Führungspositionen Karriere: Ostdeutsche haben noch immer schlechtere Aufstiegschancen
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25. Februar 2024, 15:20 Uhr
Vor einem Jahr ist das Buch "Der Osten: eine westdeutsche Erfindung" des Leipzigers Dirk Oschmann erschienen. Seither polarisiert es und sorgt für viele Diskussionen. Oschmann beruft sich auf verschiedene Studien, zum Beispiel auf eine der Universität Leipzig, die zu dem Schluss kommt, dass auch die Generation der heute 20- bis 30-jährigen Ostdeutschen noch immer schlechtere Aufstiegschancen haben. Was sind die Gründe für die ungleichen Karrierechancen?
- Seit der ersten Erhebung vor 20 Jahren hat sich kaum etwas daran geändert, dass Ostdeutsche in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind.
- Dem Ostbeauftragten Carsten Schneider zufolge müssen gerade Personen in Entscheidungspositionen dafür sensibilisiert werden.
- Immerhin gibt es nun ein Konzept, um die Bundesverwaltung ostdeutscher zu machen.
2022 führte die Uni Leipzig in Kooperation mit dem MDR eine Datenerhebung durch. Ziel war es, herauszufinden, wie Ostdeutsche aktuell in Regierungen, Wirtschaft, der Justiz, den Medien und Hochschulen repräsentiert sind.
Studienleiter Olaf Jacobs führt aus: "Wir wollten gucken, ob es für diese Stimmung, die man häufig wahrnimmt – nicht gehört und nicht wahrgenommen zu werden – ob es für dieses Gefühl objektive Gründe gibt. Und da kommt man zu der Frage: Wie stark sind bestimmte Gruppen eigentlich vertreten?"
Situation verbessert sich nicht – eher im Gegenteil
Das Ergebnis: Nach wie vor sind Ostdeutsche – bezogen auf ihren Bevölkerungsanteil – in Führungspositionen stark unterrepräsentiert. Sowohl gesamtdeutsch gesehen, als auch in Ostdeutschland selbst. Seit der ersten Erhebung 2004 hat sich daran fast nichts geändert.
So ist die Situation laut Olaf Jacobs auch für junge Ostdeutsche nicht viel besser, als für jene vor 30 Jahren: "Im Bereich der Wirtschaft ist die Unterrepräsentanz eher noch gestiegen. Wir hatten ganz am Anfang, als diese Datenerhebung zum ersten Mal durchgeführt wurde, häufig die Situation, dass es einen westdeutsch sozialisierten Chef bzw. eine Chefin gab und eine Stellvertreterperson mit ostdeutscher Sozialisierung. Und wir hatten eigentlich erwartet, dass sich das mit der Zeit auswachsen wird und aus diesen stellvertretenden Personen dann irgendwann die Chefs bzw. Chefinnen werden."
Tatsächlich habe sich aber gezeigt, dass die Zahl der ostdeutschen Stellvertreterinnen und -vertreter nochmal zurückgegangen ist.
Westdeutsche stellen tendenziell andere Westdeutsche ein
Ein Grund: Eliten rekrutieren sich gegenseitig. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider präsentierte die Ergebnisse auf dem Ostdeutschen Wirtschaftsforum 2022. Er sprach mit Dax-Vorständen und Vertretern der Wirtschaft – und stellte dabei fest: Niemand hatte das Thema überhaupt auf dem Schirm.
Schneider versuche deshalb, insbesondere Personen in Entscheidungspositionen dafür zu sensibilisieren. Noch seien viele Entscheider Westdeutsche und denen müsse man "erstmal reinhämmern", dass sie nur ganz selten Ostdeutsche in ähnlichen Positionen treffen würden.
Das müsse sich ändern, denn schließlich sei eine ostdeutsche Herkunft kein Makel, sondern ein Qualitätsmerkmal.
Mehr Repräsentanz von Ostdeutschen herstellen
Der Ostbeauftragte will als gutes Beispiel vorangehen. Er will zeigen, wie Institutionen mehr Repräsentanz von Ostdeutschen herstellen können und macht es mit der Bundesverwaltung vor. "Deswegen hat die jetzige Koalition gesagt: 'Nee, wir erheben jetzt überhaupt mal die Zahlen.' Zum Beispiel im Verteidigungsbereich oder in anderen Ressorts. Das gab es bisher nicht."
Auf dieser Grundlage gibt es nun ein Konzept, das die Bundesverwaltung ostdeutscher machen soll. Ein guter erster Schritt, findet Studienleiter Olaf Jacobs. Eine Chance sei auch die Öffentlichkeit, die das Buch "Der Osten: eine westdeutsche Erfindung" von Dirk Oschmann hergestellt hat. "Natürlich muss das dann auch zu Konsequenzen und zum Mitdenken bei der Frage der Besetzung von Elitepositionen führen – das ist der nächste notwendige Schritt."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 25. Februar 2024 | 06:12 Uhr
Anuk vor 40 Wochen
Komisch, aber bei uns verdienen Frauen identisch wie Männer in den gleichen Positionen. Wir haben da keine Gehaltstabelle männlich und weiblich. Wenn man in einem tarifgebundenem Betrieb arbeitet, dann muss man das nicht mal persönlich erkämpfen, sondern es ist einfach so.
Die Weichen werden übrigens beim Einstieg gestellt.
Dort hat man in der Regel noch die Chance etwas auszuhandeln in Bezug auf seine Eingruppierung. Da gibt es ja in vielen Bereichen einen "Erfahrungsbonus". Dieser ist durchaus verhandelbar im Gegensatz zu der Qualifikationsebene die meist durch die Tätigkeit festgelegt ist.
Hier braucht man eben Erfahrung wie der Hase läuft und muss den Mund aufmachen. Mit Ost/West hat das aber nichts zu tun.
Huxley vor 40 Wochen
Die Frage ist doch wohl eher warum dies so ist.
Objektiv gesehen stecken Frauen ja in der Familie meist zurück und kümmern sich um die Kinder.
Subjektiv gesehen treten Mänenr wahrscheinlich in vielen Bereichen selbstbewußter auf und bekommen dann eben häufiger was sie wollen.
Keine Ahnung ob das ein Erzihungsding ist: Das brave Mädchen und der Junge der es einfach probiert und wo es OK ist wenn er mal auf der Schnauze landet.
Huxley vor 40 Wochen
Ich finde es immer interessant welchen Einblick einzelne Personen in nachgeordneter Funktion angeblich über ganze Konzerne und Behördenlandschaften haben, inklusive die Zahl der Geliebten und den Zustand der jeweiligen Ehen, inkl. Schlafzimmer verschiedenster Vorgesetzter.
Haben sie eigentlich auch Argumente oder ersetzt die Zuschreibung, dass die Menschen aus dem Westen wiederliche Prahlhänse mit kaputten Ehen sind eine Argumentation?
Ich wiederhole es noch mal:
Führungspositionen erhält man nicht, weil man nichts tut und irgendwann jemand der Meinung ist, man wäre jetzt dran. Da ist schon ein bischen mehr Engagement nötig, wie z.B. in einem Patenbundesland beim Aufbau Ost mit zu wirken, obwohl man dafür sein normales Leben aufgaben muss.
So was ist ein Baustein auf den später mal geschaut wird.