Mittwoch, 25.09.2019: Wunder
Wenn sie morgens aufwachen und ein Wunder wäre geschehen und plötzlich wäre alles gut, wie würden sie dann ihre Welt beschreiben? Vielleicht wäre es so: Der Frühstückstisch ist liebevoll gedeckt. Es duftet nach Kaffee. Eine kleine heitere Familie sammelt sich in der Morgenstunde am Tisch. Vorher eine Dusche. Endlich hat sie richtig Wasserdruck. Die Rückenschmerzen verschwinden unter diesem Druck wie von selbst.
Per Whatsapp meldet sich der Chef: "Hallo, ich freue mich, wenn Du dann auf Arbeit kommst, wir haben heute viel vor. Das wird gut." Die Küche ist längst aufgeräumt. Und jemand hat wie von Geisterhand die Waschmaschine gefüllt und gestartet. Auf der Treppe grüßt der Nachbar freundlich "Einen wunderschönen guten Morgen". Ich grüße zurück "Ihnen einen schönen Tag".
Die Straße ist voll mit Autos, dazwischen drängen sich die Straßenbahn und die Fahrradfahrer. Ich nehme mir Zeit. Und beschwingt vom freundlichen Nachbarn lasse ich lässig einem zügig an die Kreuzung heranfahrenden SUV die Vorfahrt. Der Herr mit der Sonnenbrille dankt es mir mit einem Lächeln. In der Firma wartet viel Arbeit. Aber da ist der nette Chef. Das motiviert mich. Und selbst, das was mich nervt, geht mir leicht von der Hand. "Was? Schon Feierabend?" So schnell kann ein Tag vergehen, wenn es Spaß macht. Und dann komme ich heim und Gott sitzt auf meinem Sofa und begrüßt mich mit einem freundlichen "Hallo - und war dein Tag gut?".
Spätestens jetzt wird es zu viel, denn es duftet morgens nicht nach Kaffee, der Nachbar muffelt, der Straßenverkehr nervt, der Chef interessiert sich nicht für mich. Und die Dusche? Die tröpfelt auch weiterhin. Da sagt Gott auf dem Sofa, "Recht hast Du, es ist nicht alles gut von heute auf morgen. Aber es muss nicht alles bleiben, wie es ist." Und wie soll das gehen, frage ich. "Ich bin für dich da und das könnte ein Anfang sein." sagt Gott. "Manches kannst Du nicht ändern, aber manches doch schon, oder? Wer weiß schon, was ein erster Schritt ins Rollen bringt."
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