Insolvenzverwalter Volker Reinhardt
Eine vom Amtsgericht Erfurt angesetzte Gläubigerversammlung soll am 13. April über die Abberufung von RWE-Insolvenzverwalter Volker Reinhardt abstimmen. Bildrechte: IMAGO / Bild13

Fußball | Regionalliga Rot-Weiß Erfurt: Insolvenzrechtler hält Gläubiger-Abstimmung über Reinhardt für unzulässig

04. April 2023, 11:42 Uhr

Das Amtsgericht Erfurt sorgt für eine neue Wendung im mittlerweile fünf Jahre dauernden Insolvenzverfahren von Rot-Weiß Erfurt. Bei der am 13. April angesetzten Gläubigerversammlung soll nicht über den vorliegenden Insolvenzplan abgestimmt werden, sondern über die Absetzung von Insolvenzverwalter Volker Reinhardt. Juristisch wirft das Fragen auf.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht Erfurt will die Gläubiger über eine Abberufung von Rot-Weiß Erfurts Insolvenzverwalter Volker Reinhardt abstimmen lassen. Das ist der einzige Tagesordnungspunkt für die Gläubigerversammlung am 13. April. Allerdings ist das laut Stephan Madaus gar nicht zulässig: "Die Abwahl eines bestellten Insolvenzverwalters ist rechtlich nur in der ersten Gläubigerversammlung möglich", sagt der Professor für Insolvenzrecht an der Martin-Luther Universität Halle dem MDR. Demnach könne nur das Gericht den Insolvenzverwalter abberufen.

Volker Reinhardt
Insolvenzverwalter Volker Reinhardt im vergangenen Januar auf der RWE-Mitgliederversammlung. Bildrechte: IMAGO/Bild13

Schwere Vorwürfe gegen Reinhardt

Madaus ist da eindeutig: "Das Gericht kann sich nicht auf ein Abstimmungsergebnis in einer Gläubigerversammlung berufen." Vielmehr müsse das zuständige Amtsgericht in Erfurt die Entlassungsgründe selbst prüfen und eine eigenständige Entscheidung fällen, erklärt der Insolvenz-Experte. Und derartige Gründe lägen theoretisch vor. Das Amtsgericht hat seit gut zwei Monaten das beauftragte Gutachten vorliegen. Medienberichten zufolge werden Reinhardt darin schwere Versäumnisse vorgeworfen. Angeblich hätte er durch Pflichtverletzungen einen Schaden von mindestens 1,5 Millionen Euro zu verantworten. Reinhardt hat dem Gericht Mitte März eine umfangreiche Stellungnahme zu dem Gutachten zukommen lassen.

Das Gericht kann sich nicht auf ein Abstimmungsergebnis in einer Gläubigerversammlung berufen.

Prof. Dr. Stephan Madaus MDR

Theoretisch verfügt die zuständige Richterin also über alle Informationen für eine eigenständige Entscheidung über die Zukunft des Insolvenzverwalters. Insofern erscheint es unverständlich, warum das Amtsgericht Erfurt die Gläubiger zu einer Abstimmung über den Insolvenzverwalter einlädt. Denn die Entscheidung kann nicht auf die Gläubiger abgewälzt werden. "Das geht insolvenzrechtlich so nicht", bekräftigt Stephan Madaus. "Eine Gläubigerabstimmung beweist weder vorgeworfene Pflichtverletzungen noch ist sie selbst ein Entlassungsgrund."

Michael Kölmel
Der Medienunternehmer Michael Kölmel ist einer der größten Gläubiger im Insolvenzverfahren von Rot-Weiß Erfurt. Bildrechte: IMAGO / Matthias Koch

Firma von Michael Kölmel beantragt Abstimmung

Beantragt hat die Abstimmung Bianca Krippendorf, Geschäftsführerin von "MK Medien" (MK steht für Michael Kölmel, d. Red.) – einem der größten Gläubiger im RWE-Insolvenzverfahren. Äußern wollte sich Krippendorf auf MDR-Anfrage nicht, verwies lediglich auf das laufende Verfahren. Unstrittig ist, dass das Ergebnis der Abstimmung für das Gericht nicht bindend ist. Falls sich die zuständige Richterin aber im Falle einer Entlassung auf das Abstimmungsergebnis beruft, dann ist das laut Insolvenzrechtler Madaus "rechtsmittelfähig". Reinhardt könnte also in der nächsthöheren Instanz dagegen vorgehen.

