Biermarkt Oettinger will Brauerei Gotha schließen: 200 Jobs gefährdet

08. Juni 2022, 15:28 Uhr

Die Oettinger Brauerei will die Produktion am Standort Gotha einstellen. 200 Arbeitsplätze würden wegfallen. Die Belegschaft wurde am Mittwochmittag informiert. Ministerpräsident Bodo Ramelow spricht von einem Skandal.

Die Brauereigruppe Oettinger mit Sitz in der gleichnamigen Kleinstadt in Schwaben will ihre Braustätte in Gotha schließen. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, wird die Produktion auf die drei anderen Braustätten Braunschweig, Mönchengladbach und Oettingen verteilt.

Zur Begründung wurde lediglich auf eine "negative Entwicklung des Absatzvolumens im Biermarkt" verwiesen. Nach Angaben der Gewerkschaft NGG sollen in Gotha von aktuell 220 Mitarbeitern nur 24 ihre Stelle behalten.

Im Vorjahr noch Millionen-Investition in Gotha

Oettinger hat seit mehr als 30 Jahren in Gotha Bier gebraut. Erst im vorigen Jahr hatte der Konzern nach eigenen Angaben gut 2,5 Millionen Euro in die Modernisierung gesteckt. Die Logistik der Dosenanlage war verbessert und Lagerhallen saniert worden.

Pro Jahr verlassen etwa 1,4 Millionen Hektoliter die Brauerei. Davon sind gut 40 Prozent Pils-Biere, 20 Prozent Export-Biere, 20 Prozent Weizen-Biere sowie 20 Prozent Biermixe, alkoholfreie Biere und Softdrinks. Auch an anderen Standorten von Oettinger soll vor allem die Mehrweg-Produktion offenbar stark verringert werden.

Ramelow spricht von "Skandal"

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach bei Twitter von einem unglaublichen Skandal. Oettinger sei eine gut geführte Firma mit über 220 tariflich bezahlten guten Arbeitsplätzen, wirtschaftlich solide mit schwarzen Zahlen und auf Mehrweg-Basis. Nun wolle man mit Einweg mehr Rendite erwirtschaften und den Betrieb und die Umwelt zerstören, schrieb er.

Landrat: Größter Biersteuerzahler Thüringens

Der Gothaer Landrat Onno Eckert (SPD) kritisierte die Schließung als Schlag in die Magengrube der Beschäftigten und der Region. Er forderte die Brauerei auf, eine andere Lösung zu finden oder den Standort schnell an einen anderen Partner abzugeben. Dabei müssten die Thüringer Markenrechte für Gotha gesichert werden. Oettinger ist laut Eckert der größte Biersteuerzahler in Thüringen.

Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) sprach von einem herben Tiefschlag, den er erstmal verdauen müsse. Es dürfe nicht der modernste Braustandort Thüringens geopfert werden, auch wenn der Marktanteil hier nur bei zwei Prozent liege. Dafür werde das Bier in 99 Länder weltweit exportiert, so Kreuch.

Gewerkschaft kritisiert Schließung als nicht nachvollziehbar

Auch die Gewerkschaft NGG kritisierte die Schließung. Die Oettinger Brauerei sei wettbewerbsfähig, die Schließung deshalb nicht nachvollziehbar. Zudem sei es ökologisch schädlich, mehr Bier in Dosen anstelle von Pfandflaschen zu verkaufen.

Ähnlich äußerte sich die Linksfraktion im Thüringer Landtag. Die angekündigte Schließung sei weder wirtschaftlich, umweltpolitisch oder aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt, sagte der Gothaer Landtagsabgeordnete Sascha Bilay. Seinen Angaben nach arbeitet der Standort profitabel.

Die Oettinger Brauerei Die Marke Oettinger ist die zweitgrößte Biermarke in Deutschland nach Krombacher. Zum Familienunternehmen gehören mehrere Braustandorte: Braunschweig, Mönchengladbach, Oettingen und Gotha.

MDR (JH/flog/rom/dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 08. Juni 2022 | 19:00 Uhr

29 Kommentare

camper21 am 10.06.2022

Seit 10 Jahren kommt dieser Standort in Gotha nicht in die schwarzen Zahlen, seit 10 Jahren macht er Verluste und andere Standorte gleichen die Defizite aus. Wen wundert es da, wenn der Standort geschlossen wird. Und wenn wir ein Nachunternehmen möchten, dass sich regional Verbunden fühlt, sollten wir uns erst einmal an die eigene Nase fassen und auch mal unsere einheimischen Biere trinken. Es gibt ja kaum Gaststätten oder Hotels die keine Werbung für Biere aus anderen Bundesländern machen.

Harka2 am 09.06.2022

Und wo steht Nokia heute? Der einstige Marktführer für Handys ist praktisch vom Markt verschwunden. 2012 wurde das Werk in Rumänien wegen massiver Steuerschulden beschlagnahmt und existiert heute nicht mehr. Der Markenname Nokia wird heute für Netzwerktechnik der Firma HMD Global verwendet, die nur wenigen Fachleuten bekannt sein dürfte. Der einstige Branchenprimius ist heute nicht viel mehr als ein Firmenname und beliefert keine Privatkunden mehr. Mircosoft hat schon vor langer Zeit die Zusammenarbeit aufgekündigt und sich aus dem Handymarkt zurückgezogen. Heute werden nur noch ein paar Retrohandys in Vietnam unter der Marke Nokia produziert.

Tamico161 am 09.06.2022

Also für die Inflationsrate kann der Herr R. nur sehr wenig! Dafür ist einzig und allein 16 Jahre Merkel und ab letzten Herbst unsere (H)Ampel Koalition verantwortlich!

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