Vor Frankfurter Buchmesse Verlage in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen fordern Hilfe
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13. Oktober 2023, 10:15 Uhr
Kommende Woche beginnt die Frankfurter Buchmesse – das weltgrößte Branchentreffen. Auch Verlage aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden dort sein. Doch sie leiden derzeit unter Kostendruck und sparsamen Kunden. Welche Strategien haben die mitteldeutschen Verlage in diesen schwierigen Zeiten?
- Viele kleinere Verlage in Mitteldeutschland stecken nach wie vor in der Krise – vor allem in Thüringen.
- Neben dem Kostendruck merken viele Buchhändler auch, dass die Leser öfter sparen müssen.
- Verlage und der Börsenverein des deutschen Buchhandels fordern Hilfe seitens der Politik.
Die Buchbranche in Mitteldeutschland steckt weiterhin in der Krise. Steigende Produktions-, Vertriebs- und Papierkosten sowie Kaufzurückhaltung machten den größtenteils unabhängigen Verlagen hierzulande zu schaffen, teilt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf Anfrage von MDR KULTUR mit. "Das Papier, die Distribution, die Logistik sind teurer. Alles muss im Prinzip höher bezahlt werden", so Heike Haupt, Landesgeschäftführerin für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Lage in Thüringen besonders schwierig
Das Problem gestiegener Preise macht sich laut Haupt besonders bei Verlagshäusern in Mitteldeutschland bemerkbar. Denn die meisten der 244 Verlage seien hier klein und unabhängig - ohne dickes Finanzpolster. Auch Steffen Knabe vom traditionsreichen Knabe Verlag in Weimar sah sich im Sommer gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen:
Ich habe das erste Mal, seitdem ich den Verlag habe, den Buchpreis geändert.
So kosten Knabes Reprints der Jugendbücher statt sieben bis neun Euro jetzt alle glatt zehn Euro. Er sei mittlerweile sind einem so kritischen Punkt angekommen, dass die einzige Alternative zur Preiserhöhung sei, zu schließen, so der Verleger bei MDR KULTUR.
Die Thüringer Verlegerin Jeannette Bauroth vom Second Chances Verlag sieht außerdem die literarische Vielfalt in Buchhandlungen in Gefahr. Sie fordert von Leserinnen und Lesern mehr Mut beim Kauf: "Jedes Buch, das in einem kleinen Verlag erscheint, ist ein Spitzentitel für diesen Verlag." Kleine Verlage würden ihr Programm sehr sorgfältig auswählen, denn sie könnten sich keinen Flop leisten.
Bauroth hat sich mit ihrem Verlag darauf spezialisiert, vorzeitig abgebrochene Buchreihen weiterzuführen. Sie kann auf eine treue Stammkundschaft zurückgreifen. Angesichts der angespannten Marktlage muss aber auch ihr Verlag das Tempo rausnehmen.
Auch die Leser müssen sparen
Doch nicht nur die steigenden Preise für die Herstellung von Büchern sind ein Problem. Heike Haupt von der mitteldeutschen Sektion des Börsenvereins des deutschen Buchhandels spricht bei MDR KULTUR von "Kaufzurückhaltung bei den Konsumenten". Jens Korch vom Chemnitzer Verlag Edition Wannenbuch berichtet, er habe gehört, Bücher seien "ein nice to have, aber kein must-have." Bei vielen Menschen fällt beim beim täglichen Sparen das Buch hinten runter.
Um die Preise niedrig zu halten, hat Korch im Frühjahr 2020 das Verlagsnetzwerk "Schöne Bücher" gegründet. Inzwischen beteiligen sich 100 unabhängige Verlage daran. Die Verlage des Netzwerks hätten gemeinsam eine höhere Sichtbarkeit, so der Chemnitzer Verleger. Außerdem könnten sie ihre Produktions- und Vertriebskosten bündeln. Im Herbstprogramm erscheint die Reihe "Schöne Bücher Bibliothek", in der zehn Verlage jeweils ein Buch veröffentlichen. Damit sind sie auch bei der Frankfurter Buchmesse vertreten.
Politik soll Verlage besser fördern
Von der Politik erhoffen sich die befragten Verlage in Mitteldeutschland und auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels weiterhin eine strukturelle Verlagsförderung – ähnlich wie es sie in der Schweiz bereits gibt, um jährlich gezielt Projekte oder Titel zu unterstützen. "Es würde kleine, inhabergeführte Verlage auf jeden Fall unterstützen, wenn sie im Jahr ein bis zwei Projekte gefördert bekommen würden", sagt Haupt vom Börsenverein. Wenn beispielsweise die Herstellungskosten gestellt würden, wäre das ein Beitrag zur Vielfalt der Titelproduktionen.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung gebe es dazu bisher lediglich einen Prüfauftrag. Auf eine aktuelle Anfrage des Branchenblatts "Buchreport" hieß es aus der Behörde von Kulturstaatsministerin Claudia Roth: Man prüfe derzeit mit den Ländern eine Förderung unabhängiger Verlage, um die kulturelle Vielfalt auf dem Buchmarkt zu sichern.
Quelle: MDR KULTUR, dpa, Börsenverein des deutschen Buchhandels
Redaktionelle Bearbeitung: vp, bh
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 13. Oktober 2023 | 08:40 Uhr