Einkaufen beim Discounter
Das Problem bei der "Shrinkflation": Hersteller und Händler schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Bildrechte: IMAGO / Sven Simon

Mogelpackungen Wenn Lebensmittelverpackungen plötzlich weniger beinhalten

17. August 2022, 05:00 Uhr

Lebensmittel werden teurer. Manche Unternehmen suggerieren einen gleichbleibenden Preis, indem sie fürs gleiche Geld einfach weniger verkaufen. Nach außen sehen Verpackungen oft exakt gleich aus, sie beinhalten dann aber deutlich weniger. Für Verbraucher bedeutet das teils saftige Preiserhöhungen.

Wahnsinnig viele Beschwerden sind in den letzten Tagen auf dem Tisch von Armin Valet gelandet. Der Leiter der Abteilung Lebensmittel bei der Verbraucherzentrale Hamburg erzählt, dass sich die Leute vor allem über Pflanzenfette des Herstellers Upfield geärgert haben. Dazu gehören die Marken Rama, Sanella, Lätta und Becel.

Versteckte Preiserhöhung um fast 25 Prozent

Valet berichtet: "Da war es wirklich sehr, sehr dreist, weil die Packung gleich groß bleibt und man füllt einfach weniger rein. Von 500 Gramm ist man runtergegangen auf 400 Gramm." Dabei sei der Preis meist gleich geblieben, was einer versteckten Preiserhöhung von 25 Prozent entspreche, kritisiert Valet.

Zahlreichen Hobbybäckerinnen und -bäckern ist der Schwindel allerdings gleich aufgefallen. Denn die konnten sonst zwei Kuchen mit der Packung backen und nun passe es nicht mehr beim abwiegen und man merkt: "Upsa, da ist ja gar nicht die Menge drin, die ich benötige", sagt Valet.

Verbraucher werden aufmerksamer

Pech für die Firma Upfield, dass Margarine ein Produkt ist, das viele zuhause nochmal wiegen. Doch bei den aktuell steigenden Preisen für alle möglichen Produkte sind die Menschen insgesamt aufmerksamer, berichtet Valet. In den letzten Wochen habe es immer mehr Beschwerden gegeben.

"Wir befürchten aber auch da, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist, weil diese Umstellung bei den versteckten Preiserhöhungen braucht ja einen gewissen Vorlauf", erklärt der Verbraucherschützer. Man könne nun die "erste Welle" erwarten, da die Hersteller ein halbes Jahr brauchten, um neue Etiketten umzustellen.

Die "Shrinkflation"-Masche

Ändert ein Produkt sein Aussehen oder bekommt einen neuen Hinweis wie beispielsweise "verbesserte Rezeptur" sollten Kundinnen und Kunden hellhörig werden. Dann liegt womöglich ein Fall von "Shrinkflation" vor – so lautet der neue internationale Begriff für die Masche, die auch in England, den USA und Italien bekannt ist.

"Shrinkflation" ist zusammengesetzt aus dem Wort "to shrink", was so viel bedeutet wie schrumpfen oder kleiner werden, und Inflation. Besonders oft scheinen Süßigkeiten in der eigenen Verpackung zu schrumpfen, wie eine Liste mit Mogelpackungen zeigt, die die Verbraucherzentrale seit vielen Jahren pflegt.

Zuletzt hatte es beispielsweise auch Haribo in die Sammlung geschafft. Pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum schrumpft hier der Packungsinhalt von 200 auf 175 Gramm – das sind umgerechnet rund 16 Bärchen weniger pro Tüte und das bei gleich bleibendem Preis.

Gesetzgebung wenig verbraucherfreundlich

Sich vor solchen Tricks zu schützen ist schwierig, sagt Valet, denn die Gesetzgebung sei wenig verbraucherfreundlich: Das Kartellrecht schreibt vor, dass die Preise und die Füllmenge an unterschiedlichen Stellen festgelegt werden.

Für die Preise allein sei nur der Händler zuständig, betont Valet. "Der Hersteller kann immer nur eine unverbindliche Preisempfehlung aussprechen, und nur die Händler allein bestimmen das." Darum sei es auch so einfach, sich hier die Verantwortung gegenseitig in die Schuhe zu schieben, sagt Valet.

Hier müsste die Politik aktiv werden und Hersteller zwingen, Packungen voll zu befüllen, so Valet. Aber die Fertigpackungsverordnung sei gerade erst wieder reformiert worden, ohne dass diese Forderung der Verbraucherzentrale beachtet wurde.

MDR AKTUELL

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 16. August 2022 | 14:48 Uhr

10 Kommentare

NochJemand am 18.08.2022

Oft wird auch viel leere Luft verkauft.
Beispiel löslicher Kaffee in Portionsbeuteln. Eine Riesen-Pappschachtel, darin gerade mal acht Portionstütchen mit Kaffeepulver, auch die höchstens halb gefüllt. Vermutlich waren es früher mal zwölf solcher Portionen, die nach und nach reduziert wurden; reinpassen würden auch fünfzehn. Das Pulver selbst enthält keine zehn Prozent Kaffee.

lausbub am 17.08.2022

Und wieder wird nach Vater Staat gerufen. Er möge gegen Mogelpackungen gesetzlich vorgehen. Erinnert mich irgendwie an das Wirtschaftssystem in der ehemaligen DDR, wo die Preise staatlich festgelegt wurden. Heute sollen die Füllmengen in den Verkaufsverpackungen vorgegeben werden. Überlassen wir es doch einfach dem freien Wettbewerb des Marktes. Mogelpackungen konsequent meiden. Die Hersteller werden es am schwindenden Umsatz spüren und entsprechend reagieren.

Uborner am 17.08.2022

Scheinbar gibt es immer noch Bürger die den Handelsriesen vertrauen. Wenn viele Käufer einen Artikel ( z.B. Lätta ) nicht mehr kaufen entsteht dem Anbieter ein schmerzhafter Verlust, WIR haben es in der Hand. Wer aber mit Margarine Kuchen backt, dem ist wohl kaum noch zu helfen.

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