Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht in der Debatte zum Auftakt der Haushaltswoche.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat zum Auftakt der Schlussberatungen für den Hauhalt 2024 seinen Plan verteidigt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Etat 2024 Haushaltsdebatte im Bundestag: Lindner verteidigt seinen Kurs

30. Januar 2024, 19:03 Uhr

Der Bundestag hat am Dienstag mit den Schlussberatungen über den Haushalt für das laufende Jahr begonnen. Bundesfinanzminister Christian Lindner warb in der einleitenden Finanzdebatte erneut für einen strikten Sparkurs. Die Union kritisiert derweil die Höhe der geplanten Ausgaben von rund 477 Milliarden Euro und wirft der Ampel soziale Unausgeglichenheit vor. Die AfD will eine Verfassungsklage gegen den Etat einreichen.

Die Schlussberatungen für den Etat 2024 haben im Bundestag begonnen. Vier Tage lang werden die Budgets für jedes Ministerium noch einmal im Plenum debattiert. Danach soll der Haushalt am Freitag verabschiedet werden – ebenso wie ein Gesetz zur Umsetzung von Sparmaßnahmen.

Zu Beginn der viertägigen Schlussberatungen hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Etatplan der Ampel-Regierung verteidigt. "Diese Koalition hat einen Gestaltungsehrgeiz. Ich spreche daher nicht von einem Sparhaushalt, sondern von einem Gestaltungshaushalt", sagte Lindner in seiner Rede am Dienstag im Bundestag. Selten sei ein Bundeshaushalt so intensiv beraten worden wie dieser.

Der Minister hob die auf 12,3 Prozent gestiegene Investitionsquote und veranschlagte Ausgaben des Klima- und Transformationsfonds hervor. Er verwies auf Rekordinvestitionen in Schiene, Straße und Netze. Zwar liefen einige krisenbedingte Hilfen aus, dafür werde an anderer Stelle entlastet. All das geschehe im Rahmen der Schuldenbremse. Außerdem seien hohe Investitionen in Bildung und Steuerentlastungen für die "arbeitende Mitte" vorgesehen.

Welche Ausgaben sind für den Haushalt 2024 geplant? Insgesamt sind Ausgaben in Höhe von 476,8 Milliarden Euro und neue Kredite über rund 39 Milliarden Euro geplant. Hinzu kommen Milliarden-Aufwendungen aus dem Klima- und Transformationsfonds und dem schuldenfinanzierten Sondervermögen für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr. Erstmals seit 2019 soll auch die Schuldenbremse wieder greifen. Sollten allerdings höhere Unterstützungsleistungen für die Ukraine auf Deutschland zukommen, behält sich die Ampel eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse vor.

Ampel-Koalition zufrieden mit Kompromiss

Auch SPD-Haushaltsexperte Dennis Rohde steht im Bundestag hinter dem Etatplan für 2024. "Ich bin stolz auf den Kompromiss, den wir gefunden haben", sagte er. Rohde verwies auf die Steigerung der Verteidigungsausgaben, um "das Land wehrhaft zu machen", aber auch auf mehr Mittel für politische Bildung und den Verzicht auf Kürzungen bei Sozialausgaben. "Wir stärken den Sozialstaat, und das ist wichtig für unsere Demokratie", sagte er in der Debatte.

Zuvor hatte die SPD erneut auf eine Aussetzung der Schuldenbremse gedrungen. "Wir dürfen keine Instrumente vom Tisch nehmen, wenn wir bei großen Herausforderungen und Katastrophen handlungsfähig bleiben wollen", hatte Fraktionsvize Achim Post den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt. Der Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen erforderten von Deutschland "enorme finanzielle Mittel". Diese würden sich aus dem laufenden Haushalt nicht bezahlen lassen.

