Blick auf die verschneiten Hänge rund um Gehlberg aus der Luft.
Suhl ist von Bergen und Hügeln umgeben. Bildrechte: imago/Karina Hessland

Der Redakteur | 30.05.2024 Fehlen in Suhl die Mess-Stationen für gute Wettervorhersagen?

30. Mai 2024, 15:09 Uhr

Für Suhl stimmt häufig die Wettervorhersage nicht. Für Wilde Taube auch nicht. Ist das ein Fehler im System? Thüringen ist voller Regionen, deren lokale Eigenschaften verlässliche Prognosen erschweren.

Es sind die Berge und Täler, die den Meteorologen die Wettervorhersagen nicht gerade erleichtern. Thüringen ist voll davon. Dazu kommen noch Wasserläufe und große Talsperren - und am Ende bleibt die Wolke doch hängen oder regnet sich zehn Kilometer neben dem Prognosegebiet ab.

Bei aller Perfektionierung der Wettervorhersagen bleibt immer eine Restunsicherheit. Der Vermutung, es könnte an fehlenden Wetterstationen liegen, widerspricht aber Henry Geyer, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Leipzig. Die Wetterstationen würden nur einen sehr kleinen Teil der Daten für die Prognosen liefern.

Diese speisen sich mehrheitlich aus den Daten von Satelliten, Wetterballons, großen Beobachtungsstationen und Flugzeugen. Denn große Wettergebiete entstehen nicht lokal. Das große Regengebiet vom ersten Juni-Wochenende würde von einer Suhler Station quasi erst erkannt, wenn es da ist. Es stand aber schon unter Beobachtung, als es sich Tage zuvor aus dem Mittelmeer das Wasser saugte.

Logo MDR 9 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
9 min

Die Wetterlage am ersten Juni-Wochenende sieht nicht schön aus für Thüringen, sagt Henry Geyer. Der Diplom-Meteorologe beim DWD erklärt, wie eine Wetterprognose entsteht.

MDR THÜRINGEN - Das Radio Do 30.05.2024 16:40Uhr 09:17 min

https://www.mdr.de/mdr-thueringen/audio-dwd-wetterprognose-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Was macht Suhl wettertechnisch so besonders?

Die Stadt ist wegen der großen Höhenunterschiede ein Sonderfall, die Stadtteile in Gipfellage haben eher das Bergwetter, das in den Wetterberichten zum Beispiel unter "in den Kammlagen Nachtfrost" läuft, während die Innenstadt durch die Tallage wenige Kilometer entfernt ein ganz anderes Wetter haben kann. Nicht immer wärmeres übrigens. Auch der umgekehrte Fall ist nicht so selten, dass eben die kalte Luft ins Tal rutscht und dort hängenbleibt.

Je nach Windrichtung können Täler kalte Luft ansaugen. Da gibt es lokal sehr spezielle, unterschiedliche Bedingungen.

Henry Geyer, Diplom-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst

Auch in Regionen mit Regenschattenbereichen entscheiden wenige Kilometer darüber, wo es genau regnet oder eben nicht. Im Radio oder im Fernsehen jede lokale Besonderheit in Thüringen abzubilden, dafür reicht die Sendezeit nicht.

Eine "Dauerdatensendung" unzähliger Zahlen ist ohnehin für keinen Hörer erfassbar oder hörenswert. Nach drei Werten ist die durchschnittliche Aufnahmefähigkeit des menschlichen Gehirns in der Regel erreicht. Gerade bei dem "Nebenbei-Medium" Radio. Es ist deshalb immer nur eine "Großraum"-Aussage möglich.

Wer es genauer wissen möchte: In der MDR THÜRINGEN-App, rechts unter "Service" sind lokalere Informationen verfügbar.

Wieso messe ich etwas anders als die Wetterstation um die Ecke?

Die offiziellen Messstationen des DWD und anderer Anbieter oder Institutionen sind nach Normen und Regeln aufgestellt. Sie haben auch ganz unterschiedliche Funktionen. Zum Beispiel gehören die "Suhler" Messstationen Albrechtsgraben, Haseltalbrücke und Dreieck Suhl zu dem Messnetz, das wichtige Daten für die Autobahnen A71 und A73 liefert, Stichwort Frostgefahr oder Aquaplaning.

Wer an seinem heimischen Fenster-Thermometer die Temperaturen abliest, muss zwangsläufig Abweichungen zu offiziellen Messungen des DWD haben. Denn schon die banalen, aber wärmespeichernden Hausmauern sind Störfaktoren, die der Deutsche Wetterdienst bei seinen Aufstellorten ausschließt.

Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes
So sieht eine Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes aus. Bildrechte: IMAGO / blickwinkel

Zudem messen die DWD-Wetterstationen die Lufttemperaturen in zwei Metern Höhe und nicht an einem Küchenfenster, das mal im Erdgeschoss und mal im dritten Stock hängt. Auch soll nicht die Wandtemperatur gemessen werden, sondern die der Luft. Denn für eine fachlich korrekte Auswertung ist Vergleichbarkeit wichtig.

Da gibt es an Sommertagen durchaus fünf bis zehn Grad Unterschied zwischen unseren Wetterstationen und einer privaten Wetterstation im Stadtgebiet.

Henry Geyer, Diplom-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst

Wenn nicht alle Wetterstationen eines Systems nach vergleichbaren Regeln arbeiten, sind auch die Daten nicht vergleichbar. Wetter ist hohe Wissenschaft und hohe Mathematik, unterliegt aber leider auch unberechenbaren Einflüssen. Und trotzdem: Wer dazu beitragen möchte, dass auch die Wetterdaten seines kleinen Ortes im Radio vorkommen, kann gern Wettermelder von MDR THÜRINGEN werden.

MDR (dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 30. Mai 2024 | 16:40 Uhr

5 Kommentare

Sascha vor 28 Wochen

Es könnten doch auch private Wetterstationen eingebunden werden. Zum Beispiel über das Östereichische Wetternetzwerk AWEKS bei dem viele Wetterstationen aus Thüringen ihre Daten dort hin senden. Diese gelten auch als sehr zuverlässig,da auf korrekte Daten überprüft wird. Aber der Wetterdienst hat recht es ist für einige Regionen schwierig genaue Vorhersagen zu treffen.

Heinrich R. vor 28 Wochen

Ich habe noch zu Zeiten "gedient", als auserwählte Minister festlegten, wann Frühling bzw. Sommer war. (Wer sich erinnert: ab 1.März keine Pelzmütze mehr; ab 1.Mai Uniformbluse möglich).
ABER: Ausnahme Suhl.
Die, die auf dem Schneekopf Dienst versahen, hatten bis Ende März Winter.

Sascha vor 27 Wochen

Schön umschrieben 😉

Mehr aus der Region Suhl - Schmalkalden - Meiningen

Kultur

Blick auf eine aktuellen Zeitung und in die neu eröffnete Ausstellung "Perspektivwechsel Erstaufnahme" im Community Art Center in Suhl.
In der aktuellen Zeitung und der neu eröffneten Ausstellung "Perspektivwechsel Erstaufnahme" kommen Anwohnerinnen und Anwohner sowie Flüchtlinge zur Erstaufnahme auf dem Friedberg zu Wort. Bildrechte: MDR / Lisa Wudy

Mehr aus Thüringen