Prinz & Prinz Schwules Prinzenpaar im Kyffhäuserkreis: "Er hat sich aufgeführt wie ein Truthahn"

03. Dezember 2023, 06:00 Uhr

Ein schwules Prinzenpaar regiert im kleinen Ort Allmenhausen im Kyffhäuserkreis diese Karnevalssaison. Der Auftritt zum Saisonstart war überraschend und herausfordernd. Prinz Jens und Prinz Jonas über Lampenfieber, Vorurteile und ihre Regentschaft. Dabei ist eins wichtig: Lachen und Brust raus, falls einer von der Bühne fällt.

Isabelle Fleck
Bildrechte: MDR/Flo Hossi

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Seine halbe Kindheit und Jugend hat Prinz Jens schon im Karnevalsverein getanzt, er war der Tanzmajor - hat die Tanzgruppen trainiert. Auch heute ist er für die Showtanzgruppe zuständig, für die Garde und die Tanzmariechen. Als Friseur kümmert er sich außerdem darum, dass alle beim Auftritt schön geschminkt und frisiert sind. Er liebt Karneval. Das ist der eine Prinz des Prinzenpaares.

Der andere, Prinz Jonas, hatte bis vor fünf Jahren nichts mit Fasching zu tun. Da, wo er aufgewachsen ist, wurde Kirmes gefeiert - aber kein Karneval. Dass er in dieser Saison ebenfalls Karnevalsprinz ist, hat vor allem mit einer Sache zu tun: Liebe. Denn so ganz überzeugt davon, dass er und sein Freund Jens das erste schwule Prinzenpaar in Allmenhausen werden sollte, war er zunächst nicht.

Ich habe es ihm zuliebe gemacht.

Prinz Jonas

Mit Liebe und Lachen regieren

Seit fünf Jahren sind beide ein Paar. Immer wieder wurden sie gefragt, ob sie nicht Prinzenpaar werden wollen. Immer wieder sagten sie nein. Als nun das 50. Jubiläum des Vereins anstand, änderte sich das. Erstaunlich ist, dass es bis zuletzt geheim blieb. Denn beide sind kommunikative Männer - und Jens trainiert die Faschingstänzer.

Die Tänzerinnen waren zurechtgemacht und diesmal blieb Jens nicht bei ihnen bis zum Auftritt. Da wurden die ersten misstrauisch. "Ich bin sonst immer da", sagt er. Er habe aber vorm Verschwinden und Umziehen noch seine "obligatorischen Sätze gesprochen". Eine Weisheit fürs Leben ist zum Beispiel: "Wenn einer von der Bühne fällt: Lachen und Brust raus".

Kurze Krise vor dem Auftritt

Da ist es nicht mehr lange bis zum Auftritt. Jens als bühnenerfahrener Karnevalist beobachtet, wie sich bei seinem Jonas das Lampenfieber breit macht. "Als wir uns umziehen wollten, hat er nur noch geschimpft. Was für ein Mist. Er wollte das doch gar nicht machen. Er hat sich aufgeführt wie ein Truthahn".

Er wollte das doch gar nicht machen. Er hat sich aufgeführt wie ein Truthahn.

Jens über das Lampenfieber von Jonas

Jonas lacht, als Jens davon erzählt. "Ich war einfach aufgeregt, ich hab so viel gearbeitet, war kaum bei den Proben. Es kam alles auf einmal. Dann habe ich daheim noch eine Stunde vorher das Handy hingestellt, Kopfhörer rein und noch getanzt" und Jens beendet den Satz: "Und als wir dann auf der Bühne waren, wollte er gar nicht mehr weg da".

Jubeln und Grölen zur Begrüßung

Drei Wochen ist es nun her, dass das schwule Prinzenpaar den Karnevalsgästen vorgestellt wurde. Eigentlich ist das Prinzenpaar im November noch nicht bei der Eröffnungsveranstaltung dabei. Diese Saison ist eben einiges anders.

Die Tür geht auf und beide werden mit "Jubel und Gegröle" empfangen. Jens erzählt: "Es war echt Wahnsinn - eigentlich verrückt. Schön, wirklich schön. Aber ich hatte es auch nicht anders erwartet, weil hier alle sehr offen sind in Allmenhausen - wir sind hier wirklich aufgenommen. Ich bin ja mittlerweile stellvertretender Karnevalschef."

Alle Augen sind auf das Prinzenpaar gerichtet. "Was sagen die Schwulen jetzt?", hätten sich die Gäste wohl gefragt, erzählt Jens. Und was sagen die Schwulen? Sie halten eine kurze Rede, spitz formuliert, doppeldeutig. Und dann machen sie das, was ein Prinz macht: "Du sitzt die ganze Zeit und lachst. Du repräsentierst", so Jonas. Die ersten fünf Minuten wird ganz genau hingeschaut, so erinnern sie sich. Dann ist alles fein.

