
Verfassungsschutzbericht Klimaschutz-Bewegung "Ende Gelände" ist extremistischer Verdachtsfall
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18. Juni 2024, 12:29 Uhr
Die Bedrohung durch Extremismus in Deutschland nimmt zu. Der Verfassungsschutz zählt in seinem Bericht für 2023 mehr Rechts- und Linksextreme sowie einen starken Anstieg von antisemitischen Straftaten in Deutschland. Die Klimaaktivistengruppe "Ende Gelände" wird als linksextremistischer Verdachtsfall geführt. Laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser steht die Demokratie in Deutschland unter starkem Druck.
- Die Aktivistengruppe "Ende Gelände" wird vom Verfassungsschutz als linksextremistischer Verdachtsfall geführt.
- Laut Verfassungsschutzbericht ist die Zahl der Extremisten in allen Bereichen gestiegen.
- Die Sicherheitslage in Deutschland ist angespannt.
Die Klimaaktivistengruppe "Ende Gelände" wird vom Verfassungsschutz inzwischen als linksextremistischer Verdachtsfall geführt. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023 hervor. Die Gruppe, die vor allem durch Proteste gegen den Kohle-Bergbau in Erscheinung getreten war, habe seine Aktionsformen zunehmend verschärft "bis hin zur Sabotage", hieß es. Grundsatzpapiere der Gruppe ließen "deutlich eine Radikalisierung im Hinblick auf die vorherrschenden ideologischen Positionen" erkennen.
Die Einstufung als Verdachtsfall gibt dem Verfassungsschutz mehr Befugnisse bei der Beobachtung von "Ende Gelände". Er darf sie dann mit bestimmten geheimdienstlichen Mitteln beobachten. So ist es etwa möglich, V-Leute anzuwerben, außerdem dürfen Menschen observiert werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) empfahl den Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linken, die Zusammenarbeit mit "Ende Gelände" zu beenden.
Zahl der Extremisten in Deutschland gestiegen
Die Zahl der Linksextremen ist laut Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang im vergangenen Jahr "erneut deutlich gestiegen". Insgesamt gehe er von rund 37.000 Menschen aus, von denen etwa 11.000 gewaltbereit seien, sagte Haldenwang bei der Vorstellung des Berichts. Linksextremistische Straftaten seien im Vergleich zum Vorjahr um 10,4 Prozent gestiegen.
Laut Bericht hat sich die Zahl der Extremisten in Deutschland in vielen Bereichen erhöht. Der Verfassungsschutz rechnete Ende vergangenen Jahres rund 40.600 Personen der rechtsextremen Szene zu. Das waren knapp 2.000 mehr als im Jahr zuvor. Mehr als jeder Dritte von ihnen gilt als gewaltbereit.
Rechtsextreme Szene bleibt größte verfassungsfeindliche Gruppe
Die klassisch rechtsextreme Szene bleibt damit die größte verfassungsfeindliche Gruppe in Deutschland. Die Vernetzungsaktivitäten der sogenannten Neuen Rechten hätten weiter zugenommen, so Haldenwang. Er sprach von einem "aktuell einem sehr hohen Niveau von Bedrohungen" und "komplexen Herausforderungen".
Rund ein Drittel der AfD-Mitglieder rechtsextrem
Aus den Reihen der AfD rechnet das Bundesamt inzwischen 11.300 Mitglieder dem rechtsextremistischen Personenpotenzial zu. Das sind rund 30 Prozent der Parteimitglieder. Es bestehe jedoch weiterhin eine Heterogenität innerhalb der Partei, sodass nicht alle Parteimitglieder als Anhänger extremistischer Strömungen betrachtet werden könnten, heißt es dazu im Bericht.
Extremistische Straftaten auf Höchststand
Auch im Bereich des auslandsbezogenen Extremismus gab es einen Anstieg auf 30.650 Personen. Dazu zählen etwa Anhänger der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Im Bereich Islamismus/islamistischer Terrorismus zählten die Verfassungsschützer dagegen mit rund 27.000 Personen etwas weniger als im Vorjahr. Das Risiko dschihadistischer Anschläge sei seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 jedoch weiter gestiegen, warnte Haldenwang. Der in der Folge eskalierte Nahostkonflikt habe "wie ein Brandbeschleuniger für den Antisemitismus in Deutschland" gewirkt.
Wie bereits zuvor bekannt, stieg die Zahl der Straftaten mit extremistischem Hintergrund 2023 auf einen neuen Höchststand von rund 39.000. Darunter waren 2.761 Gewalttaten.
Faeser: Sicherheitslage in Deutschland angespannt
Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und dem Krieg in Gaza bleibe die Sicherheitslage in Deutschland angespannt, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie betonte auch die andauernde Bedrohung durch russische Spionage, Cyberattacken und Desinformation, mit der versucht werde, Wut und Hass zu säen. Seit Juni arbeitet in Faesers Ministerium eine ressortübergreifende Stelle, die ausländische Manipulationsversuche möglichst frühzeitig erkennen soll.
AFP, rtr, MDR (smk)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 18. Juni 2024 | 12:00 Uhr