Zwei ältere Personen sitzen an einem Tisch und legen ein Puzzle.
Antony Lowe und Christine Büring beim Probepuzzlen. Bildrechte: MDR/Marian Riedel

Gemälde zum Zusammensetzen Altenburg als Puzzle: Mit Kunst gegen eine unheilbare Krankheit

22. Oktober 2023, 08:17 Uhr

Für Kinder in der DDR war sie Pflicht: Die Schluckimpfung gegen Polio. Die Krankheit ist unheilbar und kann zu Lähmungen und Todesfällen führen. Aktionen gegen Polio werden in den noch von der Krankheit betroffenen Regionen in der Welt durch die gemeinnützige Rotary-Bewegung unterstützt. Genau dafür hat der Rotary-Club Altenburg jetzt ein Kunstwerk entdeckt. Und will damit auch ein Projekt in Altenburg unterstützen.

Im Original ist es etwa vier Meter breit und 1,40 Meter hoch: ein farbenfrohes Gemälde der Stadt Altenburg. Geschaffen hat es der in London geborene Anthony William Joseph Lowe, der als Maler und Wahl-Thüringer in Zürchau im Altenburger Land lebt. Seit Juli ist der Künstler auch Präsident - beim Rotary-Club in Altenburg.

Riesen-Gemälde wird für guten Zweck "zerschnippelt"

Und für ihn war es keine Frage: Er stellt sein Altenburg-Gemälde zur Verfügung, um das weltweite Rotary-Projekt "End Polio" zu unterstützen. Die verrückte Idee: Das Gemälde wird gewissermaßen zerschnippelt. In 1.000 Teile, die man dann als Puzzle zusammensetzen kann. Natürlich muss nicht das Originalbild herhalten, sondern eine verkleinerte Reproduktion.

Lowes Rotary-Kollegin Christine Büring hat dafür gemeinsam mit dem Künstler einen Plan ausgetüftelt: In einer limitierten Auflage von 1.000 Exemplaren ist das Altenburg-Bild im Puzzle-Kasten zu bekommen. 500 Stück werden in der Rotary-Gemeinschaft vertrieben, 500 Stück im Altenburger Spielkarten- & Spezialitätenladen auf dem Marktplatz der ostthüringischen Kreisstadt.

Dort ist der Start für den freien Verkauf an einem besonderen Tag, dem 24. Oktober. Dieses Datum ist der Welt-Polio-Tag. Mit ihm wird daran erinnert: Noch ist der Kampf gegen die Kinderlähmung nicht gewonnen.

Impfung für 50 Cent: Warum Polio noch nicht besiegt ist

Die Poliomyelitis könnte nach den Pocken die zweite Krankheit werden, die durch eine weltweite Impfanstrengung besiegt wird. Rotary engagiert sich dafür seit 1979. Aber der Kampf gegen das Poliovirus ist zäh. "Noch 1988 befällt das Virus jährlich über 350.000 Opfer in 125 Ländern", haben die Altenburger Rotarier aufgeschrieben.

In ihrer Information zum Puzzle-Projekt stellen sie auch Erfolge klar: "Europa ist seit 2002 Polio frei, Indien seit 2014, Afrika seit 2020." Aber noch gibt es Regionen, in denen die Kinderlähmung endemisch, also fortwährend auftritt. Betroffen sind etwa Pakistan und Afghanistan. Beim Kampf dagegen sind die Kosten der Impfung nicht das größte Problem.

Es scheitert eher noch an den Möglichkeiten vor Ort, überhaupt impfen zu können. Anthony Lowe, der Präsident von Rotary Altenburg, weiß: Die Impfung eines Kindes kostet nur 50 Cent.

