Christian Lindner (FDP)
Das von Finanzminister Christian Lindner vorgeschlagene "Generationenkapital" sorgt für Kritik. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Rentensystem Pläne für Aktienrente werden vorgestellt – Bedenken und Kritik schon vorab

05. März 2024, 06:40 Uhr

Geld in Aktien investieren, um die Rente aufzubessern. Einige machen das schon privat. Doch bald soll das auch mit Staatsgeldern über eine öffentlich-rechtliche Stiftung passieren. Am Dienstag wollen Bundesfinanzminister Lindner und Bundesarbeitsminister Heil über die Pläne informieren. Kritik an der Aktienrente gibt es schon im Vorfeld, unter anderem vom Sozialverband Deutschland.

Finanzminister Christian Lindner will ein sogenanntes "Generationenkapital" schaffen. Fred Wagner hat den Lehrstuhl für Versicherungsbetriebslehre an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig inne. Er erklärt: "Die Bundesrepublik Deutschland nimmt zusätzliche Schulden auf, das sind ja diese ominösen zehn Milliarden Euro, um mit einer guten Bonität unseres Landes zinsgünstig diesen Betrag zu bekommen. Das Geld wird dann breit in ein Aktienportfolio angelegt."

Das kommt viel zu spät und mit einem viel zu kleinen Betrag. Der Wumms reicht nicht aus.

Wirtschaftswissenschaftler Fred Wagner

Wirtschaftsexperte: Effekt wird zu gering sein

Die Renditen sollen ab Mitte der 2030er-Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung fließen, indem die Beiträge für Versicherte gesenkt werden. Aus Sicht von Wagner ist die Mischung aus umlagefinanzierter Rente plus einer Aktienrente eine vernünftige Idee. Nur eine, die viel zu spät komme: "Die Babyboomer gehen jetzt in Rente. Das kommt viel zu spät und mit einem viel zu kleinen Betrag. Der Wumms reicht nicht aus." Der Wirtschaftswissenschaftler glaubt, dass der Effekt für die mittelalte und jüngere Generation nur marginal sein wird.

Samira Harkat ist Gründerin der Leipziger Finanzberatung FemininFinance, die sich auf weibliche Erwerbsbiografien spezialisiert. Sie begrüßt die Einführung einer Aktienrente in Deutschland: "Ich sehe grundsätzlich alle Maßnahmen, die zu einer höheren Rentenzahlung beziehungsweise auch einer Beitragsentlastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern führt, für sehr sinnvoll. Aus ihrer Sicht trägt die geplante Maßnahme dazu bei, dass das Rentensystem generationsgerechter wird. Harkat befürchtet allerdings, dass bei einem Regierungswechsel die Gelder umgewidmet werden könnten – und die langfristige Anlagestrategie dann nicht mehr aufgeht.

Sozialverband: Intransparenz und zu viel Risiko

Beim Sozialverband Deutschland findet man Investments am Aktienmarkt für die Rente grundsätzlich viel zu intransparent und risikoreich. Henriette Wunderlich ist Referentin in der Abteilung Sozialpolitik und sagt: "Wir sagen halt lieber, jeden Euro zusätzlich, den es gibt, in die Rente stecken, als jetzt irgendwie ein spekulatives System aufzubauen. Und da haben wir aus unserer Sicht ein sehr gutes System, dass ist die umlagenfinanzierte, gesetzliche Rente."

Aber egal, wie der Staat versucht, die Renten zu finanzieren – Finanzberaterin Samira Harkat betont: "Das schützt alles nicht davor, sich wirklich aktiv privat selbst zu kümmern und zu schauen: Wo unterstützt mich der Staat, wie weit und in welcher Höhe, und wo muss ich selbst etwas tun." Es gelte: Je früher, desto besser.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 05. März 2024 | 06:05 Uhr

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