Eine besprühte Mauer mit dem Schriftzug 1. FC Magdeburg
Bildrechte: MDR/SAH

Aufreger Fußball-Aufkleber und Graffiti sorgen für Unmut in Anhalt-Bitterfeld

14. Januar 2024, 09:11 Uhr

Für einige Nicht-Fußball-Fans ist es ein absolutes Aufregerthema: Aufkleber und Graffiti mit dem Schriftzug von Fußball-Vereinen an Laternenmasten, Stromkästen, Wartehäuschen oder Mauern. Besonders im Landkreis Anhalt-Bitterfeld scheint es regelrecht einen Wettstreit zu geben. Doch das Logo an eine Kirchentür in Köthen zu sprühen, ging nicht nur dem Pfarrer zu weit. Er spricht von einer neuen Qualität.

Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld gibt es offenbar einen Wettstreit rivalisierender Fußballfans um die besten Plätze für Fußball-Aufkleber. Einige Bürgerinnen und Bürger im Landkreis zeigen im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT zunehmend Ablehnung zu diesen Aufklebern.

Mit Aufklebern beklebtes Stadtmarketing-Element in Köthen
Die Aufkleber sind nahezu überall im Stadtbild von Köthen. Werden sie entfernt, sind schnell neue da. Bildrechte: MDR/SAH

Wolfgang Nickel vom Forellenhof in Großpaschleben bei Köthen verdreht bei dem Thema genervt die Augen. Alles sei beschmiert oder überschmiert. "Es ist einfach nur schauderhaft", sagt er. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld verläuft eine unsichtbare Linie zwischen den zwei bekanntesten Fußballklubs in Sachsen-Anhalt. Die Aufkleber sind in rot für den Halleschen FC oder in blau für den 1. FC Magdeburg gehalten. Und die verfeindeten Anhänger kämpfen anscheinend um die Vorherrschaft bei der Sichtbarkeit. Unbeteiligte haben es satt. Sie sprechen von einer Sauerei, die das Ortsbild verschandele.

Kein Halt vor einer Kirchentür

Beklebt werden Strommasten, Wartehäuschen, Elektrokästen, Verkehrs- und Ortseingangsschilder, Dachrinnen, Garagentore, Gartenzäune und wie im vergangenen Jahr in Köthen geschehen auch eine Kirchentür. Uwe Kretschmann, Jugendreferent der Landeskirche Anhalt, sagt: "Den Tätern sind selbst Gotteshäuser nicht heilig." Auch Köthens Pfarrer Martin Olejnicki äußert sich dazu: "Ich meine, die Graffitis kennt man in der Stadt. Aber das an der Kirche war eine neue Qualität. Das hat uns schon enttäuscht."

Drei Männer stehen vor einer mit FCM-Schriftzug besprühten Kirchentür.
Christoph Lux (Gemeindekirchenrat), Steffen Queitsch (Tischler) und Andreas Herrmann (Norand Schlauchlining - Graffiti Entfernung) begutachten den "Schaden" an der Jakobskirche in Köthen. Bildrechte: Martin Olejnicki

Das Entfernen kostet Kommunen Geld

Köthens Bürgermeisterin Christina Buchheim (Die Linke) sagt, das sei ein großes Problem in der Stadt. Es habe auch bisher nichts gebracht, sich mit der Fanhilfe der Vereine in Verbindung zu setzen, um zu sensibilisieren, wie groß der Beseitigungsaufwand für die Kommunen ist, und um ins Gespräch zu kommen.

Buchheim sagt, es gehe auch darum, für ein schönes Stadtbild zu sorgen. Die Fanhilfe Magdeburg teilte MDR SACHSEN-ANAHLT mit, man sei für derartige Anliegen gar nicht zuständig. Man habe die Bürgermeisterin aber an entsprechende Ansprechpartner weitervermittelt.  

Christina Buchheim
Christina Buchheim, Bürgermeisterin von Köthen, hat sich an die Fan-Hilfe gewandt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ohne eine Zusage der Fans ist keine Besserung in Sicht. Denn wenn die Stadt aufwändig gereinigt wird, dauert es nur kurze Zeit, bis es wieder beim Alten ist. Großpaschlebens Ortsbürgermeister Gernot Panitz (Die Linke) sagt, vielerorts im Kreis Anhalt-Bitterfeld blieben die Gemeinden auf den Kosten zum Entfernen von Graffiti und Aufklebern sitzen. "Das kostet alles Geld und es ist kein Geld da", so Panitz. Bei der Restaurierung der Kirchentür wurde die Kirche unterstützt. Zumindest die Kirchentür sei vorerst sicher. Das habe der Fan-Club dem Pfarrer versprochen.

Martin Olejnicki
Martin Olejnicki Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ich meine, die Graffitis kennt man in der Stadt. Aber das an der Kirche war eine neue Qualität. Das hat uns schon enttäuscht.

Köthens Pfarrer Martin Olejnicki

Täter werden fast nie zur Verantwortung gezogen

Die Ermittler tun sich schwer. Gefasst werden Täter fast nie, heißt es dazu von der Dessauer Polizeiinspektion. So aber kann es nicht weitergehen, sagt Uwe Kretschmann. Der Jugendreferent schlägt vor, dass die Reinigungskosten auch dem Verein auferlegt werden müssen. Der müsse das dann an seine Kunden bzw. Fans weitergeben. Dass man zu seinem Verein steht, kann man laut Kretschmann auch woanders zeigen. Und Köthens Pfarrer bittet darum, entweder einzuschreiten oder auch die Polizei zu rufen, wenn man so etwas beobachtet.

Ein besprühter Stromkasten an einem Feldrand
Ein Wettstreit zwischen rivalisierenden Fans? Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR (ahr), Martin Krause, Till Tognino | Der Artikel wurde erstmals veröffentlicht am 13. Januar 2024.

Mehr zum Thema

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 12. Januar 2024 | 08:50 Uhr

27 Kommentare

zenkimaus vor 14 Wochen

Nein genauso dumm. Obwohl ich Regenbogen 🌈 schöner und bunter finde. Politische Aufkleber die diffamieren sind genauso zu verurteilen. FCK die Grünen oder AFD.
Hängt grüne Wähler habe ich auch schon gesehen. Hoffe das das für sie nicht OK ist?

Flo vor 14 Wochen

Das "Überzeichnen" des Rivalen, egal ob politisch oder sportlich motiviert, ist ja scheinbar ein Urinstinkt. Jedenfalls kann man selbiges Verhalten auch bei Hunden feststellen 😜

geradeaus vor 14 Wochen

Die Idee vom Jugendreferenten Kretschmann finde ich exzellent. Hier sollte nun der Staat schnell reagieren und das auch umsetzen. Die jeweiligen Vereine kommen für die Kosten der Säuberung auf.

Es gibt jedoch einen Haken. Beispiel: Verein X ist finanziell angeschlagen. Fans rivalisierender Clubs wissen das und beschmieren nun viele große öffentliche Gebäude etc mit dem Logo von Club X mit dem Ziel, das sich die finanzielle Not vergrößert und der Verein massiv in Schieflage gerät und eventuell schlussendlich sogar absteigt deswegen.

Womöglich ein dämlicher Gedanke meinerseits ^^
Ich bin jedenfalls für diese Idee.

Mehr aus Anhalt-Bitterfeld, Dessau-Roßlau und Wittenberg

Mehr aus Sachsen-Anhalt