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Audio: Die Urteile der Woche zum Nachhören. Bildrechte: IMAGO / avanti

Urteile der Woche Polizist muss für Schäden am Polizeifahrzeug aufkommen

08. Juni 2024, 05:00 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Polizist muss für Schäden am Polizeifahrzeug aufkommen

Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 5 K 65/21)

Polizeikommissar Furkan Funk* ist mit dem Streifenwagen in Berlin unterwegs. Über die Zentrale bekommt er den Auftrag, zu einem so wörtlich "gegenwärtig stattfindenden Einbruch" zu fahren. Er tritt aufs Gas und rast mit über 90 km/h durch die Straßen. Dabei übersieht Herr Funk einen anderen Pkw und es kracht. Beide Fahrzeuge sind erheblich beschädigt. Für die Hälfte des Schadens am Einsatzfahrzeug soll der Polizeikommissar selbst aufkommen. Er habe grob fahrlässig gegen seine dienstlichen Sorgfaltspflichten verstoßen, heißt es vom Polizeipräsidenten. Dagegen klagt Funk. Schließlich sei besondere Eile geboten gewesen.

Das Verwaltungsgericht Berlin weist die Klage ab. "Der Polizeikommissar hat die ihm aus der Straßenverkehrsordnung obliegenden Pflichten grob fahrlässig verletzt. Auch bei einer Inanspruchnahme von Sonderrechten darf die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur missachtet werden, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur dadurch verursachten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht." Der Polizeikommissar muss anteilig für den entstandenen Schaden am Dienstfahrzeug zahlen.


Urlaub während Corona-Quarantäne kann nicht nachgeholt werden

Bundesarbeitsgericht Erfurt (9 AZR 76/22)

Im nächsten Fall geht es um Urlaubsansprüche aus der Corona-Zeit. Es ist 2020 und Reimund Reiser* hat für den Herbst Urlaub beantragt. Der angestellte Schlosser kommt kurz vorher allerdings in Kontakt mit einem Corona-Infizierten und wird vom zuständigen Gesundheitsamt vorsorglich in häusliche Quarantäne geschickt. Acht Tage seines Urlaubs verbringt Reiser daheim, obwohl er gesund ist. Den Urlaub will er später nachholen und beantragt die Gutschrift auf sein Arbeitszeitkonto. Das verweigert ihm sein Arbeitgeber. Der hat das entsprechende Urlaubsgeld zudem schon ausgezahlt.

Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem und ähnlichen Fällen nun wie folgt entschieden: "Wenn der Urlaub beantragt und vom Arbeitgeber bewilligt ist, trägt der Arbeitnehmer das Risiko. Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer keinen Urlaubserfolg im Sinne eines Erholungseffekts."

Der Schlosser kann den Urlaub also nicht nachholen. Das gilt aber nur für die Zeit vor September 2022. Seither gilt die Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes und damit: Angeordnete Quarantänezeiten dürfen nicht auf den Urlaub angerechnet werden.


Keine Vorkasse bei Onlinebestellung, wenn kein Kaufvertrag zustande kommt

Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 3 U 1594/23)

Dürfen Discounter von Kunden verlangen, bei Onlineverkäufen in Vorkasse zu gehen? Darum geht es in einem Rechtsstreit gegen den Discounter Netto. Der bietet auf seiner Internetseite hochpreisige Waren an – etwa eine Sauna im Wert von 1.600 Euro. Will man diese kaufen, so ist es bislang möglich gewesen, als Zahlungsmittel "Vorkasse" zu wählen. Der Rechnungsbetrag muss dann innerhalb von sieben Tagen beglichen werden. Allerdings steht in den AGB des Händlers, ein Kaufvertrag komme erst zustande mit der Zustellung der Ware. Die Verbraucherzentrale sieht hier einen Nachteil für Kunden, die ohne Ersatzansprüche über längere Zeit Geld entbehren müssten.

Die Sache landet vor dem Oberlandesgericht Nürnberg und das kassiert die Regelung des Discounters. "Kunden müssen das gezahlte Geld über einen längeren Zeitraum entbehren, ohne sicher zu sein, dass die Ware geliefert wird. Käufer sind so im Hinblick auf ihre Erfüllungs- und Ersatzansprüche weitgehend schutzlos gestellt." Netto-online muss deshalb seine AGB abändern.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. Juni 2024 | 06:00 Uhr

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