Forschungsprojekt Schlaue Ampel: So lange grün wie nötig
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11. Juli 2024, 10:56 Uhr
Ampeln sind für Fußgänger oft nur wenige Sekunden grün. Für Menschen mit einer Geh- oder Sehbehinderung kann das schnell ein Problem werden. Deswegen will ein Forschungsprojekt der Fachhochschule Erfurt Ampeln entwickeln, die erkennen, wenn jemand länger braucht. Ein KI-basierter Algorithmus soll das erkennen und dann eine längere Grünzeit auslösen.
- Ein Forschungsprojekt arbeitet daran, dass KI Menschen mit Behinderung erkennen kann, damit Ampeln ihnen genug Zeit geben, um über die Straße zu kommen.
- Eine Gruppe Freiwilliger erzeugt dafür in Erfurt Trainingsdaten, damit die KI lernen kann.
- Selbstlernende Systeme haben großes Potenzial für die Verkehrswende.
Jana Voigt hört, dass die Ampel auf Grün wechselt. Den Signalton kennen auch die "Sehlinge", wie die Erfurterin scherzhaft all jene nennt, die sehen können. Sie kann es nicht. Jana Voigt ist von Geburt an blind.
Sie lässt das Ende ihres Blindenstocks über das Erfurter Kopfsteinpflaster rasseln. Und los gehts: "Jetzt überqueren wir die Straße, und auf der Hälfte ist es schon wieder Rot." Wegen einer halbseitigen Lähmung ist sie nicht so schnell wie andere. Selten schafft sie es bei Grün über die Straße. Deswegen ist sie heute hier: Jana Voigt ist Probandin eines Forschungsprojekts der Fachhochschule Erfurt. Das Ziel: Ampeln zu entwickeln, die erkennen, ob jemand über die Straße will, der länger braucht.
Algorithmus soll Menschen mit Behinderung erkennen
Projektleiter Carsten Kühnel, Professor für intelligente Verkehrssysteme, erklärt, wie das funktionieren soll: "Wir haben hier an zwei Knotenpunkten in Erfurt verschiedene Sensoren verbaut. Damit wollen wir datenschutzkonform Daten erfassen, sodass wir mit einem KI-basierten Algorithmus Menschen mit Behinderungen automatisch erkennen." Dann könnten Maßnahmen, wie beispielsweise die Verlängerung der Grünzeit, automatisch ausgelöst werden.
Gängige Videokameras zu nutzen, wäre aus rechtlichen Gründen nicht möglich, betont Marcus Hirschberger vom Verkehrsmanagement der Stadt Erfurt, die mit der FH kooperiert: "Deswegen haben wir hier verschiedene Sensoren, die auf Radar-, Lidar- und Infrarottechnik basieren, die ein Datenbild generieren, das keine Rückschlüsse auf Personen zulässt."
Freiwillige erzeugen Trainingsdaten
Vor dem Theater haben sich neben Jana Voigt inzwischen Menschen im Rollstuhl und mit Rollatoren versammelt. Leon Kiefer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der FH Erfurt, gibt die Anweisungen: "Der Techniker hat gerade das Go gegeben. Wir können noch mal den ganzen Platz belaufen, so wie beim letzten Mal. Wir laufen jede Strecke aus jeder Richtung einmal ab. Das heißt, jeden Fußgängerüberweg nehmen wir einmal vor und zurück. Wenn Sie Hilfe brauchen, gerne Bescheid geben."
Dann schwärmen sie aus, überqueren die Straßen am Theater. Viele haben sichtlich Mühe, Rollatoren oder Rollstühle über das unebene Kopfsteinpflaster und auf Bordsteine hinaufzubewegen.
Jana Voigt war schon beim ersten Termin hier dabei. Je mehr Daten das System zum Lernen bekommt, desto besser kann es arbeiten. Hier mitzumachen war für sie keine Frage: "Ich beschäftige mich schon sehr gerne mit solchen neuen Techniken, weil das ist auch irgendwo Zukunftsmusik, sage ich mal."
Optimierung des Verkehrsablaufs durch KI
In der Zukunft sieht der Professor für intelligente Verkehrssysteme, Kühnel, mit Blick auf die Verkehrswende noch viel Potenzial für selbstlernende Systeme: "Das fängt bei einer Optimierung des Fahrzeugeinsatzes im Logistikbereich an. Das betrifft aber genauso den öffentlichen Verkehrsbereich. Man kann es zur Erkennung gewisser Verkehrsteilnehmergruppen nutzen, wie wir das hier tun, oder perspektivisch zur Optimierung des Verkehrsablaufs." Allerdings stecke da noch eine Menge Arbeit drin.
Apropos Arbeit: Nach jedem Termin mit den Probanden bringen seine wissenschaftliche Mitarbeitenden der KI händisch bei, was was ist: Was ein Rollstuhl? Was ein Blindenstock? Bis das System das am Ende allein schafft.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 11. Juli 2024 | 21:45 Uhr
Burgfalke vor 33 Wochen
Wo treten die genannten Probleme denn konkret auf? Nur dubiose Anmerkungen ohne einen direkten Bezug. Ob das zu einer Lösung beitragen kann? Gewiß nicht.
Burgfalke vor 33 Wochen
Es ist teils "abenteuerlich". Neben möglich fehlenden Finanzmitteln dürften oft genug die dafür erforderlichen Platzverhältnisse keine unbedeutende Rolle spielen.
Egal wie, wie so oft in Stammtischgesprächen üblich, glauben viele User stetig über allen Dingen zu stehen und fehlenden Sachverstand durch ihr Scheinwissen ersetzen zu können. In aller Regel tragen diese P. keine Verantwortung für weitreichende Sachentscheidungen.
Ein Land in dem Bürger (wie hier) akzeptieren, daß man trotz technischem Fortschritt Baustellen- und auch Straßenampel (USA) immer noch nicht in der Lage ist mit nützlichen Zeitanzeigen (um Wartezeiten anzuzeigen u. um Frust zu minimieren) auszustatten, der sollte eher nicht über div. eigene "Zeitgefühle" oder schlecht eingestellte Ampelanlagen sich ....
KI kann bestimmt einige Dinge verbessern helfen. Wenn aber simple Zeitanzeigen nach Jahrzehnten immer noch kein Standard sind, so erübrigt sich vieles hier!
part vor 34 Wochen
Eine gute Sache für die Betroffenen, wenn solche Ampeln eingeführt würden und sicherlich wartet auch jeder Autofahrer, wenn ein behinderter Mensch es nicht rechtzeitig schafft, die Straße zu überqueren. Doch was passiert dann mit dem veralteten Erfurter Verkehrsleitsystem, das immer noch im Modus läuft, als nur donnerstags die Läden bis 20:00 Uhr geöffnet hatten? Auch sonntags scheint der Wurm drin zu sein, mit Verzögerungen ohne Ende. Dort, wo Busse und Bahnen sich den Vorrang freischalten, gibt es auch immer Fehlschaltungen und Verzögerungen, besonders im Erfurter Rieth. Abgeschaltete Ampeln erhöhen die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer und helfen Sprit zu sparen und die Umwelt sauber zu halten. Zudem möchte man meinen, Erfurt ist die Hauptstadt der Ampeln und Grünpfeile, wo sie angebracht wären gibt es nicht. Ich hoffe, der neue OB wird einige Veränderungen bewirken in Sachen Verkehr und Altlasten.