Eine Frau kratzt sich am Ellbogen
Wer wild kratzt, kann so Keimen durch Wunden die Tür öffnen. Bildrechte: Colourbox.de

Nicht kratzen! Was hilft gegen Juckreiz?

03. Mai 2024, 09:49 Uhr

Ein Mückenstich, trockene Winterhaut oder ungebetener Besuch von Läusen sind typische Ursachen für Juckreiz. Meist sind sie schnell behoben. Anders ist das bei chronischem Juckreiz. Der Leidensdruck ist hier extrem hoch. Ursache können nicht nur Hautprobleme, sondern auch innere Erkrankungen sein.

Chronischer Juckreiz kann genauso quälend werden wie chronischer Schmerz. Manche sprechen bei chronischem Juckreiz sogar vom "Bruder des Schmerzes". Denn genau wie beim chronischen Schmerz kann sich Juckreiz verselbstständigen und anhalten, auch wenn die eigentliche Ursache behoben ist.

"Juckreiz ist eins der häufigsten Symptome in der Dermatologie. Die Patienten, die zu uns kommen, haben oft eine lange Odyssee hinter sich und schon alle möglichen Therapien ausprobiert" sagt die Hautärztin. Sie ist Chefärztin am Fachkrankenhaus für Dermatologie im thüringischen Leutenberg.

Ein Symptom, viele Ursachen

Mögliche Ursache Hauterkrankungen

An der Spezialklinik auf Schloss Friedensburg wird gezielt nach den Ursachen gesucht. Und die können sehr unterschiedlich sein. "Das sind einerseits typische Hauterkrankungen wie Neurodermitis, allergische Ekzeme oder eine Pilzerkrankung", erklärt Silke Herold.

Innere Erkrankung als Auslöser

Juckreiz kann ebenso ein Symptom für eine innere Erkrankung sein. Dazu zählen Diabetes und Nierenerkrankungen, auch ein Eisenmangel oder bestimmte Krebserkrankungen können Juckreiz verursachen.

Nebenwirkung von Medikamenten

Auch einige Medikamente bringen als Nebenwirkung Juckreiz mit sich. "Deswegen gilt es eine gründliche Diagnostik zu machen, wenn Patienten über Juckreiz klagen", so Silke Herold. Wichtig sei es herauszufinden, wann genau der Juckreiz auftritt, wo und wie häufig. Der Arzt oder die Ärztin müsse also genau fragen und zuhören.

Ursache bestimmt Therapie

Je nachdem, was den Juckreiz verursacht, fällt die Behandlung dann recht unterschiedlich aus. Bei einer Neurodermitis kann eine Ernährungsumstellung und die Vermeidung allergieauslösender Faktoren helfen.

Bei langanhaltendem Juckreiz nach einer Gürtelroseinfektion wird beispielsweise hochdosiertes Vitamin B12 verabreicht, damit sich die irritierten Nervenbahnen wieder regenerieren können.

Verursacht eine Erkrankung der inneren Organe den Juckreiz, muss in erster Linie diese Grunderkrankung behandelt werden.

Was bringt der Einsatz von Kortison?

Die Klinik auf Schloss Friedensburg geht einen etwas anderen Weg als andere Kliniken. "Die Patienten sind oft drei Wochen bei uns. Wir haben ein besonderes Behandlungskonzept und verbinden schulmedizinische und naturheilkundliche Ansätze", erklärt Silke Herold. Grundsätzlich wird dabei ohne Kortison behandelt, sonst eine "Allzweckwaffe" gegen Juckreiz. "Mit Kortison unterdrückt man nur das Symptom, ist aber noch lange nicht an der Ursache dran", begründet das die Dermatologin.

Warum juckt es häufig nachts?

Auffällig ist, dass sich Betroffene vor allem im Schlaf aufkratzen. "Juckreiz in der Nacht ist ganz häufig und typisch", so Silke Herold. Das liege daran, dass in der Nacht der Cortisolwert im Körper auf den niedrigsten Stand sinkt. Cortisol ist ein körpereigener Entzündungshemmer, der in der Nebenniere produziert wird und den Juckreiz hemmt. "Morgens zwischen fünf und neun Uhr produziert die Nebenniere das meiste Cortisol. Deswegen hat man tagsüber mehr Ruhe".

Kneifen besser als Kratzen!

Dem Juckreiz nachzugeben und zu kratzen, ist definitiv keine gute Idee. "Kratzen verletzt die Haut, lässt Keime eindringen und ist hier immer ein wieder neues Entzündungssignal", sagt Silke Herold. Sich zu kratzen, wenn es juckt, ist also keine gute Idee. Besser sei beispielsweise der Trick mit einem Igelball über die Haut zu rollen, weil die Haut dabei intakt bleibt. Auch Kneifen ist besser als Kratzen. Feucht-kalte Umschläge sind ebenfalls eine gute Erste Hilfe-Maßnahme. Vielfach bewährt haben sich auch gezielte Entspannungsübungen aus dem autogenen Training oder der progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen.

Chronischer Juckreiz Pruritus nennen Mediziner chronischen Juckreiz, der länger als sechs Wochen anhält. Mittlerweile gibt es auch spezielle Juckreiz-Ambulanzen. Diese sind vorwiegend an Unikliniken zu finden.

Das können Sie selbst gegen Juckreiz tun

  • Kühlen

Kühlen stillt den Juckreiz. Eis-Pads helfen jedoch nur kurzfristig, da sich die Gefäße wieder weiten, sobald man den Kühlakku entfernt. Besser sind hier kühle, feuchte Umschläge. Sie lindern den Juckreiz kontinuierlich.

  • Eincremen

Sensible Haut braucht Feuchtigkeit. Doch handelsübliche Cremes sind bei Problemhaut oft keine gute Idee. Sie enthalten meist zu viele Duft- und Konservierungsstoffe, die Juckreiz auslösen können. Besser sind reine Naturprodukte wie Mandelöl, Kokosöl oder Kakaobutter, die möglichst unmittelbar nach dem Waschen auf die noch feuchte Haut aufgetragen werden sollten. Hier muss jeder sein eigenes Mittel finden. Denn wer beispielsweise auf Gräser allergisch ist, kann von Mandelöl Probleme bekommen, da es hier Kreuzallergien gibt.

  • Kleidung

Gereizte Haut verträgt oft keine raue Wolle oder Seide. Mit nicht so eng anliegender Baumwollkleidung kommen viele am besten klar. Nachts können Baumwollhandschuhe helfen, damit man sich nicht unbewusst aufkratzt.

  • Ablenkung

Erlernen Sie Strategien zur Ablenkung. Das können Entspannungstechniken, Meditation oder autogenes Training sein. Kurzfristig hilft es auch, sich eher mit einem Sofakissen zu kratzen oder an einem anderen Gegenstand "abzureagieren".

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 03. März 2022 | 21:00 Uhr

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