Landwirtschaft Wenn der Hühnerstall Räder hat: Mobile Heime für Legehennen
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11. April 2023, 18:49 Uhr
Seit vier Jahren betreibt Landwirt Tommy Brandner aus dem Saale-Orla-Kreis mobile Hühnerställe in einem Gewerbegebiet in Pößneck. Doch in welchem Verhältnis stehen eigentlich Aufwand und Nutzen?
Noch ist es früh am Morgen. Aus dem langen Gefährt auf einer Pößnecker Wiese dringt leises Gegacker. Tommy Brandner schnappt sich zwei große Eimer und betritt den Anhänger, in dem das Federvieh auf Holzstangen den Tag beginnt. Zwei Etagen gibt es: den oberen Ruhebereich und den unteren sogenannten Kaltscharr-Raum, der den Hühnern an kalten Tagen oder bei Stallpflicht Beschäftigungsmöglichkeiten bietet.
"Die Hühner sind das ganze Jahr über mit dem mobilen Stall unterwegs", sagt Tommy Brandner. Und er ergänzt: "Wenn im Winter die Legeleistung nachlässt, liegt es nicht an der Kälte, sondern am fehlenden Sonnenlicht."
Wir setzen Schafe oder Ziegen auf den Weiden ein. Sie schrecken die Greifvögel ab.
Schutz für die Hühner
Heute muss Tommy Brandner den Stall umsetzen. Dafür steckt er auf der großen Wiese ein neues Rechteck ab. Auch die beiden Schafe müssen mit umziehen. Sie halten auf der mobilen Hühnerfarm Wache. "Wir setzen Schafe oder Ziegen auf den Weiden ein. Sie schrecken die Greifvögel ab", sagt Tommy Brandner. Die beiden Vierbeiner stürzen sich auf das frische Gras. Nach zwei Wochen Hühnerinvasion war auf dem alten Abschnitt nicht mehr viel zu holen.
Zahl mobiler Ställe steigt langsam
Die mobilen Ställe sind vor allem bei kleineren Betrieben beliebt, die die Eier zum Beispiel im eigenen Hofladen verkaufen. Tommy Brandner vermutet, dass Mobilställe deshalb im Osten Deutschlands nur sehr selten sind - wegen der vielen Genossenschaften mit ihren großen Flächen. Das Thüringer Landwirtschaftsministerium hat zwar keine genauen Zahlen, weiß aber, wie viele Betriebe in den vergangenen Jahren beim Kauf der Ställe unterstützt wurden. Seit 2015 ist die Zahl stetig gestiegen. Trotzdem sind es gerade einmal 15 mobile Anlagen, die in Thüringen stehen.
Für den Betrieb der Ställe benötigen die Landwirte eine vereinfachte Baugenehmigung, auch wenn es sich nicht um feste Bauten handelt. Dafür können sie sich auf der genehmigten Fläche mit ihrem Stall frei bewegen. Außerdem müssen sie eine landwirtschaftliche Ausbildung haben und einen Sachkundelehrgang für Geflügel absolvieren. Ab 350 Legehennen erhalten die Betriebe eine Packstellennummer.
Viele bürokratische Hürden müssen die Landwirte also absolvieren, bevor es mit der mobilen Eierwirtschaft losgehen kann. Und auch der tägliche Aufwand ist hoch. Zwar haben die Anlagen moderne Dosierungen für Futter und Wasser. Außerdem werden die Türen mit einer Zeitschaltuhr gesteuert. Trotzdem müssen die Betreiber täglich mehrfach nach den Anlagen sehen, um zum Beispiel die Eier einzusammeln.
Es gab so viele Skandale in den letzten Jahren, und die Kunden sind verunsichert.
Für viele Landwirte sind die Mobilställe ein zusätzliches Standbein. Einige entscheiden sich auch für die Anlagen, weil der Platz auf dem eigenen Hof begrenzt ist. Auch Tommy Brandner wollte seinen Betrieb erweitern. Er hat sich aber noch aus einem anderen Grund für einen Mobilstall entschieden: "Die Leute müssen wieder sehen, wo die Eier herkommen und wie die Tiere leben", sagt er. "Es gab so viele Skandale in den letzten Jahren, und die Kunden sind verunsichert."
Ei-Automat hilft beim Verkauf
Inzwischen hat der Landwirt in seinen drei Anlagen mehr als 1.000 Legehennen. Vom Umsatz muss er die laufenden Kosten, aber auch den Kaufpreis von rund 40.000 Euro pro Stall bezahlen. Deshalb verkauft Brandner die Eier nicht nur im Hofladen in Moderwitz bei Neustadt, sondern auch über einen Automaten im Pößnecker Gewerbegebiet. "Zum Glück verkaufen wir die Eier sehr gut", sagt der Landwirt. "Am Anfang waren wir meist schon nach einer halben Stunde ausverkauft."
Er würde sich wieder für die mobilen Hühnerfarmen entscheiden, sagt Brandner. Auf seinem Hof in Moderwitz, wo er Ziegen, Schafe und Galloway-Rinder hält, baut er gerade eine Schlachterei. In seinem Hofladen will er möglichst alles aus eigener Erzeugung anbieten.
MDR (adr/cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 10. April 2023 | 19:00 Uhr
Freies Moria am 11.04.2023
Ich vermisse Recherche, die der Frage nachgeht ob die ganzen Genehmigungen und Lehrgänge sich irgendwie auf die Qualität auswirken oder doch nur Einnahmen für Mitesser bringen.
Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass die Skandalhöfe, über die wir regelmässig lesen, diese Nachweise nicht vorgelegt hätten...