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Otto Fricke hält eine Rede im Deutschen Bundestag. 5 min
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Kritik aus der Union: Haushaltspaket sozial unausgewogen

Die Unionsfraktion im Bundestag hat den Haushaltsplan von Finanzminister Christian Lindner scharf kritisiert. "Ihr Haushalt ist weit von einem Sparhaushalt entfernt", sagte Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU). "Sie geben weitaus mehr als das aus, was dieses Land erwirtschaftet. Wir leben massiv über die Verhältnisse."

Mathias Middelberg (CDU), spricht in der Debatte zum Auftakt der Haushaltswoche.
Union-Fraktionsvize Mathias Middelberg fordert Einsparungen beim Personal der Bundesministerien und dem Bürgergeld. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Das Haushaltspaket sei "auch sozial völlig unausgewogen", fuhr Middelberg fort. Belastet würden vor allem Geringverdienende und Rentner. Der CDU-Politiker forderte Einsparungen etwa beim Personal der Bundesministerien, beim Bürgergeld und in der Asylpolitik.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch kritisierte, die Union wolle ein "Spardiktat". Die Ampel dagegen lege Lösungen vor. Audretsch verwies auf milliardenschwere Investitionen in Fabrikansiedlungen, für die sich auch CDU-Ministerpräsidenten aussprächen. Der FDP-Chefhaushälter Otto Fricke bemängelte, die Union sage bei ihren Vorschlägen mit keiner Silbe, wo sie das Geld herholen wolle, und verweigere den demokratischen Diskurs. Auch SPD-Haushälter Dennis Rohde warf der Union vor, keinen einzigen Änderungsantrag zum Haushalt gestellt zu haben.

Wirtschaftsweiser sieht keine Sparorgie

Vonseiten der sogenannten Wirtschaftsweisen wird die Lage etwas anders eingeschätzt: Wirtschaftsweiser Martin Werding hat an den Haushaltsplänen der Bundesregierung im Großen und Ganzen nichts auszusetzen. Er sagte MDR AKTUELL, wer von einer Sparorgie spreche, übertreibe doch sehr. Die Bundesregierung gebe mehr Geld aus als in der Vergangenheit. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil seien aber die Rahmenbedingungen sehr eng.

Im Grunde genommen müsse man in den kommenden zwei bis drei Jahren Platz machen im Haushalt etwa für erhöhte Verteidigungsausgaben. Deshalb seien Einschnitte wie im stark subventionierten Agrarbereich geboten – auch wenn die Bauern seufzten.

Werding riet zugleich zu Vorsicht bei Änderungen an der Schuldenbremse. So habe in Frankreich der Schuldenstand in den vergangenen Jahren immer weiter abgehoben, während Deutschland seine Schuldenquote wirksam begrenzt habe. Und genau das gebe Spielraum für Notzeiten.

AfD will Verfassungsklage einreichen

Die AfD warf der Koalition vor, sie verstoße mit dem Haushalt erneut gegen die Verfassung. Deshalb wolle man erneut eine Verfassungsklage beantragen, sagte AfD-Haushälter Peter Boehringer. "Wir appellieren besonders an die CDU, mit uns zusammen die notwendigen 25 Prozent dieser Normenkontrollklage aufzubringen."

Mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht hatte die Union 2023 erreicht, dass der Koalition 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds gestrichen wurde, die die Ampel verfassungswidrig auf den Fonds übertragen hatte. Aus diesem Grund wird der diesjährige Etat auch erst jetzt – und nicht schon Ende November – beschlossen

Verspätete Verabschiedung des Etats 2024

Wegen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts musste der Haushalt 2024 teilweise auf eine neue Grundlage gestellt werden. Die Union kritisiert, dass das zu Unsicherheiten in der Wirtschaft geführt habe, die in Folge dessen geschrumpft sei.

Um eine Finanzlücke im zweistelligen Milliardenbereich zu schließen, schnürte die Ampel-Koalition ein Paket aus Einsparungen und Subventionskürzungen. Darunter ist auch die schrittweise Streichung der Vergünstigung für Agrardiesel, gegen die es massive Proteste der Bauern gab.

dpa, AFP, MDR (smk)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Januar 2024 | 13:00 Uhr

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