Debatte über Immunität Leipziger Virologe berichtet von Corona-Zweitinfektionen

17. Juli 2020, 15:46 Uhr

Die Frage sorgt für Verunsicherung: Können Menschen sich ein zweites Mal mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infizieren und an Covid-19 erkranken? Hundertprozentig sichere Antworten gibt die Wissenschaft darauf noch nicht. Doch der Chef-Virologe des Universitätsklinikums Leipzig, Prof. Uwe Liebert, ist sich dagegen ziemlich sicher: Er habe bereits Zweitinfektionen beobachten können.

Es sind insgesamt drei Patienten am Universitätsklinikum Leipzig, die den Chef-Virologen Prof. Uwe Liebert zu seiner Beobachtung verholfen haben: Alle drei sind schon ein zweiters Mal an Covid-19 erkrankt, sagte er MDR WISSEN.

Prof. Dr. Uwe Gerd Liebert, Virologe am Uniklinikum Leipzig
Bildrechte: Stefan Straube / UKL

Bei unseren wenigen Patienten, die wir haben, bin ich mir ziemlich sicher, dass es eine Zweitinfektion ist.

Prof. Dr. Uwe G. Liebert, Universität Leipzig

Diese Aussage ist deswegen erstaunlich, weil sich die Fachwelt noch streitet, ob es tatsächlich bestätigte Fälle von Zweitinfektionen gibt. Für Liebert sind die Fälle bei ihm am Uniklinikum recht eindeutig: "Das sind bei uns allerdings nur drei Patienten, die eine Infektion hatten, dann Antikörper gebildet hatten - neutralisierende Antikörper - und dann nach ungefähr acht, neun Wochen noch Mal eine zweite Infektion gekriegt haben."

Nicht auskuriert oder neu infiziert?

Die Fälle am Universitätsklinikum Leipzig sind dennoch nicht die endgültige Antwort, auf die die Fachwelt wartet. Es gibt mehrere solcher Berichte. Ob die Patienten aber tatsächlich zwei Mal an dem neuartigen Coronavirus erkrankt sind, bietet viel Raum für Diskussion. Es gibt nämlich Knackpunkte. Der erste Punkt: Sind die Patienten erneut erkrankt oder war Covid-19 nicht ganz auskuriert? Liebert und sein Team hatten deswegen zwischen der ersten und zweiten Infektion ihre Patienten mehrmals getestet: Die Tests dazwischen seien immer negativ gewesen. Der Virologe schließt daraus, dass das Virus nicht mehr im Körper war.

Bei einem Patienten weiß ich es ganz genau: Der Test war fünf Mal negativ und dann ist er wieder positiv geworden.

Der zweite Knackpunkt: Ist die Person tatsächlich zwei Mal erkrankt oder waren die Tests nicht exakt? Uwe Liebert schließt auch das bei seinen Patienten aus. Er hält die Tests, die er gemacht hat für sicher: "Positiv heißt bei uns - das ist ja ein Abstrich, dass es in mindestens zwei von drei Genen positiv geworden ist. Wir weisen ja virale Gene nach."

Sein Kollege Alexander Dalpke, der das Institut für Virologie in Dresden leitet, hält allerdings dagegen, dass es keinen einzigen eindeutigen Test für Sars-CoV-2 gibt. Das heißt, jeder Nachweis einer Zweitinfektion ist immer fraglich: "De Facto ist es so, dass kein diagnostischer Test eine hundertprozentige Spezifität hat." Jeder diagnostische Test könne auch kreuzreaktiv falsch-positiv sein und das müsse natürlich ausgeschlossen werden, wenn über Zweitinfektionen gesprochen werde, erläutert Dalpke. Dem Dresdner Virologen sind Fälle von Zweitinfektionen aus seiner Stadt nicht bekannt. Er plädiert dafür, sich die Fälle ganz genau anzugucken. In Korea beispielsweise hatte eine zweite Prüfung andere Ergebnisse zu Tage gebracht, erzählt Monika Brunner-Weinzierl, Immunologin der Universität Magdeburg.

