Gerichtsprozess
Das Verfahren vor dem Erfurter Landgericht wurde aufgrund seiner Größe in einen Saal der Erfurter Messe verlegt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Turonen Neonazi-Prozess: Drogen-Kurier geladen - Liedermacher schaut zu

13. Juli 2022, 16:58 Uhr

Es geht um Drogenhandel im Wert von Hunderttausenden Euro, Erpressung und Zwangsprostitution. Zum Auftakt eines großen Drogenprozesses vor dem Erfurter Landgericht gegen mehrere Angehörige der rechtsextremen Szene hatten die Angeklagten geschwiegen. Nun war ein mutmaßlicher Drogen-Kurier vor Gericht geladen. Im Saal nahm auch ein rechtsextremer Liedermacher Platz.

Auf der Erfurter Messe ist am Mittwoch der Prozess gegen Mitglieder der rechtsextremen "Bruderschaft Thüringen" fortgesetzt worden. Das Gericht hörte einen mutmaßlichen Kurier des rechtsextremen Drogenkartells an. Ihm war vorgeworfen worden, ein Kilogramm Kokain nach Thüringen transportiert zu haben. Dafür wurde er bereits rechtmäßig verurteilt. Der Mann aus Gotha verweigerte die Aussage. Auch der Ermittlungsführer das Landeskriminalamtes wurde als Zeuge gehört.

Mehrere Anklagepunkte auf dem Tisch

In dem Verfahren vor dem Erfurter Landgericht, das aufgrund seiner Größe in einen Saal der Erfurter Messe verlegt wurde, müssen sich sechs Männer und drei Frauen wegen bandenmäßigen Drogenhandels verantworten.

Neben dem bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln werden einzelnen Angeklagten unter anderem auch die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Erpressung, Zwangsprostitution sowie Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen. In den Jahren 2020 und 2021 sollen die Angeklagten nach Gerichtsangaben mit Drogen im Wert von ungefähr 800.000 Euro gehandelt haben.

Bei der mehr als dreistündigen Anklage-Verlesung ließ die Staatsanwältin keine Zweifel daran, dass es sich bei den Angeklagten nach Erkenntnissen der Ermittler um Rechtsextreme handelt. Sie hätten sich in einer Gruppierung "Bruderschaft Thüringen" zusammengeschlossen. Deren Mitglieder würden sich zu einer völkisch-nationalistischen Gesinnung bekennen und dazu verpflichten, jede staatliche Autorität abzulehnen. Die "Bruderschaft Thüringen" gliedert sich laut der Staatsanwältin in zwei Untergruppen: die "Turonen" und die "Garde 20".

Rechter Liedermacher als Zaungast

Als Besucher nahm am Mittwoch ein rechtsextremer Liedermacher an der Verhandlung teil. Tobias W. trat unter seinem Pseudonym "Bienenmann" regelmäßig auf rechtsextremistischen Veranstaltungen auf. Der 35-Jährige gilt als bestens vernetzt in die Rechtsrock-Szene und auch im militanten Neonazi-Netzwerk "Blood & Honour". Das weltweit aktive Netzwerk ist seit 2000 in Deutschland verboten.

Rechtsrock-Konzerte durch Corona unmöglich

Auch die "Bruderschaft Thüringen“, deren Chef sich nun vor dem Landgericht Erfurt verantworten muss, war im Rechtsrock-Geschäft aktiv und soll intensive Verbindungen zu "Blood & Honour" gepflegt haben.

Die Neonazis hatten seit 2015 mehrere Großkonzerte in der Schweiz und in Thüringen organisiert. Zuletzt hatten sie 2017 mehr als 6.000 Rechtsextremisten nach Themar gelockt. Erst als die Konzerte fehlschlugen und Corona derartige Veranstaltungen unmöglich machten, sollen die "Turonen" und ihre Unterstützerbande "Garde 20" auch in den organisierten Drogenhandel eingestiegen sein.

Mitte Juni hatte das Landeskriminalamt mit einer zweiten großen Durchsuchungswelle die "Bruderschaft" zerschlagen und weitere Führungskader festgenommen.

MDR (gh)

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 13. Juli 2022 | 17:00 Uhr

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