Mainzer "Schwellköpp" sind am Montag (19.02.2007) beim traditionellen Rosenmontagszug durch die Innenstadt von Mainz unterwegs.
Audio: Bei Straßenumzügen an Karneval gibt es immer wieder rassistische Motive. (Symbolfoto) Bildrechte: picture-alliance/ dpa | Arne Dedert

Fastnacht Rassismus im Karneval – "oft schwer zu bewerten"

12. Februar 2024, 10:30 Uhr

Der Dachverband der deutschen Karnevalsvereine will ausländerfeindliche Motive bei den Straßenumzügen nicht dulden. Der Präsident des Bundes Deutscher Karneval, Klaus-Ludwig Fess sagte MDR AKTUELL, die fünfte Jahreszeit stehe für Toleranz und Weltoffenheit. Wer sich nicht daran halte, könne ausgeschlossen werden.

Noch wird an vielen Umzugswagen gebastelt, in den Karnelvalshochburgen – zum Beispiel im südthüringischen Wasungen. Doch die Mottos sind streng geheim. Daniel Finn vom Wasunger Carneval Club verriet im MDR: "Wir haben Umzugsbilder mit dabei, die auf die Politik abzielen, wir haben Bilder dabei, die darauf abzielen, dass die Leute einfach lachen, wir haben Spaß dabei und wollen einfach nur fröhlich sein."

Vor acht Jahren, mitten in der damaligen Flüchtlingskrise, ließen die Wasunger eine Dampflokomotive durch die Stadt rollen, auf der stand "Balkan-Express" und "Die Plage kommt". Gruppenmitglieder waren als Heuschrecken verkleidet. Das sorgte bundesweit für Empörung; die Staatsanwaltschaft prüfte Ermittlungen wegen Volksverhetzung. Und in diesem Jahr? Ist es gut, die Wasunger einfach so machen zu lassen? Ja, findet Christoph Matthes, der Präsident des Thüringer Karnevalvereins. "Egal, was dort auf den Umzugswagen gemacht werden soll, ist per se nicht bösartig gemeint. Man will es auf die Spitze treiben, man will provozieren, und der Karneval soll auch provozieren. Wir haben überall irgendwelche Deppen, warum nicht auch beim Karneval?"

Fremdenfeindliche Motive kommen im Karneval vor

Geflüchtete als Heuschrecken – Fremdenfeindlichkeit ist bei Umzügen kein Ausrutscher. In einem bayrischen Dorf hielten es Teilnehmer für witzig, eine Panzer-Attrappe auffahren zu lassen, mit der Aufschrift "Ilmtaler Asylabwehr". Auf einem Wagen im sächsischen Altenberg war "Lieber Rothaut als Braunhaut" zu lesen. Durch ein Dorf in der sächsischen Schweiz zogen Karnevalisten mit schwarz angemalten Gesichtern und Afroperücken, mit dem Motto "reisefreudige Afrikaner".

recap: Rassismus im Fasching

Mit Karneval oder Fasching habe so etwas nichts zu tun, sagt Klaus-Ludwig Fess, der Präsident des Bundes Deutscher Karneval. "Dort muss der Veranstalter vor Ort, egal, wer das ist. Die müssen, wenn die feststellen, dass das ausartet, handeln und vor Ort das Problem lösen. Und wenn wir es zur Kenntnis bekommen, handeln wir auch, in unseren Gremien und dies führt im schlimmsten Fall auch zum Ausschluss aus dem Bund Deutscher Karneval."

Präsident des Bundes Deutscher Karneval: Oftmals ein schmaler Grat

Abseits des strafrechtlich Relevanten scheinen die Motivwagen der Karnevalisten eher häufiger rechts von der Straße abzukommen als links. Es sei oftmals schwer, die Grenze des Vertretbaren zu ziehen, sagt Klaus-Ludwig Fess. "Wir haben zum Beispiel hier im Saarland eine ganz große Diskussion mit einem Umzugswagen, ist das Motto "Zigeuner, Mohren und Indianer". Und da ist immer eine große Gefahr, wie wird das dargestellt, warum stellt man das dar? Will man provozieren? Will man diskriminieren? Das ist immer sehr schwierig zu bewerten."

Der Bund Deutscher Karnevalisten hat sich selbst eine Charta gegeben, in der angemahnt wird, dass sich "menschenverachtende Vorträge oder Schau-Darbietungen verbieten". Die fünfte Jahreszeit stehe für Toleranz, sie sei bunt und weltoffen, sagt Klaus-Ludwig Fess. Die Charta gilt natürlich auch für die rund 600 Vereine in Mitteldeutschland. 99 Prozent der Mitglieder, so sagt Christoph Matthes vom Thüringer Landesverband, würden sich an die Regeln halten.