Immunologin Prof. Dr. Monika Brunner-Weinzierl von der Universität Magdeburg. Sie erforscht aktuell die Reaktion von T-Zellen im Immunsystem von Menschen, die trotz einer Corona-Infektion keine Krankheitssymptome zeigen.
Bildrechte: Privat: Monika Brunner-Weinzierl

Es gab ja Fälle aus Korea, wo man dachte, die Leute hätten eine Zweitinfektion. Und dem ist wahrscheinlich eher nicht so. Die bestätigten Fälle, wo man das sehr genau untersucht hat, da konnte man das nicht bestätigen, also wahrscheinlich ist man schon kurzzeitig immun nach einer Infektion.

Prof. Dr.Monika Brunner-Weinzierl, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Bei allen drei Leipziger Fällen, die Liebert für Zweitinfektionen hält, verliefen die Erkrankungen sehr milde. Immunologin Monika Brunner-Weinzierl mutmaßt daher: "Man könnte sich das schon vorstellen, dass das möglich ist, vor allem, wenn sie vielleicht beim ersten Mal keine richtige Immunantwort aufgebaut haben. Ich denke Mal, die meisten Menschen wären schon immun, aber nicht alle."

Das ist ja nämlich genau die große Frage, die daran hängt: Sind wir immun nach einer Erkrankung? Und wenn ja: Wie lange? Dazu gibt es zahlreiche Untersuchungen, Studien und Beobachtungen. Möglicherweise lässt die Immunität nach, das weiß man aber nicht. Daran ändern auch die drei Fälle in Leipzig nichts.

7 Kommentare

MDR-Team am 02.08.2020

@Elsburg, tatsächlich sind die Corona-Tests inzwischen sehr zuverlässig, wie Sie hier nachlesen können: https://www.mdr.de/nachrichten/ratgeber/wie-zuverlaessig-ist-der-coronatest-100.html
Natürlich sind nicht alle Fehlerquellen zu 100% auszuschließen. Dennoch wird die Genanalysen von Experten weltweit als sehr robust eingeschätzt. Schließlich werden sie auch für andere Infektionskrankheiten und Nachweise genutzt.

Elsburg am 01.08.2020

Elsburg II

Es wurde inzwischen schier unübersehbar viel vom 'Wissenschaftsjournalismus' uam zu schuer unrndlich vielen (Teil~) Aspekten bzgl. Corona veröffentlicht.
Wer trennt da die Spreu vom Weizen; bzgl Wissenschafts-Zwischenergebnissen weiß wohl auch keiner, was davon Spreu oder Weizen ist. Und in den vielen forschenden Laboren bzw Wissenschaftlerköpfen stecken viele viele breit aufgestellte, verästelte Problem-Einfangnetze ohne schon genau zu wissen, ob die Netzmaschen noch zu groß sind ...

Eigentlich tapsen alle noch im tief dunklen Raum mit viel zu viel umfangreicher Unkenntnis, die immetnoch zu erhellen ist. Mit jedem Vorwärtsschritt gibt's ggf etwas Licht ... aber auch neue zusätzliche Dunkelbereiche, die ggf nicht vernachlässigbar sind, also neue, weitere Probleme darstellen - wie ein gerollt werdender Schneeball, je weiter voran, um so größer +damit schwerer.

Elsburg am 01.08.2020

Merkwürdig bis unglaublich empfinde ich die schon sehr detailierten Schilderungen über div. Entwicklungs-Wirkwege + ~stadienen für Anti-Corona-Impfstoffe einerseits sowie der mE auch hier +überall (?) nur vage bekannt gemachten Wirkweisen sowie Zuverlässigkeiten der Ergebnisse zu den (wieviel +welche konkreten) Testverfahren, die mit quasi Sofortergebnissen oder bis zu 72h-Nachtest-Zeitspanne angeblich zu Ergebnissen gelangen, deren Aussage bzgl Infektionszustand/~stadium mehr oder minder völlig oder sehr weit offen ist, dh so ungenaue Ergebnisse, daß vllt mit Scherheit nur gesagt werden kann, ..."da war was'... , aber (fast) nix über tatsächlichen Befall oder Zufallsfund zB in Nasen- od. Rachenraum soebrn gerade kurz vorher angeflogene Viren für den ytest erwischscht worden sind +noch gar keine Zeit hatten, den Probanden tatsächlich im Körper entscheidend zu infizierrn, also sich entfalten ... Ob's überhaupt auch Prädispositionsmenschen geben kann, mit Stabilitäergibt "ist imun"?