Dienstag, 12.01.2021: Einheit und Vielfalt
"Kann eine Frau nicht sein wie ein Mann?", fragt in dem Musical "My Fair Lady" der etwas schrullige Professor Higgins, der daran verzweifelt, dem eigenwilligen Blumenmädchen Eliza sein snobistisches Upper-Class-Verhalten anzutrainieren.
Zugegeben: Auch ich stelle mir diese Frage gelegentlich, wenn ich wieder einmal finde, dass meine Frau viel zu kompliziert über Vorgänge denkt, die ich doch ganz einfach finde. Und je mehr ich versuche, ihr das klarzumachen, desto mehr beschleicht mich das Gefühl, dass sie denkt: "Warum macht er das wieder so kompliziert? Kann er nicht ganz einfach so denken und sich verhalten wie jede vernünftige Frau?" Meistens aber finde ich es klasse, dass meine Frau so anders ist, anders denkt und anderes kann als ich. Weil ich unsere Verschiedenheit gut und bereichernd finde. Und ich bin froh, dass sie das ähnlich sieht wie ich. Wahrscheinlich haben wir uns auch deshalb seinerzeit verliebt - so verschieden, wie wir waren und sind.
Das gilt übrigens auch für andere Gemeinschaften: Unsere demokratische Gesellschaft lebt vom vielfältigen Engagement ihrer Mitglieder und deren verschiedenen Erfahrungen und Ansichten. Und auch in der Kirche bin ich dankbar für die Besonderheiten der unterschiedlichen Konfessionen, die verschiedene Dialekte des Glaubens pflegen.
In der Herrnhuter Brüdergemeine bringen wir das auf einen kurzen Satz, der auf alte christliche Erfahrungen zurückgeht: "Im Wesentlichen Einheit, im weniger Wesentlichen Freiheit, in Allem die Liebe!" Ich finde, dieser Satz eignet sich als Leitbild für unsere Gesellschaft, für die Gemeinschaft der Kirchen – und für Familie und Partnerschaft.
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