Tante Enso Landen myenso
Die "Enso"-Läden können auch nachts und am Wochenende zum Einkaufen genutzt werden. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Steinach

Einkaufen 24/7 Land-Supermärkten drohen Beschränkungen – FDP will Gesetzesänderung

21. Februar 2024, 14:21 Uhr

Kilometerweite Wege zum Einkauf: Das ist in ländlichen Regionen seit Jahren Alltag, weil sich dort normale Supermärkte nicht rechnen. Ein Unternehmens-Konzept mit Selbstbedienungsläden hält dagegen. Zwei Filialen gibt es schon in Sachsen-Anhalt. Dort kann rund um die Uhr eingekauft werden. Doch das Landesverwaltungsamt hat nun darauf verwiesen, dass die Regelung zu Ruhetagen auch für Geschäfte ohne Mitarbeiter gilt. Die FDP will eine Gesetzesänderung beantragen.

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Den neuen Land-Supermärkten mit bislang unbeschränkten Öffnungszeiten droht die Sonntags-Schließung. In einem Rundschreiben, das MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt, drängt das Landesverwaltungsamt darauf, das Ladenschlussgesetz einzuhalten. Die Behörde bezieht sich auf die im vergangenen Jahr in Wörlitz (Landkreis Wittenberg) und Görzig (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) eröffneten Selbstbedienungsläden. Sie können rund um die Uhr mit Kundenkarte genutzt werden.

Sollen sich Kundinnen und Kunden von "Tante-Enso-Läden" sonntags lieber erholen?

87% 366 Stimmen   Nein, das Konzept der Läden auf dem Land ist 24/7, als rund um die Uhr offen zu haben.
8% 34 Stimmen   Auch in solchen Läden sollte es zumindest am Sonntag eine Pause geben.
5% 21 Stimmen   Ich kenne diese Art von Läden nicht.

Stand: 20.02.2024 15:59:59 Uhr 421 Stimmen Die Abstimmungsergebnisse sind nicht repräsentativ.

Die Abstimmung ist beendet.

Ruhetage gelten auch für Geschäfte ohne Personal

In dem Schreiben an die Landkreise und kreisfreien Städte wird auf eine Bewertung des Wirtschaftsministeriums verwiesen, wonach die benannten Geschäfte als Verkaufsstelle im Sinne des Gesetzes zu bewerten sind. Die geltenden Öffnungszeiten würden auch dann greifen, wenn in den Selbstbedienungsläden gar kein Personal vorhanden ist. Sonn- und Feiertage seien als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen, heißt es und so steht es auch im Grundgesetz. Dies gelte nicht nur für Verkaufspersonal im Sinne des Arbeitnehmerschutzes, sondern auch für Kundinnen und Kunden.

Blick in einen Supermarkt ohne Personal
Für den Zutritt reicht eine Kundenkarte – auch nachts und am Wochenende. (Archivbild) Bildrechte: MDR/André Plaul

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 139

Auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT teilte das Wirtschaftsministerium mit, dass Sachsen-Anhalts Ladenöffnungszeiten keine anderen Regelungen zulasse. Dies sei durch mehrere Gerichtsurteile bestätigt. Das Ministerium prüfe aber inwieweit Gesetzesänderungen möglich sind. Dazu führe man Gespräche mit dem Handel.

Blick in einen Supermarkt ohne Personal 4 min
Bildrechte: MDR/André Plaul

FDP will Ladenöffnungszeitengesetz anpassen

Auch die FDP Landtagsfraktion kündigte an, das Ladenöffnungszeitengesetz in Sachsen-Anhalt für vollautomatisierte Geschäfte ändern zu wollen. FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack sagte: "Das Gesetz ist an dieser Stelle angestaubt. Die Menschen können sonntags an der Tankstelle bedient werden und Brötchen holen oder am Kiosk Süßigkeiten kaufen, ein Stück Butter im vollautomatisierten Minimarkt aber nicht. Das ist nicht vermittelbar".

Das Gesetz müsse an den technologischen Fortschritt angepasst werden. Darüber hinaus sei die Öffnung am Sonntag für den wirtschaftlichen Betrieb solcher Verkaufsstellen auch deshalb entscheidend, weil dies der umsatzstärkste Tag sei. Diese Geschäfte hätten zudem als Treffpunkte und Gemeinschaftszentren eine wichtige Funktion.

Orte hoffen auf Ausnahmeregelung

Wörlitz' Ortsbürgermeisterin Erika Miertsch (CDU) zeigte sich MDR SACHSEN-ANHALT wenig begeistert von den drohenden Beschränkungen. Der Sonntag sei der umsatzstärkste Tag der Woche, erklärte auch sie. Selbst Bürger, die anfangs skeptisch gewesen seien, würden nun den Laden nutzen. "Die Umsätze stimmen", so Miertsch. Daher sei man froh über die Einkaufsmöglichkeit im ländlichen Bereich. Die Ortsbürgermeisterin hofft nun auf eine Ausnahmeregelung, da der Ortsteil Wörlitz staatlich anerkannter Erholungsort ist. Auch der Landkreis Wittenberg will das Schreiben zunächst prüfen und mit den Betreibern sprechen.

Sonntag ist der umsatzstärkste Tag der Woche.

