Eine Bronzestatue der römischen Göttin Justitia mit Waage und Richtschwert in der Hand 3 min
Audio: Die Urteile der Woche vom 9. Dezember 2023 Bildrechte: picture alliance / dpa | Arne Dedert

Urteile der Woche Eltern dürfen nicht eigenständig das Geschlecht ihres Kindes festlegen

09. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Eltern dürfen nicht eigenständig das Geschlecht ihres Neugeborenen festlegen

Oberlandesgericht München (Az.: 31 Wx 210/23)

Die Schmidts* sind frisch gebackene Eltern. Ihr Sprössling ist im Rahmen einer Hausgeburt zur Welt gekommen und so gibt es zunächst keine ärztlichen Unterlagen. Mutter und Vater des Säuglings möchten eine Geschlechtszuordnung vermeiden und lassen deshalb von der Hebamme in entsprechende Formulare beim Punkt Geschlecht "ohne" ankreuzen. Nicht ausdrücklich vermerkt ist, ob eine Zuordnung zu männlich oder weiblich unmöglich sei. Das ist aber genau der entscheidende Punkt. Das Elternpaar will erreichen, dass das Standesamt das neugeborene Kind ohne Geschlecht im Geburtsregister einträgt. Nach Personenstandsgesetz ist das – wie auch der Eintrag "divers" – grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass das Kind keinem Geschlecht zugeordnet werden kann.

Die Schmidts klagen vor dem Oberlandesgericht München. Das lehnt aber die Eintragung "ohne Geschlecht" ab: "Eltern sind weder die Hüter der geschlechtlichen Identität ihres Neugeborenen noch dürfen sie den Eintrag im Geburtsregister für eine spätere Entscheidung des Kindes freihalten. Da der Säugling selbst noch keine Vorstellung hat, ist sein körperliches Geschlecht einzutragen."

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Autofahrerin muss Schaden am Fahrzeug durch Garagentor selber zahlen

Amtsgericht München (Az.: 1290 C 17690/22)

Paula Porsche* ist glückliche Besitzerin eines Sportwagens. Mit ihrem Flitzer will sie aus ihrer Tiefgarage fahren. Doch dabei kracht es. Grund: Das Rolltor ist auf den Wagen gefallen und hat erheblichen Sachschaden verursacht. Die Reparaturkosten von knapp 9.000 Euro möchte sie nun als Schadensersatz von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen. Paula Porsche schildert den Vorfall vor Gericht. Sie habe zunächst von innen das Tor mit ihrem Sensorschlüssel geöffnet. Als die Ampel auf Grün gewechselt ist, sei sie die Ausfahrtsrampe hinaufgefahren. Im Bereich des Rolltors ist ihr dieses dann plötzlich und völlig unerwartet auf das Dach ihres Fahrzeugs gekracht.

Problem vor dem Amtsgericht München: Sie kann es nicht beweisen und so lehnen die Richter einen Schadensersatzanspruch ab. "Die Beweislage zeigt weder, dass das schädigende Ereignis durch das Versagen der Haltevorrichtung, noch durch einen Ausfall des Sicherheitssystems des Tores verursacht worden ist", so das Gericht. Die Reparatur muss Paula Porsche selbst zahlen.

Ein Garagentor neben einer gelben Hauswand. 3 min
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Isolation von Hochhauskomplex wegen Coronafällen war rechtswidrig

Verwaltungsgericht Göttingen (Az.: 4 A 212/20)

Im dritten Fall gibt es einen juristischen Nachklapp zu Corona-Maßnahmen. Die Stadt Göttingen hatte im Juni 2020 die Hochhäuser mit rund 700 Bewohnern wegen einer Vielzahl von Coronafällen eine Woche lang unter Quarantäne gestellt. Die Bewohner durften die Gebäude nicht verlassen, gleichzeitig durfte niemand hinein. Das Gelände wurde von der Polizei abgesperrt. Gegen diese Maßnahmen klagt Familie Krone*. Alle vier Krones waren nämlich corona-negativ und fühlten sich von den Maßnahmen diskriminiert.

Vor dem Verwaltungsgericht Göttingen bekommen sie Recht: "Die Isolation des kompletten Hochhauses stellt einen Verstoß gegen die Grundrechte auf Freiheit der Person und der freien Entfaltung der Persönlichkeit dar. Das Aufstellen eines Bauzauns und die Absicherung durch die Polizei sind rechtswidrig. Die Maßnahmen sind nicht durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt."

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 09. Dezember 2023 | 06:26 Uhr

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