Joachim Rukwied (l), Präsident des Deutschen Bauernverbandes, und Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, stehen während einer Demonstration des Deutschen Bauernverbandes unter dem Motto «Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss!» vor dem Brandenburger Tor auf der Bühne.
Bauern-Präsident Joachim Rukwied will keine rechte und radikale Gruppierungen bei Protestaktionen dabei haben. (Archivbild: Rukwied links neben Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir) Bildrechte: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Blockaden und Kundgebungen Bauern-Präsident Rukwied: Rechte bei Protesten unerwünscht

07. Januar 2024, 12:30 Uhr

Bauern-Präsident Joachim Rukwied hat die Teilnahme rechter Gruppierungen an den am Montag startenden Bauernprotesten für unerwünscht erklärt. Landwirte seien Demokraten.

Der Deutsche Bauernverband hat die Teilnahme rechter Gruppierungen an den Bauernprotesten für unerwünscht erklärt. Verbandschef Joachim Rukwied sagte der "Bild am Sonntag", man wolle Rechte und radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten nicht auf den Demonstrationen dabei haben. Landwirte seien Demokraten. Wenn ein politischer Wechsel stattfinde, dann über die Stimmabgabe in der Wahlkabine. Rukwied forderte die Bauern auf, friedlich und geordnet zu demonstrieren.

Bereits am Samstag hatte der Bauernverband die Teilnehmer aufgerufen, bei der Montag startenden Protestwoche gegen die geplanten Subventionskürzungen friedlich zu bleiben. Auf der Plattform X, früher Twitter, hieß es: "Bitte denkt in der kommenden Woche daran: Wir demonstrieren friedlich und nehmen nur an angemeldeten und genehmigten Demos, Kundgebungen und Aktionen teil."

Gegen Gewalt und "Umsturzfantasien"

Außerdem rief der Verband dazu auf, Rettungs- und Pflegedienste, Feuerwehren und Ordnungskräfte zu unterstützen und sich an Recht und Gesetz zu halten. Illegale Aktionen und Übergriffe dürfe es nicht geben, zum Beispiel Anfeindungen oder Aktionen vor Privathäusern von Gesprächspartnern.

"Demo-Symbolik wie Galgen, schwarze Fahnen oder andere Symbole extremistischer Gruppen lehnen wir entschieden ab!", hieß es weiter. Man distanziere sich scharf von Personen, die Umsturzfantasien propagierten oder Gewalt verherrlichten. Das gelte auch für rechtsextremistische Kreise und andere radikale Randgruppen; "auch weil diese teilweise unseren Protest für ihre niederträchtigen Anliegen vereinnahmen wollen".

Der Aufruf erfolgte auch mit Blick auf eine Aktion gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen. Am Donnerstagabend hatten protestierende Landwirte mit ihren Treckern einen Fähranleger am Nordseehafen Schlüttsiel blockiert und Habeck am Verlassen der Fähre gehindert. Der Minister war privat mit dem Schiff unterwegs gewesen. Die Fähre hatte wieder umkehren müssen. Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt in dem Fall wegen Nötigung und möglichen Landfriedensbruchs.

Außerdem verzeichneten Sicherheitsbehörden zuletzt diverse Mobilisierungsaufrufe und Solidaritätsbekundungen von Rechtsextremisten, Gruppierungen der Neuen Rechten und der Querdenker-Szene. Hier wurde zum "Generalstreik" gegen die Bundesregierung aufgerufen.

Lindner: Nicht instrumentalisieren lassen

Finanzminister Christian Lindner hatte am Samstag an die Bauern appelliert: "Lassen Sie sich nicht unterwandern und instrumentalisieren. Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um." Protest müsse verhältnismäßig und im Rahmen der demokratischen Ordnung erfolgen, forderte der FDP-Chef.

Merz zieht Vergleich zu Klimaaktivisten

Ähnlich äußerte sich CDU-Chef Friedrich Merz. In einer Mail an seine Anhänger hieß es: "Landwirte, Spediteure oder wer auch immer dürfen sich nicht instrumentalisieren lassen von Leuten und Gruppierungen, die den legitimen Protest missbrauchen, um das ganze System unseres Landes infrage zu stellen."

Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, spricht auf dem CDU-Landesparteitag Sachsen-Anhalts.
CDU-Chef Merz warnte davor, die Demokratie infrage zu stellen. Bildrechte: Heute im Osten

Die Demokratie habe gewaltige Schwächen. "Aber alles andere, was an ihre Stelle träte, würde erst recht zu Wohlstandsverlusten und ganz anderen Verteilungskonflikten führen", so Merz.

Er zog dabei auch einen Vergleich zu Klimaaktivisten: "Demonstrieren zu gehen, reicht offenbar niemandem mehr aus, es muss etwas hinzukommen, damit die Aufmerksamkeitsschwelle überhaupt erst erreicht wird, und dieses Etwas besteht mittlerweile ganz regelmäßig aus irgendeiner Form von Gewalt: der Erstürmung von Gebäuden, dem Festkleben auf Straßen, der Behinderung des Flugverkehrs, dem Beschmieren von Kunstwerken, aus Farbattacken auf nationale Symbole wie das Brandenburger Tor oder jetzt eben aus der gewaltsamen Behinderung eines Bundesministers."

Özdemir: Sind nicht erpressbar

Grünen-Agrarminister Cem Özdemir hatte am Freitag im ZDF gesagt: "Wer jetzt glaubt, mit Umsturzfantasien Eindruck machen zu können, wird sehen, dass die Mehrheit unseres Landes und auch die Politik da sehr klar steht: Wir sind nicht erpressbar."

Die Frage, ob er den Landwirten weiter entgegenkommen könnte, hatte er verneint und auf die fehlende Gegenfinanzierung verwiesen.

Abmilderung der Sparpläne ändert nichts an Protestplänen

Der Protest der Landwirte hatte sich an Sparplänen der Koalition entzündet. Die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für die Landwirtschaft, die demnach eigentlich abgeschafft werden sollte, soll nun allerdings weiter gelten. Die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll schrittweise auslaufen, statt abrupt beendet zu werden.

Dem Bauernverband reicht das aber nicht aus. Er hat für die kommende Woche umfangreiche Protestmaßnahmen angekündigt, unter anderem die Blockade von Autobahnauffahrten, Kundgebungen und Sternfahrten.

Quellen: dpa, AFP (agr)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL Radio | 06. Januar 2024 | 17:00 Uhr

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