Auszug aus der Rede Ihr närrisches Volk nun lasst euch sagen,
ab heute werden wir die Krönchen tragen!
...
Ab heute herrschen hier zwei Prinzen
Macht euch das klar!
Unsere Homoherrschaft wird einfach unverwechselbar!
Als erstes schwules Prinzenpaar hier zu stehen,
Ist für uns die größte Ehre.
...
Achtet stehts auf die Frisur - denn die muss sitzen
Nicht nur beim Tanzen werdet ihr schwitzen!
...
Allmenhusen Helau
Allmenhusen Helau
Allmenhusen Helau

Positives Feedback für Prinzenpaar

Beide tragen schwarze Hosen, haben moderne DocMartens an den Füßen, bestickte Jacketts und eine Krone. "Ich wollte halt nicht so einen komischen Dreieckshut oder eine typische Pumphose und eine Strumpfhose darunter, wie das die Karnevalsprinzen sonst so tragen. Mir war klar: Das ziehe ich auf keinen Fall an!", so Jens. Es sollte schon ein bisschen stylisher sein und das kommt bei den Besuchern an. "Es kam ganz viel positives Feedback. Zwei bis drei sagten: Mensch, ein bisschen glamouröser habe ich es mir bei euch schon vorgestellt".

Aber es ist ja nicht der Glööckler, der hier Karnvealsprinz ist in Allmenhausen. "Gerade das wollten wir nicht - wir wollten nicht übertreiben oder uns zu sehr verkleiden. Manche hätten sicher auch erwartet, dass einer von uns als Frau reinkommt. Aber das fand ich doof. Wir wollten uns nicht zum Kasper machen", so Jens. "In der Karnevalszeit - sage ich mal - kann jeder alles anziehen und alles machen und alles tun. Und ich denke einfach, dass man in diesem Bereich schon toleranter sein kann. Grundsätzlich."

Nach ihrem Auftritt bekommen die beiden Prinzen viel positives Feedback. Ganz viele Bekannte hätten geschrieben, als die beiden Männer Bilder und Berichte im Status hatten. "Daumen hoch, richtig cool" sei eine häufige Reaktion gewesen. "Ich hätte nicht so einen Hype erwartet", sagt Jens. Auch in seinem Friseursalon, der Haarscheune, war das schwule Prinzenpaar nach dem Auftritt das Thema.

Kleiner Knicks bitte

Wenn im Salon jemand sagte, "Ah, der Prinz", habe er geantwortet: "Wenn du eine schöne Frisur willst, musst du schon einen kleinen Knicks machen".

Die beiden Hoheiten proben schon für die anstehenden Auftritte im Februar. Neue Showtänze werden einstudiert, eine neue Rede muss geschrieben werden. Die Outfits bleiben gleich. "Sieht doch schön aus", so Jens. Und auch für die neue Saison gilt: Wenn einer von der Bühne fällt, Lachen und Brust raus.

Hier abstimmen

Prunksitzung mit dem schwulen Prinzenpaar

Am 2. und 3. Februar werden in Allmenhausen zwei unterschiedliche Programme gezeigt. "Für so einen kleinen Ort ist das schon eine Aufgabe", sagen die Karnevalsprinzen. Die große Showtanzgruppe studiert gerade ein Musical ein. Eine Viertelstunde wird allein ihr Auftritt dauern. Der Kartenvorverkauf hat noch nicht begonnen, wenn er startet, bewirbt der Allmenhäuser Carneval Club ACC das auf seinen Social Media Kanälen. Und sicher ist es auch Gesprächsthema im Friseursalon.

MDR (ifl)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 04. Dezember 2023 | 21:45 Uhr

18 Kommentare

Anita L. vor 51 Wochen

Ihrem Post wäre zu entnehmen, dass Sie das Neustädter Prinzenpaar demnach - obwohl Sie natürlich "grundsätzlich" nichts gegen Homosexuelle haben - irgendwie doch nicht so richtig gut heißen, da es nicht dem "Brauchtum" und den "Traditionen" entspricht? Jeder "gern, wie er möchte", aber eigentlich doch nur Prinz und Prinzessin...

Hört sich verflixt nach der "traditionellen" Ja, aber-Homofeindlichkeit an.

Elpraesidente vor 51 Wochen

Hallo MDR
Grundsätzlich gibt es nichts einzuwenden gegen Gleichgeschlechtlichkeit. Da es sich bei Karneval aber um ein Brauchtum handelt, gibt es auch gewisse Traditionen. Und dazu gehören ein Prinz Karneval und seine Prinzessin.
Aber gern jeder wie er möchte.
Unrichtig ist jedoch die Aussage, dass es sich um das 1. gleichgeschlechtliches Prinzenpaar handelt. Schon vor Corona gab es beim OCV Neustadt ein gleichgeschlechtliches Prinzenpaar auf der Bühne.
Also, bitte die Hausaufgaben etwas gründlicher machen.
Nordthüringen Helau

Fakt vor 51 Wochen

@hinter dem...:

Ich habe auch nicht geschrieben, dass Sie davon gerdet haben, etwas unterbinden zu wollen. Ich habe lediglich auf Ihre (überflüssige?) Frage, ob man sich dazu frei äußern dürfe, beantwortet. Nicht mehr und nicht weniger.
Man sollte Gelesenes auch verstehen.

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