Die massenhafte Ausreise von DDR-Bürgern in den Westen war ein weiterer Umstand, der den Mauerfall einläutete. Im Sommer 1989 stellten 120.000 Menschen einen Ausreiseantrag, vor allem junge Menschen wollten der DDR den Rücken kehren. Statt einer Flucht über die innerdeutsche Grenze, entschieden sich immer mehr von ihnen über andere Ostblockstaaten in den Westen auszureisen. Nachdem die Grenzanlagen zwischen Österreich und Ungarn abgebaut worden waren, verließen bis zum September 1989 mehr als 30.000 DDR-Bürgerinnen und -Bürger über Ungarn die DDR.
Des Weiteren besetzten Flüchtlinge die bundesdeutschen Botschaften in Ost-Berlin, Warschau, Budapest und Prag, um ihre Ausreise zu erzwingen. Besonders in der Prager Botschaft kam es bald zu dramatischen Zuständen. Ende September hielten sich dort mehr als 5.000 Menschen auf, eine humanitäre Katastrophe drohte. Dem bundesdeutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher gelang es schließlich, einzulenken: Am 30. September 1989 verkündete er auf dem Balkon der Prager Botschaft, dass die Ausreise der Flüchtlinge nach Westdeutschland genehmigt worden sei.
Der Weg in die Bundesrepublik führte die Botschaftsflüchtlinge allerdings durch die DDR. Das sorgte für Unmut und Ausschreitungen u.a. in Städten wie Dresden: Dort versuchten Ausreisewillige am 4. Oktober 1989, die Züge in den Westen zu entern. Zur Unterstützung der überforderten Volkspolizei kamen gar spezielle Hundertschaften der NVA zum Einsatz.