Helmut Holter (Linke), Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport
Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Archiv) Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Schackow

Schule Kampf gegen den Lehrermangel: Was Thüringens Bildungsminister konkret vorschlägt

17. August 2023, 16:00 Uhr

Vor dem neuen Schuljahr hat Thüringens Bildungsminister Helmut Holter erklärt, was er gegen den akuten Lehrermangel tun möchte. Schnellere unbefristete Verträge und Seiteneinsteiger spielen eine Rolle. Der Landeselternverband begrüßt die Ideen - die Opposition schießt weiterhin dagegen.

Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen sollen künftig schneller an den Schulen eingestellt werden. Wie Bildungsminister Helmut Holter (Linke) sagte, sollen befristete Arbeitsverhältnisse zügiger in dauerhafte umgewandelt werden.

Einige Neuerungen für Seiteneinsteiger geplant

Auch für Seiteneinsteiger soll der Lehrerberuf attraktiver gemacht werden. "Ohne Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger läuft aktuell gar nichts in der Schule und wir brauchen diese Kolleginnen und Kollegen", sagte Holter am Donnerstag in Erfurt zur Auftakt-Pressekonferenz zum neuen Schuljahr.

Sie sollen im ersten Jahr einen deutlich abgespeckten Stundenplan bekommen und zwischen acht und 15 Stunden pro Woche Unterricht geben müssen. Das soll ihnen bei der Orientierung und der Ausbildung helfen. Das Plus an Zeit soll ihnen auch mehr Hospitationen ermöglichen, um vom Unterricht erfahrener Kolleginnen und Kollegen lernen zu können.

Mehr unbefristete Stellen

Außerdem soll es künftige bessere Jobperspektiven für die Seiteneinsteiger geben. Jene, die bisher nur für ein Jahr befristet eingestellt werden, sollen nach einem Jahr auch unbefristet eingestellt werden können. Voraussetzung sind Hospitationen, bei denen die Kandidaten ihre schulpraktische Erfahrung unter Beweis stellen sollen.

Für die neue Regelung ist eine schrittweise Einführung geplant. Los geht es nach Angaben des Ministeriums mit Lehrern für Deutsch als Zweitsprache, für sie gelte die neue Regelung ab sofort. "Wir öffnen den Einstieg in den Lehrerberuf", sagte Holter.

Direkte Einstellung über Schulämter

Damit sie schneller starten können, sollen Quer- und Seiteneinsteiger künftig außerdem direkt von den Schulämtern eingestellt werden - ohne Umweg über das Ministerium.

Holter sprach von einer Generationenaufgabe: Er gehe davon aus, dass der Lehrermangel Thüringen auch noch in den 2030er-Jahren beschäftigen wird.  

Landeselternverband begrüßt Holters Plänen

Der Landeselternverband hat die Initiative des Landes, Lehrer künftig schneller einzustellen, positiv bewertet. Damit sei das Bildungsministerium auf dem richtigen Weg, sagte Landeselternsprecherin Claudia Koch MDR-THÜRINGEN am Rande eines Gesprächs mit Bildungsminister Holter. Fakt ist laut Koch aber auch, dass der Markt an Lehramtsbewerbern leergefegt ist, und das nicht nur in Thüringen.

Im Gespräch mit dem Minister habe es jedoch auch Streitpunkte gegeben: So kritisierte die Elternsprecherin etwa die gegenseitige Blockade von Koalition und Opposition beim Verfassen eines neuen Schulgesetzes. Oder das einseitige Vorpreschen Thüringens bei der Einführung der neuen Formelsammlung, die das Tafelwerk für die technischen und naturwissenschaftlichen Fächer ersetzen soll.

Opposition reichen Ankündigungen nicht

Der bildungspolitische Sprecher der Thüringer CDU, Christian Tischner, sagte trotz der Änderungsvorschläge, Thüringen falle in der Bildungspolitik immer weiter zurück und der Ramelow-Regierung fehle ein klares Konzept, das zu ändern. Die gut 800 im Portal der Landesregierung aufgeführten Stellen sind laut Tischner nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich liegt der Bedarf demnach bei rund 2.000 Pädagogen.

Die Thüringer FDP schlägt unter anderem attraktive Angebote für Lehrer vor, die vorzeitig in den Ruhestand wollen. Für sie könnte Teilzeit oder ein Aufgabenwechsel als Mentor für Lehramtsanwärter und Seiteneinsteiger attraktiv sein. Außerdem sollten für das Schuljahr 2023/2024 Berichts- und Dokumentationspflichten wegfallen, um mehr Zeit für das Unterrichten zu haben.

Lehrermangel, Unterrichtsausfall, Schulschließungen - noch nie wurde so viel über das deutsche Schulsystem debattiert wie in den vergangenen Wochen und Monaten. MDR-Reporterin Juliane Maier-Lorenz beleuchtet die Situation in ihrem Film:

Abiturientin Pia Roth (Mitte) an ihrem letzten Schultag am Johann-Gottfried-Seume-Gymnasium Vacha. Gemeinsam mit ihren Klassenkameraden feiert sie das Ende einer zwölfjährigen Schulzeit. 30 min
Abiturientin Pia Roth (Mitte) an ihrem letzten Schultag am Johann-Gottfried-Seume-Gymnasium Vacha. Gemeinsam mit ihren Klassenkameraden feiert sie das Ende einer zwölfjährigen Schulzeit. Bildrechte: MDR / Robert Löwig

MDR (som/dst)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 17. August 2023 | 15:00 Uhr

33 Kommentare

Sozialberuflerin vor 37 Wochen

Emlo
"Wer sagt denn, dass nur die Regierung sinnvolle Vorschläge machen darf."

Leider wurden Vorschläge von der Basis (sowohl Schulen bzw. Lehrkräften und auch Kitas bzw. Päd. Fachkräften) schon vor Jahren nicht ernst genommen!

Als um Arbeitsbedingungen gestreikt wurde (Personalschlüßel, Lehrstunden, Sanierungen, Betreuungsschlüßel... Etc) wurde nichts geändert

Im Gegenteil, unter gleichen widrigen Bedingungen wurden Inklusionskonpzepte und Flüchtlingsdebatten übergestülpt.

Bitte nicht falsch verstehen...
Alles ist aus meiner Sicht völlig richtig und menschlich unausweichlich.
Aber man hat Schulen und Betreuungseinrichtungen allein damit gelassen.

Es wurden sogar noch kleine Schulen geschlossen.

Als es in Streiks um Geld und "Regenerationstage" ging, war es auch ein bitterer Kampf, aber Schlußendlich ging das durch und die Basis "ruhig gestellt".
Arbeitsbedingungen, Personalmangel etc. sind geblieben!

Leider sprengt eine ausführliche Erklärung den Rahmen! Hoffe Sie verstehen!

maddin vor 37 Wochen

@Erfurter192
Stimmt, Lehrer müssen und sollten gar nicht verbeamtet sein. Aber es sind auch nicht alle Lehrer in Thüringen verbeamtet, diese Information sollte hier - wie so oft - nicht unter den Tisch fallen. Und das „exorbitant“ ist schon ein wenig übertrieben, das trifft wohl eher auf Politiker zu.

Sozialberuflerin vor 37 Wochen

Na hoffentlich nicht!
"Schönschreiben" und "eine Befreiung des Bildungssystem von Idiologieprojekten" (Zitat: Höcke) ist definitiv nicht der richtige Weg und eher und "ewig gestrig" zu verbuchen!

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