Dienstag, 09.07.2019: Wächst Geduld mit den Jahren?

Mit 30 ging ich davon aus, dass ich schon von allein geduldiger werden würde. Mit 60 merkte ich, dass ich sie immer noch nicht habe, die Geduld. Und sie wohl endlich lernen müsste. Und das ausgerechnet dann, wenn die Zeit knapper wird. Irgendwie kam sie nicht von allein als ein Wesenszug, der mich sanfter und stiller machen würde. Mich "in-Geduld-üben" heißt es ja auch. Üben! Sie zu praktizieren ist für mich noch schwerer als die anderen christlichen Tugenden. Ungeduld hingegen, die musste ich noch nie üben. Die fällt den meisten Menschen vermutlich einfach so zu.

Der Volksmund sagt: "Mit Geduld und Spucke fängt man eine Mucke." Oder "Bist du schuldig, sei geduldig!" Na ja. Ich habe oft Mückenstiche und Geduldsprobleme, auch wenn ich vermeintlich unschuldig bin. Oder werde ich durch fehlende Geduld vielleicht schuldig? In der Bibel lese ich: "Ein Geduldiger ist besser als ein Starker und wer sich selbst beherrscht, besser als einer, der Städte gewinnt!" (Sprüche 16,32). Fallen Ihnen da auch gleich unbedacht getwitterte Bemerkungen ein? Ganz anders in echten alten Märchen. Dornröschen geduldet sich 100 Jahre. Und dann küsst der schöne Prinz sie wach und glücklich.

Und der Apostel Paulus schreibt an eine Gemeinde. "Seid geduldig gegen jedermann", (1.Thess.5,14) Wahrscheinlich haben es Menschen zu allen Zeiten nötig gehabt, an die Geduld erinnert zu werden. Und ich denke auch an die übergroße Geduld, die wir Gott so abverlangen. Da soll er gleich anfangs bei Adam und Eva Geduld aufbringen, die sein Gebot missachten. Und bei einem ganzen Volk, das an Götzen und goldene Kälber glaubt. Und schließlich soll er sogar Geduld mit den Menschen aufbringen, die seinen eigenen Sohn töten. Ist doch ziemlich viel verlangt. HERR, du kennst dich also aus. Hilf mir, wenn ich heute wieder neu beginne, mich in Geduld zu üben.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Christine Rösch

Christine Rösch

Geboren am 28.09.1958 in Gotha | 1977 Abitur | Studium an der Bauhaus-Universität Weimar mit Abschluss als Dipl. Ing. für Gebiets- und Stadtplanung 1983 | danach tätig in der Altstadtsanierung und im Kirchenbau der Stadt Gotha | ab 1992 theologische Ausbildung | 1. und 2. Examen und Ordination | zunächst Pfarrstelle in Seebergen (Kreis Gotha) | ab 2002 Pastorin für allgemeinkirchliche Aufgaben der Landeskirche in der 1. Pfarrstelle des Diakonischen Werkes Thüringen | ab 2014 theologische Referentin im Landesverband der Diakonie Sachsen | wohnhaft in Radebeul

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.