Ein Paar sitzt vor Unterlagen.
Audio: Die Bundesregierung will die Steuerklassen III und V abschaffen. Mehr Geld für den Staat bedeutet das aber nicht. Bildrechte: imago images/Shotshop

Geplante Steuerreform Keine Mehreinnahmen für den Staat durch Abschaffung der Steuerklassen III und V

29. Februar 2024, 11:45 Uhr

Die Bundesregierung plant in einer Steuerreform, die Steuerklassen III und V abzuschaffen. Das betrifft verheiratete Paare. Ein Hörer von MDR AKTUELL aus Erlbach-Kirchberg fragt, ob der Bund durch die Neuregelung mehr oder weniger Steuereinnahmen hat.

Die kurze Antwort auf die Frage des Hörers hat Florian Neumeier, Leiter der Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik beim ifo Institut: Am Füllstand der Staatskasse ändert sich durch die geplante Maßnahme rein gar nichts. "Durch die Reform der Steuerklassen erzielt der Staat genauso viele Einnahmen wie davor. Diese Reform wirkt sich lediglich darauf aus, wie viel wir im Prinzip monatlich Abschlag zahlen an Steuern, aber nicht auf die Steuerlast, die wir insgesamt über das Jahr hinweg zahlen müssen."

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Die Abschaffung des herkömmlichen Modells soll Ehepartner ermutigen zu arbeiten

Die Art, wie wir den Abschlag an Steuern zahlen, kann sich aber durchaus darauf auswirken, wie wir arbeiten. Deshalb will die Ampel das Modell III/V abschaffen, das sich für Ehepaare rentiert, bei denen ein Partner deutlich mehr verdient als der andere. Der Mehrverdiener wählt Lohnsteuerklasse III, profitiert von allen Freibeträgen und zahlt dadurch weniger Lohnsteuer. Der Zweitverdiener mit geringerem Einkommen wählt Lohnsteuerklasse V, hat keine Freibeträge, aber einen höheren Lohnsteuersatz.

Das kann für ein Ungleichgewicht sorgen, erklärt Neumeier: "Es gibt Studien, die zeigen durchaus, dass diese Steuerklassenkombination III/V den Zweitverdiener davon abhält, arbeiten zu gehen oder mehr zu arbeiten, von daher sollte sich diese Reform jetzt auf jeden Fall positiv auf die Arbeitsanreize auswirken und damit eben auch auf die Gleichberechtigung in einer Ehe."

Und genau das ist das Ziel der Reform. Deshalb soll die Lohnsteuer bei Ehepaaren zukünftig über das Modell IV/IV abgerechnet werden. Also beide Partner in Lohnsteuerklasse IV. Vereinfacht gesagt zahlt hier jeder Ehepartner Lohnsteuer aufs eigene Gehalt mit eigenen Freibeträgen.

Das Ehegattensplitting bleibt

Am Ende des Jahres kann das Paar noch vom Ehegattensplitting profitieren. Auch ein Weg für verheiratete Paare, Steuern zu sparen – an dem sich durch die Steuerklassenreform zunächst nichts ändert. Und damit die Eheleute hier nicht unnötig vorauszahlen, rechnet das Finanzamt diesen Splitting-Vorteil schon unterm Jahr in die Lohnsteuer mit ein.

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Ein sinnvolles und zeitgemäßes Abrechnungsmodell, findet der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel. "Im Zuge der Digitalisierung ist es völlig in Ordnung, dass man die unterschiedlichen Steuerklassen abschafft, weil das Finanzamt natürlich exakt auch die Lohnsteuerabzugsmerkmale errechnen kann und somit unterjährig die Steuerlast auch entsprechend vermerkt wird und dann eben auch geschuldet wird."

Ein Modell, das Ehepaare übrigens auch heute schon wählen können, von vielen wird es aber nicht genutzt, sagt Holznagel. Und auch er betont: Darauf, wie viel Steuern ein Ehepaar am Ende des Jahres zahlen muss, hat die Art der Lohnsteuerberechnung keinen Einfluss. Und damit eben auch nicht auf die Höhe der Einnahmen beim Staat.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 29. Februar 2024 | 06:22 Uhr

35 Kommentare

Erichs Rache vor 8 Wochen

@Matthi

"Gleichberechtigung in der Ehe geht den Staat nichts an, dass ist ein Thema zwischen den Eheleuten, jeder von beiden kann in einer Ehe selbstbestimmt entscheiden was er möchte oder nicht.


Stimmt genau.

Deshalb hat "der Staat" mit der hohen Grenzsteuerbelastung für Zweitverdiener mittels des Ehegattensplitting auch nicht über "die Aufgabenverteilung innerhalb der Ehe" zu entscheiden.

Das ist einzig und allein Sache von Ehepaaren selbst, "die Aufgabenverteilung innerhalb der Ehe" zu regeln, das geht "den Staat" überhaupt nix an.

Matthi vor 8 Wochen

Gleichberechtigung in der Ehe geht den Staat nichts an, dass ist ein Thema zwischen den Eheleuten, jeder von beiden kann in einer Ehe selbstbestimmt entscheiden was er möchte oder nicht.

Alter Sack vor 8 Wochen

Wir haben EINEN gemeinsamen Topf, in den beide Einkommen Reinwandern. Und das ist unser Geld nicht meines und nicht ihres. Letztendlich ist es auch ein nicht unerheblicher Verdienst meiner Frau das "Kleinunternehmen Familie" wirtschaftlich vernünftig zu führen. Wenn beide in Vollzeit arbeiten, leider diese Effizienz. Oder man hat eben sehr spät Feuerabend, von den Kindern und ihren Bedürfnissen mal abgesehen.

Letztendlich profitiert die Wirtschaft durch mehr Umsatz, weil's Zuhause eben nicht mehr so effizient läuft.

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