Die Linke Nach Wagenknecht-Rede: Wie ist die Stimmung an der Basis?

15. September 2022, 05:00 Uhr

Erst der Chef des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, Ulrich Schneider, dann der Finanzexperte Fabio de Masi: Beide sind aus der Linkspartei ausgetreten, in der es nach der provokanten Rede von Sahra Wagenknecht offenbar mächtig brodelt. Wie erleben das die Verbände hier in Mitteldeutschland – laufen ihnen auch schon die Mitglieder davon?

Für Marika Tändler-Walenta liegt in jeder Krise auch eine Chance. Die Kreisvorsitzende der Linken in Mittelsachsen kann in ihrer Region noch nicht von einer Austrittsbewegung sprechen: "Vor Ort an der Basis ist es eher so, dass solche Streitigkeiten oder Diskussionen eher zum Zusammenrücken führen. Wir haben keine Austritte gegenwärtig."

Kreisverbände vermelden kaum Austritte

MDR AKTUELL fragte in verschiedenen Kreisverbänden nach. Aus Jena heißt es, es gebe noch keine Auswirkungen. Hildburghausen hat von 142 Mitgliedern zwei verloren, weil sie verstorben sind. Das Alter der Mitglieder mache den sächsischen Linken aktuell noch mehr zu schaffen als bundespolitische Unstimmigkeiten, erklärt Lars Kleba, Landesgeschäftsführer der Linken.

Kleba räumt aber auch ein: "Ich habe konkrete Gründe vor mir, wo Leute gesagt haben, der aktuelle Zustand der Linken lässt mich nicht mehr gerne mitarbeiten. Wenn hier wieder Ruhe reingekommen ist, dann bin ich wieder dabei. Also diese Unruhe, auch Streitereien, die hauptsächlich auf Bundesebene ausgetragen werden oder in der Bundestagsfraktion, das beschäftigt die Leute, klar."

Linke hat seit den 90ern viele Mitglieder verloren

Parteienforscherin Julia Reuschenbach beobachtet die Entwicklung der Linken genau und glaubt, dass weitere Mitglieder die Partei verlassen könnten. "Das kann natürlich nicht im Interesse der Partei sein, wohlgemerkt einer Partei, die ohnehin in der Mitgliederstruktur in den letzten Jahren sehr stark hat Federn lassen müssen. Die Linke hat enorm viele Mitglieder verloren seit den 1990er-Jahren und da eine Trendumkehr zu schaffen, ist natürlich nicht leicht - angesichts der Tatsache, wenn da so prominente Köpfe die Partei verlassen."

Während die Meinung der Partei-Ikone Wagenknecht das öffentliche Bild der Partei prägt, versucht Linken-Politikerin Marika Tändler-Walenta aus Mittelsachsen, auf dem Marktplatz in Leisnig mit anderen Themen zu punkten. "Gegenwärtig sind wir in Leisnig, wir stellen uns gegen die Gasumlage, für eine Übergewinnsteuer – und das ist doch die Politik, die eigentlich Parteien führen sollten, vor Ort mit den Menschen zusammen ins Gespräch zu kommen." Tändler-Walenta beschäftigt sich mit den Themen der Menschen in ihrem Kreis und macht sich vorerst keine Sorgen um Mitgliederverluste.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 15. September 2022 | 06:00 Uhr

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