Extreme Perspektive von oben auf die Verpackung eines Puzzles
Auf dem Puzzle-Karton ist es zu lesen: Die Impfung eines Kindes kostet nur 50 Cent. Bildrechte: MDR/Marian Riedel

Warum es neue Erkrankungen in eigentlich Polio-freien Staaten gibt

Neue Erkrankungen treten allerdings sogar in den offiziell Polio-freien Staaten auf. Das liegt nicht am ursprünglichen, dem sogenannten "Wildtyp" des Virus. Schuld sind oft die sogenannten Impfviren. Sie sind zum Beispiel in den USA und in Großbritannien schon im Abwasser nachgewiesen worden. Und sie haben ihren Ursprung in einer Impfmethode: Beim Einsatz von sogenannten Lebendimpfstoffen werden abgeschwächte Viren verabreicht.

Sie können von den Geimpften mit dem Stuhl ausgeschieden werden. In einer Umgebung mit schlechten Hygienebedingungen kann es so zu Schmierinfektionen kommen. Normalerweise sind die abgeschwächten Viren keine große Gefahr. Aber Viren haben die tückische Fähigkeit, sich zu verändern - und damit wieder problematisch zu werden.

Zäher Kampf gegen die Viren

Schon im vergangenen Jahr hat das Robert-Koch-Institut (RKI) auf seiner Internetseite Klartext publiziert: "Wenn die Bevölkerung aufgrund zu niedriger Polio-Impfquoten nicht ausreichend geschützt ist, können Impfviren über einen längeren Zeitraum zirkulieren und sich dabei genetisch verändern. Je länger das Virus zirkuliert, umso größer ist die Gefahr, dass veränderte Viren auftreten, die nach Infektion eine symptomatische Erkrankung hervorrufen können."

In der Veröffentlichung unter dem Titel "Schutzimpfung gegen Poliomyelitis: Häufig gestellte Fragen und Antworten" gibt das RKI aber auch eine beruhigende Information: Schon seit 1998 werden in Deutschland für die Polio-Impfung keine Lebendviren mehr eingesetzt. Die Verwendung von IPV als inaktivierte Polio-Impfstoffen sei "inzwischen überall in Europa Standard".

Projekt "End Polio" weltweit und Unterstützung vor Ort

Rotary International hat mit seinem Projekt "End Polio" schon einiges in Bewegung gebracht, um das Virus endgültig zu besiegen. Über die Jahrzehnte ist ein Netzwerk geknüpft worden, das die Weltgesundheitsorganisation WHO, Länderregierungen und Stiftungen verbunden hat.

So konnten unter anderem beständige Strukturen für die Verteilung und Lagerung von Impfstoff und anderen Medikamenten geschaffen werden. Auch für Regionen mit schwacher medizinischer Versorgung konnten ausgebildete Helfer und medizinisches Personal gewonnen werden.

Dieses "Polio-Netzwerk" habe auch als rasch mobilisierbares Instrument beim Kampf gegen Covid in Afrika und Asien funktioniert, sagt Christine Büring vom Rotary-Club Altenburg. Sie zeigt auf den Puzzle-Kasten.

 

Deckelgestaltung des Altenburg-Puzzles
Das Altenburg-Puzzle mit dem Motiv des Malers Anthony Lowe. Bildrechte: MDR/Marian Riedel

Erlöse aus Puzzleprojekt soll auch in Altenburg verwendet werden

Auf seinem Rand steht zu lesen, dass von jedem verkauften Puzzle fünf Euro gespendet werden. Die Summe reicht, um jeweils zehn Kinder gegen Polio impfen zu können. Ein Teil der Erlöse aus dem Puzzleprojekt soll aber auch anders verwendet werden. Gewissermaßen: Denn der örtliche Rotary-Club hilft nicht nur weltweit, sondern auch "direkt vor der Haustür".

So spenden die Rotary-Clubmitglieder in diesem und dem nächsten Jahr, damit am Kinder- und Jugendhaus der Johanniter in Altenburg Nord ein Volleyballplatz neu entsteht. Davon profitieren dann um die 50 Kinder und Jugendliche, die dort regelmäßig ihre Freizeit verbringen.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 19. Oktober 2023 | 17:00 Uhr

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