Erika Miertsch (CDU), Ortsbürgermeisterin Wörlitz

Mittlerweile gibt es deutschlandweit 35 dieser digitalen "Enso"-Dorfläden – mit Schwerpunkt in Niedersachsen. Die Filiale in Görzig war im September 2023 eröffnet worden, die Filiale in Wörlitz im April 2023. Die nächstgelegenen Einkaufsmöglichkeiten für beide Orte sind jeweils etwa sechs Kilometer entfernt. In Letzlingen im Altmarkkreis Salzwedel soll ein weiterer Markt folgen.

Was sagt das Ladenschlussgesetz?

Ladenschluss ist Ländersache und wird hierzulande durch das Ladenöffnungszeitengesetz Sachsen-Anhalt geregelt. Darin heißt es zunächst: "Verkaufsstellen dürfen an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden nicht geöffnet sein". Doch es werden Ausnahmen definiert, einmal nach Art der Läden (Tankstellen, Geschäfte an Bahnhöfen), nach Lage der Geschäfte (in Kur- und Erholungsorten) sowie nach Sortiment (Brot, Blumen, Zeitungen). Details unter: §§2-8 LÖffZeitG LSA

Was sind diese Selbstbedienungsläden?

Tante Enso Landen myenso
Die "Enso"-Geschäfte sind vor Ort die einzige Nahversorgungsmöglichkeit. Bildrechte: IMAGO / Steinach

Bei den genannten Läden handelt es sich um Filialen mit dem Namen "Tante Enso", die zu einem Unternehmen aus Bremen gehören. Sie gehen in kleine Orte mit bis zu 3.000 Einwohnern, die sich für große Discounter nicht lohnen. Vor Ort müssen 300 Menschen gefunden werden, die dafür Genossenschaftsanteile zeichnen.

Die Geschäfte listen etwa 3.000 Artikel, auch regionale Produkte – inklusive gekühlter Ware sowie Obst und Gemüse.

Wie funktionieren die 24/7-Läden?

Die kleinen Geschäfte haben in der Regel werktags Kern-Öffnungszeiten, zu denen auch Verkaufspersonal im Laden ist. Zu diesen Zeiten können auch Reklamationen und Pfand-Rückgaben bearbeitet werden.

Außerhalb der Öffnungszeiten ist ein Zutritt rund um die Uhr nur mit Kundenkarte möglich. Kundinnen und Kunden kassieren ihre Artikel dann selbst ab.

MDR (Susanne Reh, André Plaul, Annekathrin Queck) | Erstmals veröffentlicht am 20.02.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Februar 2024 | 07:10 Uhr

21 Kommentare

zenkimaus vor 12 Wochen

Na wie wäre es dann die Feiertage anzuschaffen? Ostern, Pfingsten,Christi Himmelfahrt, Reformationstag, Allerheiligen, Weihnachten und Heilig Drei Könige.

Hajoe vor 12 Wochen

"seelische Erhebung" am Sonntag ist ein schönes Thema. Das "Sonntagsspiel" der Bundesliga mit vielen gröllenden Fans und kräftigem Bierkonsum ist viel populärer als der sonntägliche Kirchenbesuch. Ich wohne inzwischen nördlich von Dortmund - BVB-Stadt. Früher war das "Revierderby" mit Schalke besonders "spannend" (für die Polizei eher "brisant").

Haben sie einen Besuch mit Kindern im Zoo am Sonntag geplant und es ist dummerweise Fußball, treffen sie im Regionalzug auf Menschenmassen von Fußball-Fans mit viel Bier und Krach. Das dürfte sehr kirchlich orientierte Deutsche äußerst erschrecken. Kann aber keiner verbieten. Die lokale kath. Kirche in meiner Stadt trennt sich von zwei ihrer vier Kirchen - fast leere Gebäude fast ohne Gläubige. Der BVB könnte problemlos das Stadion verdoppeln. Wenn "Fußballfans" Sonntags dermassen lärmen und trinken dürfen, ist ein kleiner, stiller Dorfladen in Wörlitz das kleinste Problem für die Sonntagsruhe. Im Zweifelsfall paßt das Grundgesetz an.

Hajoe vor 12 Wochen

Ich bin seit vielen Jahren in NRW. Wir haben hier den Feiertag "Allerheiligen" am 01.11. Im "Norden/Osten" ist "Reformationstag" am 31.10. Feiertag. Viele NRWler fahren am 01.11. z.B. nach Roermond in die Niederlande direkt hinter der Grenze zum Einkaufen im Outlet-Center. Der lokale Handel verliert. Im Norden NRWs an der Grenze zu Niedersachsen gibt es ähnliche Effekte. Die Regelungen betreffs der Feiertagsöffnung in NRW und Niedersachsen sind unterschiedlich. Ergebnis: "Brötchentourismus" zum Bäcker im Nachbar-Bundesland. Osnabrück (Niedersachsen) ist ein Zipfel in NRW. Man kommt als "Gutverdiener" mit Auto und ohne "Benzinkostensorgen" von Bielefeld/Ibbenbüren schnell hin. "Die seelische Erhebung" beinhaltet dann eine CO2-Produktion zum Bäcker im Nachbarbundesland. Ich war in den 2 Jahrzehnten schon in einigen evangelischen Gottesdiensten in NRW. In einem katholischen noch nie. Was habe ich mit der kath. Kirche und ihrem Feiertag gemein? Gilt für Atheisten/Moslems etc. analog.

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