Gedenkveranstaltung der Bundesregierung zum 70. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 am Samstag (17.06.2023) am Mahnmal fuer die Opfer des Volksaufstandes in Berlin
Auf dem Berliner Friedhof Seestraße im Wedding erinnert Bundeskanzler Olaf Scholz an die Opfer des 17. Juni 1953. Bildrechte: IMAGO / epd

17. Juni 1953 Scholz: Volksaufstand ist Teil deutscher Freiheitsgeschichte

17. Juni 2023, 22:26 Uhr

Vor 70 Jahren gingen in der DDR eine Million Menschen auf die Straße, um gegen die Erhöhung von Arbeitsnormen zu demonstrieren. Die Demonstranten forderten zudem freie Wahlen und ein Ende des SED-Regimes. Der Protest wurde niedergeschlagen. Bundekanzler Scholz würdigte den Aufstand als Teil der deutschen Freiheitsgeschichte. An vielen ostdeutschen Orten wurde am Samstag daran erinnert.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Opfer des Volksaufstandes des 17. Juni 1953 in der DDR als Kämpfer für Freiheit und Demokratie gewürdigt. Scholz sagte bei einer Gedenkstunde der Bundesregierung auf dem Berliner Friedhof Seestraße, der Aufstand vor 70 Jahren sei "eines der wichtigsten und stärksten Ereignisse der Freiheitsgeschichte unseres Landes". Es führe eine direkte Linie vom 17. Juni 1953 zum Herbst 1989 mit der friedlichen Revolution und dem Fall der Berliner Mauer.

An der Gedenkstunde nahmen auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundesratspräsident Peter Tschentscher und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, teil. Zu den Gästen gehörten zudem Zeitzeugen, Opfer und Hinterbliebene. Bereits am Freitag hatte der Bundestag an die Ereignisse im Jahr 1953 erinnert.

Zentrale Gedenkstunde in Magdeburg

In Magdeburg würdigte Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Gunnar Schellenberger den Mut der damaligen Protestteilnehmer. Auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts hätten fast flächendeckend Arbeiter, Bauern und Bürger demonstriert, sagte Schellenberger auf der zentralen Gedenkveranstaltung des Landes. Der 17. Juni zeige: "Für Freiheit aufzustehen, verdient Respekt, auch wenn nicht unmittelbar der Erfolg sichtbar ist." Innenministerin Tamara Zieschang stellte einen Zusammenhang zum Jahr 1989 her: "Der 9. November 1989 war die Erfüllung eines Traums, der 1953 noch nicht Wirklichkeit werden konnte". Sie betonte zugleich, es sei wichtig, heute Anknüpfungspunkte für die eigene Geschichte und Gegenwart zu finden. Sie hob ein Projekt Magdeburger Schülerinnen und Schüler hervor, die Zeitzeugen interviewt haben.

Auch in vielen weiteren Orten in Sachsen-Anhalt wurde am Sonnabend an den Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 erinnert.

Thüringen erinnert in Jena an Todesopfer

Die zentrale Thüringer Gedenkfeier fand in Jena statt. Vertreter von Landtag und Landesregierung legten am Jenaer Denkmal für die politisch Verfolgten in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR Kränze nieder. Schüler brachten eine Erinnerungstafel für den Arbeiter Alfred Diener an. Er war wegen seiner Teilnahme an den Protesten durch ein sowjetisches Militärtribunal zum Tode verurteilt und in Weimar standrechtlich erschossen worden. Landtagspräsidentin Birgit Pommer sagte, Diener und die anderen Opfer würden daran erinnern, dass Demokratie nicht selbstverständlich sei, sondern täglich neu verteidigt werden müsse. Weitere Veranstaltungen waren auch in Gera, Erfurt und im Grenzlandmuseum Eichsfeld geplant.

Erinnerung in Görlitz und anderen sächsischen Orten

In Sachsen sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer am Abend bei einer Gedenkveranstaltung in Görlitz, die Sehnsucht nach Freiheit sei auch nach der blutigen Niederschlagung des Volksaufstandes geblieben – und dann im Herbst 1989 in der Friedlichen Revolution erfolgreich erkämpft worden. Seither gehe es darum, diese Freiheit aktiv zu gestalten.

In Chemnitz hielt Altbundespräsident Joachim Gauck eine Festrede. Er mahnte: "Es gilt, auch heute überall auf der Welt denen beizustehen, die sich, obwohl diskriminiert und ausgegrenzt, mutig für Freiheit, Demokratie und Recht einsetzen." Man wolle diesen Menschen eine Stimme geben und Gehör verschaffen, "ob in Russland, in Belarus oder im Iran". In Plauen stand das Gedenken unter dem Motto "Von der Sehnsucht nach und dem Bewahren von Freiheit". Nach einer Kranzniederlegung am Vormittag fand eine Festveranstaltung mit Podiumsdiskussion statt. Veranstaltungen gab es auch in Bautzen, Döbeln und Leipzig.

Im Juni 1953 demonstrierten eine Million Menschen

Am 17. Juni 1953 hatten DDR-weit etwa eine Million Menschen zunächst gegen höhere Arbeitsnormen, aber auch gegen die SED und für freie Wahlen demonstriert. Sowjetische Truppen und die DDR-Volkspolizei schlugen die Proteste nieder. Im Zusammenhang mit dem Aufstand kamen mindestens 55 Menschen ums Leben. Bis zu 15.000 Menschen wurden festgenommen, mehr als 1.500 erhielten zum Teil langjährige Haftstrafen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 17. Juni 2023 | 06:00 Uhr

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