Ein ICE verlässt am Morgen den Hauptbahnhof Hannover in Richtung Berlin.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte

Tarifkonflikt bei der Bahn Lokführer-Gewerkschaft GDL will sechs Tage lang streiken

23. Januar 2024, 12:48 Uhr

Die Lokführergewerkschaft GDL hat ein verbessertes Angebot der Bahn abgelehnt und zu einem neue Streik aufgerufen. Er soll sechs Tage gehen und am Mittwochmorgen beginnen. Es wäre der bereits vierte Streik im laufenden Tarifkonflikt. Die Bahn warf der GDL vor, unverantwortlich zu handeln. Auf juristische Mittel gegen den Arbeitskampf will die Bahn aber verzichten.

Die Gewerkschaft der Lokführer hat erneut zum Streik bei der Deutschen Bahn aufgerufen. Damit lehnt die GDL auch das erst am Freitag vorgelegte Bahn-Angebot ab. "Mit dem dritten und angeblich verbesserten Angebot hat die Deutsche Bahn AG erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiter verfolgt, von Einigungswillen keine Spur", hieß es von der GDL in der Nacht zum Montag.

Der Streik soll im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen um 2 Uhr beginnen und bis Montag kommender Woche um 18 Uhr andauern, teilte die Gewerkschaft mit. Die Lokführer der Logistik-Sparte DB Cargo sind bereits ab Dienstag um 18 Uhr zum Streik im Güterverkehr aufgerufen.

Bahn verzichtet auf Rechtsmittel gegen den Streik

Die bundeseigene Deutsche Bahn kritisierte diese Ankündigung und warf der Gewerkschaft "unverantwortliches" Handeln vor. Ein Sprecher sagte, die Bahn wolle Kompromisse, die GDL verschärfe den Konflikt: "Wer bei einem neuen Angebot mit bis zu 13 Prozent und der Möglichkeit der 37-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt noch nicht einmal an den Verhandlungstisch kommt, handelt absolut unverantwortlich."

Zugleich kündigte der Konzern an, auf juristische Schritte gegen den Streik zu verzichten. Das Unternehmen erklärte, nach rechtlicher Prüfung sei aktuell nicht geplant, eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Beim vorangegangenen Streik hatte die Bahn das Arbeitsgericht Frankfurt angerufen, war aber damit in zwei Instanzen gescheitert.

Neue Notfahrpläne werden laut Bahn noch ausgearbeitet. Bei vorherigen Streiks war etwa jede fünfte Fernzugverbindung angeboten worden. Jetzt hieß es, dass es erneut ein stark reduziertes, aber stabiles Angebot geben werde, außerdem längere Züge. Reisende sollten Sitzplätze reservieren.

Auf die neue GDL-Streik-Ankündigung reagierte Bundesverkehrsminister Volker Wissing mit offener Kritik: "Ich habe null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung", sagte der FDP-Politiker am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Seiner Meinung nach nehme der Tarifkonflikt "destruktive Züge" an. Er glaube nicht, "dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut", sagte er mit Bezug auf den GDL-Chef.

Auch der FDP-Politiker Torsten Herbst kritisierte den Streik als unverhältnismäßig. Bei MDR AKTUELL sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, das sei kein normaler Arbeitskampf mehr. Ein ganzes Land werde von der GDL in Geiselhaft genommen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will sich indes nicht einmischen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Montag: "Das ist Sache der Tarifparteien." Allerdings wünsche sich der Kanzler natürlich schnelle und konstruktive Gespräche und möglichst geringe Nebenwirkungen.

Weselsky verteidigt Streik und attackiert Seiler

Am Mittag dann trat auch GDL-Chef Claus Weselsky vor die Presse, um den Streik zu verteidigen. Die Bahn sei der GDL nicht entgegengekommen, sagte er. Das Angebot sei keine Verhandlungsgrundlage. Eine Schlichtung lehnte Weselsky erneut ab.

Vielmehr warf er dem Bahn-Verhandlungsführer Martin Seiler vor, Bahnkunden und Mitarbeiter zu täuschen. Die angebotene Senkung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde habe Seiler daran gekoppelt, dass die Bahn ausreichend zusätzliche Mitarbeiter einstellen könne. Zudem weigere sich die Bahn, über einen Tarifvertrag für Beschäftigte in der Infrastruktur überhaupt zu verhandeln. Seiler müsse sich fragen lassen, ob er überhaupt noch ein geeigneter Verhandlungsführer sei.

Die Bahn verweist darauf, dass sie wegen des Tarifeinheitsgesetzes für Beschäftigte in der Infrastruktur mit der GDL keinen Vertrag schließen könne, da die Gewerkschaft hier in keinem Teilbetrieb eine Mehrheit habe.

Vierter Streik im laufenden Tarifkonflikt

Der neue Streik wäre der vierte im laufenden Tarifkonflikt. Vor dem Jahreswechsel hatte die GDL zunächst mit zwei Warnstreiks große Teile des Personenverkehrs lahmgelegt. Im Januar des neuen Jahres folgte dann ein dreitägiger regulärer Streik ähnlicher Wirkung.

Die Bahn bot ab August 4,8 Prozent mehr Geld an und ab April 2025 um weitere fünf Prozent. Dazu soll es 2.850 Euro als Inflationsausgleichsprämie geben. Darüber hinaus könnten ab Januar 2026 dann die Lokführer und Zugbegleiter ihre Wochenarbeitszeit um eine Stunde verkürzen. Insgesamt summiert sich das Angebot laut Bahn so auf bis zu 13 Prozent.

Die GDL hat eine Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich als Kernforderung genannt, mindestens aber 555 Euro monatlich mehr, zudem eine Inflationsprämie von 3.000 Euro gefordert und eine Laufzeit des neuen Tarifvertrags von zwölf Monaten.

dpa, Reuters, dpa (mkr, ksc)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 22. Januar 2024 | 06:00 Uhr

157 Kommentare

Wessi vor 15 Wochen

Aber eben nicht RRG @ knarf...oder sehen Sie irgendwo "Linke" in der Regierung? ROTROTGRÜN! Das, inklusive FDP und auch CDU/CSU zusammenzufassen ist doch die üble Unterstellung der Rechtsextremen!

knarf vor 15 Wochen

Peter Riesler:Ja unglaublich was Sie so für Vorschläge haben!Im Streik geht's um Tariflöhne und nicht um Bonis der Chefetage die zugegeben eine Sauerei sind!

Normalbuerger vor 15 Wochen

Und wieder geht die Selbstdarstellung des Herrn Wesselsky in die nächste Runde und wieder auf Kosten anderer. Diesem Menschen müsste das Handwerk gelegt werden . Er will solange steiken bis alle seine absolut abstrusen und unrealistischen Forderungen erfüllt sind . Aber Steik heißt Verhandlungen und Kompromisse. Dieser unverantwortlich Handelnde kehrt ja nicht mal an den Verhandlungstisch zurück trotz entgegenkommender Angebote der Bahn bzw . wie ich hörte nimmt er nicht mal selbst an Verhandlungen teil, sondern kassiert dann die Lorbeeren. Und das macht er gefühlt jedes Jahr ! Dieser Mensch nervt gewaltig. Also zusammenfassend habe ich absolut null Verständnis für diese ständigen Bahnsteiks . Andere Arbeitnehmer bekommen ihre Forderungen auch nicht zu 100 Prozent erfüllt und müssen Lösungen finden. Er verlangt ja quasi gut 20 Prozent mehr Lohn , das ist ein absoluter Witz. Am Ende bezahlt es sowieso der Bahnnutzer . Dann wird das Bahnfahren endgültig zum Luxus.

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