Gedenken Absturz über dem Bottendorfer Hügel: Wie eine Gemeinde an getötete Weltkriegspiloten erinnert
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08. Juli 2023, 17:09 Uhr
Bottendorf im Kyffhäuserkreis ist ein kleines Dorf mit knapp 1.000 Einwohnern. Im Zweiten Weltkrieg war der Ort Schauplatz mehrerer Luftkämpfe, bei denen auch Flugzeuge mitsamt ihrer Besatzungen abstürzten. Am Ortsrand von Bottendorf wurde am Samstag ein Kreuz eingeweiht, das künftig an die gestorbenen Besatzungsmitglieder erinnern soll.
Ein schlichtes, übermannshohes graues Kreuz aus Metall steht auf dem Hügel von Bottendorf, einem Ortsteil von Roßleben-Wiehe im Kyffhäuserkreis. Dahinter wehen eine US-amerikanische und eine deutsche Flagge an einem Gestell im Sommerwind.
Neben vielen Bottendorfern und Mitgliedern der Interessengemeinschaft (IG) Vermisstensuche sind Roßlebens Bürgermeister Steffen Sauerbier und der Landesgeschäftsführer des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge, Henrik Hug, am Samstag gekommen, um das Gedenkkreuz einzuweihen.
Hinweis eines Zeitzeugen nachgegangen
Die Tafel am Kreuz erinnert an zwei Begebenheiten, die fast 80 Jahre zurückliegen und sich in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs ereignet haben. Unter dem Datum des 29. Juli 1944 stehen die Namen sieben amerikanischer Flieger, unter dem 14. März 1945 der Name eines Deutschen und ein unbekannter Jagdflieger wird erwähnt. "Im Gedenken aller Piloten und Besatzungsmitglieder, gleich welcher Nation, die im Luftkampf über Bottendorf ihr Leben ließen", ist darüber zu lesen.
Das Gedenkkreuz ist keine Selbstverständlichkeit. Bis es aufgestellt werden konnte, war viel Arbeit nötig. Ohne die ehrenamtlichen Forscher der IG Vermisstensuche um den Initiator René Schütz, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, bis heute vermisste alliierte und deutsche Flieger im Thüringer Raum zu suchen, ein undenkbares Unternehmen. Zunächst gingen sie dem Hinweis eines Zeitzeugen nach, der von dem Absturz eines deutschen Flugzeuges auf dem Bottendorfer Hügel berichtet hatte. Der Pilot konnte sich mit dem Fallschirm nicht retten. Tagelang soll das Wrack gebrannt haben.
Ein Jagdflugzeug raste in ein Haus
Wie sich im Laufe der Zeit nach Angaben von René Schütz herausstellte, gehörte das Flugzeug zu einem deutschen Jagdgeschwader, das im März 1945 in Esperstedt bei Bad Frankenhausen stationiert war, nur etwa 20 Kilometer Luftlinie von Bottendorf entfernt. Belegt ist, dass bei einem Luftkampf mit zahlenmäßig überlegenen amerikanischen Jagdflugzeugen am 14. März 1945 direkt über diesem Flugplatz mindestens sechs deutsche Jagdflugzeuge abgeschossen wurden. Eines davon raste in Bottendorf in ein Haus.
Der Pilot, ein Hauptmann der Luftwaffe, starb. Ein weiteres Flugzeug schaffte es noch über Bottendorf hinweg, zerschellte aber über dem Bottendorfer Hügel. Da noch immer mehrere Piloten des Geschwaders vermisst werden, die von diesem Einsatz nicht zurückkehrten und der Zeitzeuge damals keinen Fallschirm beobachten konnte, war klar, dass sich der Pilot noch im Wrack seines Flugzeuges befinden musste.
Sämtliche Papiere und eine Nachforschungsgenehmigung des Thüringischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie wurden eingeholt, so dass im April unter Anleitung von Mitarbeitern der Behörde die Wracksuche beginnen konnte. Tatsächlich fanden sich neben völlig zerstörten Überresten des Flugzeuges im durchgesiebten Erdreich der Absturzstelle Knochenteile eines Menschen.
Keine eindeutige Identifizierung möglich
Nachdem das relativ gut erhaltene, noch geschlossene Fallschirmschloss gefunden wurde, war klar, dass es sich bei den gefundenen menschlichen Überresten um den Piloten handeln musste, erzählt René Schütz. Eine Erkennungsmarke, die damals jeder deutsche Soldat bei sich trug, wurde nicht gefunden. Leider lässt auch der Zustand der Knochen keine eindeutige Identifizierung mehr zu.
Nach Angriff auf Merseburg abgeschossen
Immerhin ließen sich anhand der Wrackteile Rückschlüsse auf den Typ des Flugzeuges schließen. Es handelt sich dabei um eine Messerschmitt Bf 109 G. Das war damals der Standardtyp der deutschen Luftwaffe, der in verschiedenen Versionen bis Kriegsende eingesetzt wurde. Die gefundenen Waffenteile und Munitionsreste übernahm der Kampfmittelräumdienst. Die sterblichen Überreste des unbekannten Piloten werden dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge übergeben.
Auf dem eingeweihten Gedenkkreuz wird auch an die Besatzungsmitglieder eines amerikanischen Bombers gedacht, der im Juli 1944 nach einem Angriff auf Merseburg von deutschen Jagdflugzeugen abgeschossen wurde. Die Absturzstelle der viermotorigen Boeing B-17 Flying Fortress mit dem bezeichnenden Namen "Heaven Can Wait" ("Der Himmel kann warten") befindet sich nur wenige hundert Meter von der Bf 109 entfernt über dem Hügel. Sieben Amerikaner starben bei dem Absturz, zwei überlebten und gerieten in Kriegsgefangenschaft.
MDR (co)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 08. Juli 2023 | 18:40 Uhr