Eigentlich hatten die RWE-Fans gehofft, dass auf der Gläubigerversammlung der Insolvenzplan von Volker Reinhardt abgesegnet würde. So hätte die Insolvenz zeitnah beendet werden können und der derzeitige Regionalliga-Tabellenführer finanziell unbelastet in den Aufstiegs-Endspurt gehen können. Aus Gläubigerkreisen hat der MDR erfahren, dass es allerdings einen massiven Kritikpunkt an Reinhardts Insolvenzplan gebe:  Auf der einen Seite sollen die Gläubiger einer sehr geringen Insolvenzquote von angeblich einem Prozent zustimmen. Auf der anderen Seite will Reinhardt nach dem Ende der Insolvenz gegen zahlreiche Gläubiger weiterhin Prozesse führen, so genannte Insolvenzanfechtungen. Auch wenn die Einnahmen nachträglich an alle Gläubiger ausgeschüttet würden – viele wollen dem Plan unter diesen Umständen nicht zustimmen.

Wie kann es weitergehen?

Wenn die Gläubiger Reinhardt nicht abwählen, wird auch das Gericht voraussichtlich auf eine Abberufung verzichten. Dann könnte demnächst über den Insolvenzplan abgestimmt werden. Ein baldiges Ende der Insolvenz wäre möglich. Um die Gläubiger für sich zu gewinnen, muss Reinhardt möglicherweise auf seine angekündigten Insolvenzanfechtungen verzichten. Das Klagerecht würde nach Ende der Insolvenz wieder an die Gläubiger fallen. Falls Reinhardt also tatsächlich einen Schaden von 1,5 Millionen Euro angerichtet hätte, könnten die betroffenen Gläubiger das Geld von ihm einklagen.

Wenn das Gericht Reinhardt absetzt, muss zeitnah ein neuer Insolvenzverwalter eingesetzt werden. Der könnte das Verfahren weiterführen und einen eigenen Insolvenzplan aufstellen. Dieser könnte sich nach aktuellem Stand aber eigentlich kaum von Reinhardts Plan unterscheiden – es sei denn, es fließt neues Geld in die Insolvenzmasse. Danach sieht es im Moment aber nicht aus.

Trainer Fabian Gerber (FC Rot Weiss Erfurt) mit seiner Mannschaft nach dem Spiel
Trainer Fabian Gerber hat Rot-Weiß Erfurt als Aufsteiger an die Regionalligaspitze geführt. Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services

Aktuell keine Konsequenzen für RWE-Regionalligateam

Der neue Insolvenzverwalter könnte angesichts der finanziellen Situation aber auch das Insolvenzverfahren einstellen. Dann würde RWE aus dem Vereinsregister gelöscht und die erste Mannschaft ihr Spielrecht verlieren. Dieses Szenario ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich, da der Insolvenzverwalter momentan jedes Jahr fünf Prozent vom Umsatz der Spielbetriebs-GmbH erhält – schätzungsweise ein mittlerer fünfstelliger Betrag. Das sollte eine umgehende Einstellung des Insolvenzverfahrens verhindern.

Ob dann aber auch genug Geld vorhanden ist, um alle Kosten für den erfolgreichen Abschluss zu decken, ist unklar. Denn der neue Insolvenzverwalter muss natürlich auch bezahlt werden. Klar ist, dass ein neuer Mann auf der Kommandobrücke von RWE Zeit bräuchte, um sich einzuarbeiten und gegebenenfalls einen neuen Insolvenzplan zu erstellen. Selbst im Falle eines Aufstiegs wäre die Zukunft von Rot-Weiß Erfurt weiterhin ungewiss.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 04. April 2023 | 17:45 Uhr

32 Kommentare

AufmerksamerBeobachter am 05.04.2023

Schulden? Das heißt doch jetzt 'Sondervermögen'.. also ein Vermögen mit negativem Vorzeichen, welches man halt nicht so in den Vordergrund stellt..

Erfurt kann die halbe Mannschaft verkaufen, da ist dann bisschen Geld drin…

Alf09 am 05.04.2023

Das hat nichts mit Neid zu tun, ich habe persönlich nichts gegen einen Aufstieg von Erfurt! Ich finde es aber trotzdem grenzwertig, dass dies trotz laufenden Insolvenzverfahren möglich ist. Ist für mich ein Schlag ins Gesicht all der Vereine, die seriös wirtschaften und sich eben nicht eine aufstiegsfähige Mannschaft leisten können!

erfurt66 am 04.04.2023

Das meine ich man geht durch ein Wechselbad der Gefühle. Soeben Meldung gelesen RWE bekommt neuen Hauptsponor die Firma Deutsche Giga Netz .Franz Gerber hat das eingetütet. Wieder ein Lichtblick für die hoffentlich erfolgreiche Zukunft unseres Herzensverein. 🇲🇨⚽️🇲🇨

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