Der neue Landrat des Thüringer Kreis Sonneberg, Robert Sesselmann (AfD).
Robert Sesselmann von AfD wird künftig an der Spitze der Verwaltung des Landkreises Sonneberg stehen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Reaktionen Wie wollen andere Kommunalpolitiker mit dem ersten AfD-Landrat umgehen?

27. Juni 2023, 13:21 Uhr

Mit 52,8 Prozent der abgegebenen Stimmen ist Robert Sesselmann von der AfD am Sonntag zum neuen Landrat von Sonneberg gewählt worden. Spätestens seitdem wird in Deutschland über die Ergebnisse der Wahl und den Umgang mit einem AfD-Amtsträger diskutiert. Wie bewerten andere Kommunalpolitiker die Wahl?

Jan Bräuer
Bildrechte: MDR/Jan Bräuer

Heiko Voigt wird in Zukunft viel mit dem neuen Sonneberger AfD-Landrat Robert Sesselmann zu tun haben. Er ist Sonnebergs parteiloser Bürgermeister und sagt: "Das ist eine demokratische Wahl. Wenn man das nicht will, darf man nicht demokratisch wählen. Aber ich denke, wir sind uns einig, dass genau das nicht der Fall sein soll."

Bürgermeister Dr. Heiko Voigt (57) vor dem Rathaus
Sonnebergs Bürgermeister Heiko Voigt (pl) Bildrechte: IMAGO / Steve Bauerschmidt

Bürgermeister kritisiert Teile der Berichterstattung

Voigt kritisierte am Dienstag zudem in Teilen die überregionale Berichterstattung zur Landratswahl. Voigt sagte am Dienstag, er ärgere sich darüber, in welchem Licht Sonneberg nun dastehe. Von einer "ausgewogenen Berichterstattung" könne vor allem bei überregionalen Medien nicht die Rede sein. Sonnebergs Identität sei nicht braun, sondern stehe für Spielzeug, Weltoffenheit, Gastfreundlichkeit, Miteinander und kulturelle Vielfalt. Wer nicht nur oberflächlich und einseitig hinsehe, könne das auch erkennen.

Seiner Ansicht nach muss eine lebens- und liebenswerte Stadt momentan für bundespolitische Schwächen herhalten und werde zu Unrecht pauschal stigmatisiert. Sonneberg sei ein "innovativer Wirtschaftsstandort mit Zukunftspotenzial und ein familienfreundlicher Ort zum Niederlassen", so Voigt. Gleichzeitig machte sich der Bürgermeister in dem Schreiben für eine "konstruktive Sacharbeit" stark.

Präsidentin des Landkreistags gegen Ungleichbehandlung von Sesselmann

Der Wähler hat gesprochen - diese Einordnung ist am Montag nach der Wahl öfter bei der Einordnung der Resultate aus Sonneberg zu hören. Martina Schweinsburg ist Präsidentin des Thüringer Landkreistags und CDU-Landrätin in Greiz.

Sie meint: "Wenn der Bürger von seinem Wahlrecht Gebrauch macht und das Kreuz dort macht, wo er es für richtig hält und hinterher wird geschimpft, dann ist das in meinen Augen Wählerbeschimpfung und hat nichts mit dem Respekt vor dem Wähler zu tun." Man werde Robert Sesselmann im Landkreistag genauso empfangen wie alle anderen Landräte.

Ich werde mir aber mit Sicherheit nicht gefallen lassen, dass in irgendeiner Form AfD- oder Parteipositionen transportiert werden.

Werner Henning Landrat im Eichsfeld-Kreis (CDU)

Ähnliches ist zu hören aus Thüringens Norden, bei Werner Henning. Er ist seit 1994 Landrat im Kreis Eichsfeld. Der CDU-Politiker wird Robert Sesselmann zur Begrüßung natürlich die Hand geben: "Ich werde ihn als neuen Kollegen kennenlernen, ich kenne ihn bisher überhaupt nicht und ich werde mich auf meine Sachthemen konzentrieren, genauso wie ich das mit allen anderen Kollegen mache und bin gespannt, wie frei er sein wird. Ich werde mir aber mit Sicherheit nicht gefallen lassen, dass in irgendeiner Form AfD- oder Parteipositionen transportiert werden."

