überzeugen kann und seine Kunden hat. Super! Es gibt auch günstigeres Handwerkbrot. Ist auch gut so! Das Industriebrot ist auch gesund und günstig. Soll jeder selbst sein Wahl treffen!

ElBuffo vor 21 Wochen

So funktioniert eben freie Marktwirtschaft. Niemand muss es so machen, wie jemand anderes. Und man muss auch nicht am einmal erlernten Beruf festlegen, wenn der nicht gefällt. Es ist nicht verboten, dann einen weiteren zu erlernen. Diese Regel, dass das Gewicht durch 250g teilbar sein müsse, muss noch älter als das Sonntagsbackverbot und schon lange keine Vorschrift mehr sein.

aufdemberg vor 21 Wochen

Wenn man es komplett verzehrt und nicht wie bei den Billigheimern nach zwei Tagen die Hälfte weg schmeißt...
Schönes Sauerteigbrot aus Judenbach bei Sonneberg, mal probieren...
Manchmal ist weniger mehr. Aber nicht bei der Qualität!

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