Zum 80. Geburtstag Wie Schauspielerin Jutta Hoffmann bei der DEFA ein Zuhause fand

03. März 2021, 04:00 Uhr

Schauspielerin Jutta Hoffmann wurde am 3. März 1941 in Halle an der Saale geboren. Schon früh ist sie Mitglied einer Theatergruppe der Buna-Werke in Schkopau. Von 1959 bis 1962 studierte sie an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg im Fachbereich Schauspiel. Mit Rollen in DEFA-Filmen wie "Die Schlüssel", "Das Versteck" und "Geschlossene Gesellschaft" feierte sie ihren Durchbruch – kompromisslos, mutig und vor allem: fern ab vom Parteiprogramm.

Knut Elstermann
Bildrechte: Jochen Saupe

Eine junge Frau vor dem Spiegel. Während die Carmen-Arie "Habanera" erklingt, probiert sie immer neue Kleidungsstücke aus, betrachtet sich im Spiegel, verwirft die Bluse, den Pullover, zieht sich schnell wieder um. So beginnt der Film "Die Schlüssel" von 1974. Es ist der fragende Blick der Filmfigur Ric, aber zugleich die unbestechliche Selbstprüfung der Schauspielerin Jutta Hoffmann, bei einem der schönsten Filmanfänge der DEFA – ein wunderbar intimes, experimentelles Werk.

Herb (Jaecki Schwarz), abgebrochener Student und Aushilfsfernfahrer, hat sich in Johanna (Jutta Hoffmann) verliebt.
Jutta Hoffmann der Seite von Jaecki Schwarz in "Weite Straßen – stille Liebe" (1969) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die langjährige Zusammenarbeit des Regisseurs Egon Günther und Jutta Hoffmann, in der so unterschiedliche Filme wie "Junge Frau von 1914", "Lotte in Weimar" und "Der Dritte" entstanden, war ein Glücksfall in der DEFA. Insgesamt waren es sieben Filme, "Die Schlüssel" mit Jaecki Schwarz ist der wohl wagemutigste.

Er erzählt von der tragisch endenden Reise des jungen, ungleichen Paares, der Arbeiterin und des Intellektuellen, nach Polen. Jutta Hoffmann spielt herzerfrischend diese junge Frau, der die Dominanz des Mannes langsam bewusst ist, fast erschrocken über ihre zögerliche Erkenntnis. Ungeplante Passagen, die erst vor Ort entwickelt wurden, Interviews, Drehen mit Laiendarstellern – eine so unkonventionelle Arbeitsweise hatte es bei der DEFA noch nicht gegeben. Sie weckte den Argwohn der Studioleitung, die den Film behinderte und versteckte.

Kompromisslos und mutig

Kurz vor ihrem 80. Geburtstag am 3. März 2021 sagte die kompromisslose und mutige Künstlerin, die heute nah am Park Sanssouci in Potsdam lebt, zu ihren Erinnerungen an die DEFA, für die sie fast 20 Jahre gearbeitet hatte: 

Die DEFA – die schöne Scheintote, würde ich sagen. Das ist schon eine große Sache, wenn man darüber nachdenkt und sich in diese seltsame Zeit einordnen kann.

Jutta Hoffmann, Schauspielerin

Egon Günther hätte es Heimat genannt. So weit würde Jutta Hoffmann nicht gehen und doch war es so etwas wie ein Zuhause: "Das klingt alles ein bisschen übertrieben, aber es hatte etwas mit Vertrauen zu tun. Je länger man mit denselben Leuten arbeitet, desto mehr entwickelt man Vertrauen, sodass man in Gefühlen oder Gedanken ganz bei sich sein kann. Ich kann nur sagen, das war immer ein Hochgefühl, es war immer ein Aufrichten, und los ging es."

Die Sehnsucht nach einer anderen Welt

Jutta Hoffmann wurde 1941 in Ammendorf bei Halle an der Saale geboren. Sie spielte schon als Kind in einer Laiengruppe und ging zum Studium nach Babelsberg. Eine leichte Dialekt-Färbung hat sie behalten und spielt ganz bewusst damit, etwa um klassischen Figuren etwas von der traditionellen Steifheit und Schwere zu nehmen. Der Wunsch, Schauspielerin zu werden, hatte bei ihr auch etwas zu tun mit der Sehnsucht nach einer anderen Welt, nach einem anderen Leben.

Öffentlicher Protest zu DDR-Zeiten

Für das DDR-Publikum war Jutta Hoffmann im Theater, im Kino und im Fernsehen eine verlässliche Künstlerin. Man spürte, wie sorgsam sie ihre Rollen auswählte, wie perfekt sie in eigensinnige Filme wie "Das Versteck" passte. Nach einem Drehbuch von Jurek Becker, dem Autor von "Jakob der Lügner", drehte Frank Beyer 1977 dieses sehenswerte Kammerspiel, das viel mit der DDR-Wirklichkeit zu tun hatte. Mitten in den Dreharbeiten ereignete sich die Biermann-Affäre, auch die Hauptdarsteller Jutta Hoffmann und Manfred Krug, protestierten öffentlich, weshalb der Film sehr klein gehalten wurde und bis heute kaum bekannt ist. Auch ihr Fernsehfilm "Geschlossene Gesellschaft" (1978), bei dem wieder Frank Beyer Regie führte, war von Leuten erdacht worden, die für Biermann unterschrieben hatten. Auch hier war der Ehekrach ein subtiler Spiegel der inneren Konflikte des Landes. Jutta Hoffmann wurde kaltgestellt und verließ die DDR schließlich.

Komödiantisch und dramatisch zugleich

Kommissarin Wanda Rosenbaum (Jutta Hoffmann) und Revierpolizist Krause (Horst Krause)
Jutta Hoffmann als Kommissarin Wanda Rosenbaum im "Polizeiruf 110: Bei Klingelzeichen Mord" (2001). Bildrechte: MDR/RBB/Köfer

Im Westen konnte Jutta Hoffman im Theater erfolgreich weiterarbeiten, ein großes Publikum entdeckte ihre komödiantische Seite in der Fernsehserie "Motzki" (1993) und ihre dramatische Kraft in dem Kassenhit "Bandits" (1997).

Leider sind aktuellere Arbeiten von Jutta Hoffmann rar gesät, für so herausragende Schauspielerinnen gibt es hierzulande einfach nicht genug zu tun. Eine Ausnahme war 2016 die preisgekrönte Fernsehproduktion "Ein Teil von uns". In diesem großartigen Drama von Nicole Weegmann spielt sie Irene, die obdachlose, geistig verwirrte Mutter von Nadja (Brigitte Hobmeier). Jutta Hoffmann erhielt für ihr geradezu schmerzhaftes Spiel den Grimme-Preis. Sie war in Hamburg auch eine hoch geschätzte Schauspielprofessorin, Marie Bäumer lernte unter anderen bei ihr das Handwerk. Doch für sie selbst gibt es kaum noch etwas zu tun. Große Altersrollen sind in Deutschland nicht vorgesehen.

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Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 03. März 2021 | 08:10 Uhr

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