Werner Henning, CDU-Landrat im Landkreis Eichsfeld, in der Fakt ist! Sendung am 14.11.2022
Werner Henning, Landrat im Eichsfeld (CDU) Bildrechte: MDR FERNSEHEN

Unterschiedliche Meinungen bei Ursachenforschung

Andere Landräte wollen an diesem Montag zu ihrem Umgang mit dem künftigen Kollegen aus Sonneberg nichts sagen. Sie beschränken sich stattdessen auf Stellungnahmen zu den Ursachen für das Wahlergebnis. Petra Enders, parteilose Landrätin des Ilm-Kreises, sieht die Hauptschuld beispielsweise bei der Bundesregierung.

Sie sagt: "Die Sorgen und Ängste in der Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, zu denen der Landkreis Sonneberg gehört, werden schlichtweg ignoriert. Die Menschen fühlen sich ungehört und unverstanden."

Petra Enders
Petra Enders, Landrätin des Ilmkreises (pl) Bildrechte: IMAGO/ari

Werner Henning aus dem Eichsfeld nennt dagegen ein anderes Argument. Ihm zufolge mischt sich die Politik zu sehr ins Leben der Menschen ein: "Ich glaube, dass die Menschen wieder viel mehr sich selber erziehen und ihr Leben in die Hand nehmen müssen. Und sich nicht für allen Bereiche ihres Lebens Rezepte von parteipolitischen Strukturen erwarten sollten."

Das Gleiche wird in vielen anderen Gegenden auch passieren.

Heiko Voigt Bürgermeister in Sonneberg (pl)

Sonnebergs Bürgermeister Voigt blickt nach der Wahl im Kreis mit Sorgen auf die Kommunal- und Landtagswahlen im Frühjahr 2024. "Wir sind die ersten, die durch den Landrat eine kommunalgeprägte Wahl haben. Das Gleiche wird in vielen anderen Gegenden auch passieren." Schon im Januar lässt sich diese Vermutung überprüfen. Dann wählen die Menschen im Saale-Orla-Kreis einen neuen Landrat. Die AfD rechnet sich auch hier gute Chancen aus.

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MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL | 27. Juni 2023 | 08:10 Uhr

185 Kommentare

Wessi vor 44 Wochen

@ MalNachdenken ... auch hier falsch "interpretiert".Kommentare, im Bezug auf die Studie, des MDR.Mehr habe ich nicht gesagt.Ich verurteile Menschen nicht nach ihrer Herkunft.Für mich gilt, in Bezug auf Deutschland, aber Célan.Und es gilt auch: Nazis sind Feinde.Die kann, will und werde ich nicht verstehe.Zuhause habe ich gelernt: die deutsche Teilung ist gerecht, weil Deutschland den Krieg (nicht einmal erwähnt wurde die Ermordung von mind.der Hälfte der väterl. Familie) begonnen hat.Und..."eine Mauer im Kopf" angesichts der Tatsache, daß im Osten mit hohen Prozentzahlen Nazis Landrat werden DÜRFEN?Eine andere Kultur...mindestens das."Undankbar" bezog sich nicht auf Sie.Und noch einmal:"...Meinung ist Meinung, Kommentar ist Kommentar.Ich empfinde eben so!".London und Paris sind mir näher als Dresden.Und die Wahlergebnisse für Nazis im Osten bestätigen mir das.Sie lassen mir doch meine Empfindung?

Janes vor 44 Wochen

Och bitte Goldloeckchen....wenn wir jetzt linke mit rechten Straftaten wie im Kartenspiel miteinander aufwiegen werden sie haushoch verlieren. Selbst wenn wir bis zur RAF zurück gehen.

Nazis haben seit der Wende über 190 Morde verübt....und der Mensch kommt mit dem Fall Lina S um die Ecke. Lächerlich.

Janes vor 44 Wochen

@Goldloeckchen: Erstens geht es hierbei um die Verunglimpfung einer einzelnen Person! Die Ereignisse aus den Jahren 1968/1933 usw sind umfassende Geschichtshistorische Geschehnisse mit weitreichender Tragweite. Gewaltiger Unterschied!

Und Zweitens klingt es fast so, als wollten sie hier diese geschichtlichen Ereignisse mit historischer Tragweite verharmlosen.....
Ich sage mal: Vorsticht!

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