Zivilcourage 25-Jähriger aus Bleicherode stoppt Einbrecher - sechs Jahre Haft für missglückten Beutezug
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11. Januar 2024, 20:51 Uhr
Im vergangenen Sommer stoppte der 25-jährige Felix Loup aus Bleicherode einen Einbrecher beim Versuch, ein Rentnerehepaar auszurauben. Für seine Zivilcourage wurde Loup ausgezeichnet - und der Einbrecher nun verurteilt.
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Es ist ein Julimorgen im vergangenen Jahr: Der 25-jährige Felix Loup steht vor dem Haus seiner Eltern, als ein Auto vorfährt und ein Mann mit schwarzem Käppi aussteigt. Weil er zielgerichtet zum Haus der Nachbarn geht, wird Loup stutzig.
Felix Loup stellt sich in den Weg
In dem Haus wohnte zu dem Zeitpunkt ein Ehepaar, 86 und 89 Jahre alt, das Felix Loup seit seiner Kindheit kennt und gernhat. "Da war ein Beschützermodus, der anging", erinnert sich der 25-Jährige. Die Frau habe im Garten gestanden und nichts mitbekommen. Der Unbekannte habe eine Laptoptasche getragen, aber nicht geklingelt oder geklopft. Er selbst, so Felix Loup, sei daraufhin zum Haus geeilt.
Wir stehen uns gegenüber und schauen uns an.
Dort angekommen, habe er den Fremden schon oben im Schlafzimmer am Wäschefach des Kleiderschrankes gesehen. Sekunden später sei er ihm dann im Treppenhaus entgegengekommen. Er habe sich dem Einbrecher in den Weg gestellt, erzählt der 25-Jährige heute. Die Laptoptasche war zu diesem Zeitpunkt schon mit 8.400 Euro Bargeld und Familienschmuck gefüllt. "Wir stehen uns gegenüber und schauen uns an", beschreibt Loup die Situation.
Angreifer durchtrennt Sehne in der Hand
In der Küche sei es dann zum Gerangel gekommen, als der Einbrecher seine Beute verteidigen wollte und ein Messer hervorholte. Loup wird verletzt, als er den Mann entwaffnen will. Eine Sehne an der linken Hand wird fast komplett durchtrennt und muss später operiert werden. Irgendwann habe der Eindringling am Boden unter dem Tisch gelegen, so Loup.
Mit einer Hand habe der gestoppte Dieb zu seinem Handy gegriffen und vermutlich mit Geräuschen seinen Komplizen gewarnt, der vor der Tür gewartet hatte und daraufhin wegfuhr.
Die 86-jährige Bewohnerin hatte in der Zwischenzeit die Polizei gerufen, die für Angreifer und Opfer auch einen Krankenwagen anforderte. So schildert Loup später den Hergang bei seiner Zeugenaussage im Strafprozess vor dem Landgericht Mühlhausen. Dort musste sich ein halbes Jahr nach der Tat dann auch der 46-Jährige wegen räuberischen Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung vor der Schwurgerichtskammer verantworten.
Kein Geständnis vom Einbrecher
Im Prozess gab der 46-Jährige zu, im Haus gewesen zu sein. Er habe "Betteln" wollen und deshalb auch eine Spenderliste dabeigehabt. Die Verletzungen habe sich der geschädigte Zeuge - sprich Felix Loup - selbst zugefügt. Damit habe er nichts zu tun. Es tue ihm leid, sagte er am letzten Prozesstag zur Tochter des älteren Ehepaars, während die Rentnerin weinend auf dem Zeugenstuhl saß.
Diese Tat habe das Leben ihrer Eltern stark beeinflusst, sagte sie daraufhin. Sie seien traumatisiert, gingen nicht mehr raus, fühlten sich im eigenen Haus nicht mehr sicher. Noch in der Verhandlung, am 2. Januar, erklärte sie, dass es ihrem Vater im Moment besonders schlecht gehe. Wenige Tage nach der Aussage verstarb der 89-Jährige.
Sechs Jahre Haft für Einbrecher
Am Donnerstag teilte der Sprecher des Landgerichts Mühlhausen mit, dass der Einbrecher zu sechs Jahren Haft verurteilt worden ist. Wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung. Laut Urteil habe der Angeklagte die Gelegenheit genutzt und sich wegen offener Türen und Fenster Zutritt verschafft.
Nach Auffassung des Gerichtes sei er am Tattag eigentlich gemeinsam mit einer anderen Person durch Bleichrode gefahren, um mit mitgeführten angeblichen Spendenbescheinigungen in betrügerischer Weise vermeintliche Spenden von Anwohnern zu erlangen. Dass Einbrecher und Fahrer gemeinschaftlich agiert haben, ist laut Urteil jedoch nicht nachzuweisen.
Staatsanwältin hatte sieben Jahre gefordert
Die Richter folgten damit im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft Mühlhausen, die sieben Jahre Haft gefordert hatte. In ihrem Plädoyer hatte die Staatsanwältin ausgeführt, dass der Angeklagte offensichtlich durch Europa gereist sei, um Straftaten zu begehen. In seinem Strafregister stünden Urteile wegen Diebstahls, die in Frankreich, Schweden und den Niederlanden verkündet worden sind.
Der Verteidiger des 46-jährigen Rumänen hatte von einer Notsituation gesprochen und dagegen lediglich drei Jahre Haft beantragt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Urteil für Loup wichtiger Schlussstrich
Ein halbes Jahr nach seinem beherzten Einschreiten sagt Felix Loup, das Hafturteil sei ein wichtiger Schlussstrich. Die Tat passierte nur wenige Tage, nachdem er sich mit seiner Heizungs- und Sanitärfirma selbstständig gemacht hatte. Er musste operiert werden, die Genesung dauerte Wochen.
Wenn auch alle Wunden verheilt sind: So belastbar wie ein Handwerker sein muss, sei er noch nicht wieder, sagte der 1,95 Meter große Retter. Deshalb werde er täglich an diesen Julimorgen erinnert. Helfen würde er immer wieder, das könne er nicht abstellen. Möglicherweise würde er beim nächsten Mal erst die Polizei anrufen. Weil er und seine Familie auch als Zeugen aussagen mussten, komme die Sache immer wieder hoch.
Weißer Ring und Polizei würdigen Zivilcourage
Ende November hatten die Polizei und der Weiße Ring die Zivilcourage von Felix Loup gewürdigt. "Einen Blick auf Nachbarn zu haben und erst recht auf ältere Nachbarn ist wichtig", sagt der Nordhäuser Polizeichef Thomas Gubert.
Bernd Müller von der Außenstelle Nordhausen des Weißen Rings freut sich ebenfalls über den Mut des jungen Mannes. Natürlich wäre es besser gewesen, die Polizei anzurufen. "In dem Moment wusste er aber nicht, dass es gefährlich werden könnte."
MDR (cgo/dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 11. Januar 2024 | 18:45 Uhr