Fotos Karneval in Thüringen: So bunt feierten die Närrinnen und Narren am Wochenende

Ob in Wasungen, Gernrode im Eichsfeld, in Erfurt oder in Neustadt an der Orla: Überall in Thüringen wurde am Wochenende Karneval gefeiert. Die schönsten Bilder des Wochenendes.

Eine Gruppe von als Fuchs verkleideten Menschen.
Am Samstag zogen bereits die ersten Karnevalisten durch die Hochburg Wasungen. Bildrechte: MDR/Conny Hartmann
Eine Gruppe von als Fuchs verkleideten Menschen.
Am Samstag zogen bereits die ersten Karnevalisten durch die Hochburg Wasungen. Bildrechte: MDR/Conny Hartmann
Ein Umzugswagen mit Weltraum-Motiv, neben dem Wagen stehen verkleidete Menschen.
Vor 500 Jahren wurde der Karneval dort erstmals urkundlich erwähnt. Bildrechte: MDR/Conny Hartmann
Tanzende Kinder auf einer Bühne.
Am Samstagabend feierte der Gernröder Karneval Verein den "Großen Bütten -und Tanzabend". Mit dabei junge Tänzerinnen... Bildrechte: MDR/Gregor Mühlhaus
Ein verkleideter Mann.
... und einer der ältesten Karnevalisten im Land: Der 87-jährige Ernst Siebert lebt seit 64 für den Karneval. Bildrechte: MDR/Gregor Mühlhaus
Ein verkleideter Jecke auf einer Bühne.
Auch Ehrenpräsident Rolf Behrend heizte in Gernrode ein. Bildrechte: MDR/Gregor Mühlhaus
Ein verkleidetes Mädchen tanzt.
Und Funkenmariechen Madlen Große tanzte durch den Saal. Bildrechte: MDR/Gregor Mühlhaus
Drei Männer stehet verkleidet auf einer Bühne.
Und diese drei Männer gaben ihre Show zum Besten. Bildrechte: MDR/Gregor Mühlhaus
Drei Menschen in bunten Kostümen.
Am Sonntag feierten in Erfurt viele Menschen auf Thüringens größtem Faschingsumzug... Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
Frauen in einem Ampelkostüm.
... und trotzten dabei Wind und Regen. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
Vier Mädchen in roten Kostümen.
Nach drei Jahren rollt der Umzug erstmals wieder durch die Innenstadt. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
Kinder auf den Domstufen.
Hier wird auf den Domstufen posiert... Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
Ein Karnevalswagen auf dem Domplatz, mit einer großen Figur abgebildet.
Auch dieses Jahr werden wieder Politiker aufs Korn genommen, z.B. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
Ein großer Karnevalswagen auf dem Domplatz.
Oder gleich die ganze Ampelregierung. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
Ein Karnevalswagen auf dem Domplatz.
Andere beschäftigen sich mit dem Stadtgeschehen des vergangenen Jahres wie hier, wo Cannabiswuchs in der Clara-Zetkin-Straße nachgestellt wird. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
Vier verkleidete Müllmänner auf der Straße.
Die Müllmänner der Stadtwerke waren nicht nur verkleidet am Start, sondern räumten nach dem Umzug direkt auf. Danke. Bildrechte: MDR/Isabelle Fleck
 Das Prinzenpaar auf einem Wagen beim Umzug lächelt in die Kamera.
Gefeiert wurde am Sonntag auch in Duhlendorf (Neustadt an der Orla) im Saale-Orla-Kreis. Bürgermeister Ralf Weiße (links) feierte ausgelassen mit. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel
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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 11. Februar 2024 | 19:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 09. Februar 2024 | 06:19 Uhr

112 Kommentare

wodi vor 12 Wochen

Wenn sie schon Karneval und Grundgesetz in Verbindung bringen, sollten sie beim GG schon ganz vorn anfangen: Artikel 1: "Die Würde des Menschen ist unantastbar"

Freies Moria vor 12 Wochen

@DER Beobachter: 1989 wurde gegen die Regierungspartei demonstriert. Das machen heute die Bauern - meinen Sie deren Demos?
Die Handinhand Demos entbehren dagegen jeder Lustigkeit, da wissen die Leute meist nicht zu erklären was sie auf ihre Plakate schreiben, die erinnern mich eher an die Festlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR - heile Welt simulieren und dann abtreten.

Freies Moria vor 12 Wochen

@Stealer: Dann ist das Titelbild unpassend gewählt.
Aber auch jenseits der Politik: Der Zinnober, dass man sich nicht als Indianer verkleiden darf. Meine Güte, wie intolerant ist das denn?!?

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