Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit im Landtag Botschafter Podivínský: "Zusammensein ist das Gebot der Stunde"

05. Oktober 2018, 17:04 Uhr

Mit einer Feierstunde hat der Sächsische Landtag an die Errungenschaften der Deutschen Wiedervereinigung erinnert. Festredner Tomáš Jan Podivínský rief die Deutschen auf, weiter an der Einheit zu arbeiten. Am Nachmittag öffnet sich der Landtag für einen Tag der offenen Tür.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat an den Anstand der Sachsen appelliert, Ausfälle und Attacken gegen ausländische Mitbürger nicht zuzulassen. Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit seien die größten Gefahren für die Demokratie, sagte Kretschmer am Mittwoch im Sächsischen Landtag während einer Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit. Dem müssten nicht nur Polizei und Rechtsstaat entschieden entgegentreten, sondern jeder für sich in seinem eigenen Lebensumfeld.

Wenn ein ausländischer Mitbürger in einem Bus oder einer Straßenbahn oder auf der Straße angegriffen wird und beschimpft wird, dann ist das einmal die Frage von Haltung und von Anstand, und auch die Frage, ob man dieses Unrecht zulässt. Aber es ist auch eine Frage: Wie sind wir alle miteinander Vorbild für die jungen Leute in diesem Land?

Michael Kretschmer Ministerpräsident Sachsen

Kretschmer wirbt für weltoffenes Sachsen 

In den vergangenen 28 Jahren sei viel erreicht worden, so Kretschmer. Man könne mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Aber: "Wenn wir wachsen wollen, müssen wir offen sein für neue Menschen die zu uns kommen, für Fachkräfte und für Zuwanderer. Und deswegen ist es wichtig, dass in diesem Land, in diesem Freistaat Sachsen, eine positive, weltoffene und auch freundliche Stimmung gegenüber Menschen aus anderen Regionen herrscht", so der Ministerpräsident.

Rößler attestiert Sachsen einen wirksamen Rechtsstaat

Landtagspräsident Matthias Rößler kritisierte unterdessen "selbstgerechte Pauschalurteile" über das Bundesland Sachsen und die Stadt Chemnitz. Es grassiere eine undifferenzierte Kritik, die der Demokratie schade. "Und wissen wir nicht um die Verwundbarkeit der Demokratie?", fragte Rößler. Er attestierte dem Freistaat Sachsen ein "modernes, demokratisches Gemeinwesen und einen wirksamen Rechtsstaat" und warnte davor, schnell von einem Scheitern des Rechtsstaates zu sprechen, "wenn man etwas schief läuft."

Demokratie ist nicht selbstverständlich und Selbstzufriedenheit ist ihr eine Gefahr. Das gilt für Regierungen, die sich eben nicht dem Stillstand oder der Diskussion über Belanglosigkeiten hingeben dürfen. Das gilt für die Opposition, die immer versucht sein sollte, realistische politische Angebote zu unterbreiten. Und das gilt auch für die Bürgergesellschaft, die widerstehen muss, selbst passiv zu sein, während sie alle möglichen Erwartungen in Politik setzt.

Matthias Rößler Landtagspräsident Sachsen

Botschafter: Von deutscher Einheit haben Ost und West profitiert

Festredner war in diesem Jahr der tschechische Botschafter in Deutschland, Tomáš Jan Podivínský. Er erinnerte einleitend an die im Jubel der 5.000 DDR-Bürger untergehenden Worte des früheren deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher auf dem Botschaftsgelände in Prag.

Ausgehend von dieser Euphorie und der Freude habe Deutschland die Wiedervereinigung gut gemeistert, auch wenn sie nicht nur Gewinner hervorgebracht habe, so der Botschafter. Er zitierte an dieser Stelle aus einem tschechischen Sprichwort: "Wenn der Wald abgeholzt wird, fliegt das Kleinholz um".

Dennoch sei die deutsche Wiedervereinigung das "größte und beste Ereignis" Europas im vergangenen Jahrhundert, von dem sowohl die Menschen in Ost- als auch in Westdeutschland profitiert hätten.

Podivínský appellierte an die Menschen in Ost und West, mit gegenseitigem Verständnis die Einheit weiter voranzutreiben. Für ihn ist sowohl die Einheit Deutschlands als auch die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien auch ein Vorbild für Europa, von dem sich der Kontinent inspirieren lassen sollte. "Zusammensein ist das Gebot der Stunde."

Wir selbst müssen wieder kräftig ran - keine Lethargie, kein Aufgeben, keine Gleichgültigkeit - nur so kommen die Erfolge wieder zurück.

Tomáš Jan Podivínský Botschafter der Tschechischen Republik in Deutschland

Abgeordnete stellen sich Fragen der Bürger

Um 14 Uhr öffnet dann das Parlament seine Pforten für Alle. Besucher können den Plenarsaal besichtigen und einen Blick ins Amtszimmer des Präsidenten werfen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sich mit Abgeordneten auszutauschen. Konkret zu den Themen "Kriminalität und Rechtsstaat" sowie "Doppelhaushalt 2019/2020" können ab 14:45 Uhr Bürger mit Politkern ins Gespräch kommen und Fragen stellen.

14:45 Uhr: "Kriminalität und Rechtsstaat – welche Befugnisse braucht eine moderne sächsische Polizei?"

  • Christian Hartmann (CDU)
  • Klaus Bartl (LINKE),
  • Albrecht Pallas (SPD),
  • Sebastian Wippel (AfD) und
  • Valentin Lippmann (Grüne).


16:15 Uhr:  "Doppelhaushalt 2019/2020 – welche Schwerpunkte setzen wir?"

  • Jens Michel (CDU),
  • Verena Meiwald (LINKE),
  • Dirk Panter (SPD),
  • André Barth (AfD) und
  • Wolfram Günther (Grüne)

In der Lobby informieren alle Fraktionen, fraktionslose Abgeordnete sowie der Landtag über die parlamentarische Arbeit.

Quelle: MDR/dk/dpa

Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSENSPIEGEL | 03.10.2018 | 19:00 Uhr

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