Ein Mann mit schwarzen Haaren und einer schwarzen Trainingsjacke, hält mit ausgestrecktem Arm ein Smartphne vor sein Gesicht. 12 min
Der ukrainische Filmemacher Maksym Melnyk war für seinen Film "East" ein Jahr unterwegs in Zeitz Bildrechte: MDR_rbb_zero one film

Dokumentarfilm "East" Filmemacher Maksym Melnyk erkundet ein Jahr lang Zeitz

03. Oktober 2023, 04:00 Uhr

Der ukrainische Dokumentarfilmer Maksym Melnyk hat für ein Jahr in Zeitz in Sachsen-Anhalt gelebt. Als filmischer Stadtschreiber hat er die Stadt und ihre Menschen kennengelernt und seine Eindrücke festgehalten. Die Doku "East – Mein Jahr in Zeitz" begleitet ihn – beim Ankommen, bei ersten Gesprächen und überraschenden Entdeckungen. Der Film ist ab sofort in der ARD Mediathek zu sehen.

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Für das Projekt "East" – eine Dokumentation von MDR und rbb – ist Maksym Melnyk für ein Jahr nach Zeitz in Sachsen-Anhalt gezogen. Der Filmemacher, der 1982 in der Ukraine geboren wurde und dort aufwuchs, hat als filmischer Stadtschreiber das Leben und die Stimmung in Zeitz erkundet.

"Die Stadt ist unglaublich schön", sagte Maksym Melnyk MDR KULTUR. "Sie erinnert mich ein bisschen an meine Heimatstadt Uzhhorod in der Westukraine." Allerdings seien in Zeitz sehr viel weniger Leute auf den Straßen zu sehen. Dies sei einer seiner ersten Eindrücke gewesen: verlassene Häuser, zugemauerte Fenster – eine leere Stadt, in der die Menschen fehlen.

Ein Mann steht auf einem Plateau und blickt auf Häuser und Bäume, im Hintergrund blauer Himmel.
Stadtschreiber Maksym Melnyk hat Zeitz ein Jahr lang erkundet. Bildrechte: MDR/rbb/zero one film

Von der Großstadt nach Zeitz

"Die Annäherung an die Stadt war nicht so leicht", erinnert sich Maksym Melnyk. Nach seinem Regie-Studium in Bratislava studierte er Dokumentarfilmregie in Babelsberg und lebt seit mittlerweile sechs Jahren in Berlin. Von Berlin-Mitte nach Zeitz umzuziehen sei schon eine Umstellung gewesen, betont er. Doch jetzt, ein Jahr später, kann er sagen: "Ich mag die Stadt" – und das, obwohl Zeitz es ihm nicht immer leicht gemacht hat.

Schon im Vorhinein hätten viele seiner Berliner Freunde mit Skepsis reagiert, als er von seinen Plänen berichtete, nach Sachsen-Anhalt zu ziehen. Klischees über Ostdeutschland und die strukturschwache Region seien angeführt worden. Tatsächlich habe es eine Rolle gespielt, dass er als Ukrainer nach Zeitz gekommen sei, erzählt Melnyk. Im Herbst habe es viele Montagsdemonstrationen in der Stadt gegeben und beim Versuch, mit den Demonstrierenden ins Gespräch zu kommen, habe er Ablehnung erfahren. "Wir sind hier gegen die Ukraine", wurde ihm gesagt.

Die Tatsache, dass aktuell rund 2.000 Menschen aus der Ukraine – größtenteils Frauen und Kinder – in Zeitz leben, sieht Melnyk als "riesige Chance". "Aber es ist natürlich ein langer Weg für diese Ukrainerinnen, sich zu integrieren". Doch es gebe in der Stadt viele Jobs, aber zu wenig Menschen, die diese Arbeit machen könnten.

Ein Mann liegt auf einer Bank in einem Park, im Hintergrund ein Gebäude mit gelber Fassade.
Stadtschreiber Maksym Melnyk hat seinen Aufenthalt in Zeitz genossen. Bildrechte: MDR/rbb/zero one film

Suche nach einer neuen Identität

Während seines Aufenthalts in Zeitz hat Maksym Melnyk viele unterschiedliche Menschen kennengelernt und auch Freundschaften geschlossen. "Ich habe viele Leute getroffen, die mir sehr viel über die Region und ihre Identität erzählt haben", so der Filmemacher. Etwa eine ehemalige Tagebau-Arbeiterin, deren Geschichte ihm klar machte, dass Zeitz durch den Kohleabbau reich geworden ist und so die prächtige Architektur entstehen konnte.

Die Stadt braucht neue Identitäten und neue Geschichten.

Maksym Melnyk, Filmemacher

Aber Zeitz ist längst keine reiche Industriestadt mit vielen Arbeitsplätzen mehr. Nach der Wiedervereinigung ging es bergab – viele Menschen wurden arbeitslos und gingen weg. "Die Stadt braucht neue Identitäten und neue Geschichten", glaubt Melnyk.

Als Stadtschreiber habe er sich auch auf die Suche nach diesen begeben – und ist in der sehr lebendigen Zeitzer Kunst- und Kulturszene fündig geworden. "Es gibt viele Künstler, die nach Zeitz ziehen, weil hier die Mieten niedrig sind und viele Wohnungen zur Verfügung stehen – sehr schöne Wohnungen", so Melnyk.

Aber nicht nur zugezogene Künstlerinnen und Künstler sehen das Potenzial der einstigen Industriestadt. Auch Einheimische wollen in Zeitz etwas bewegen, wie die "Bürgerinitiative Stadtlabor", eine digitale Beteiligungsplattform, beweist. Nach einem Jahr in Zeitz blickt Stadtschreiber Maksym Melnyk sentimental auf eine intensive Zeit mit vielen Begegnungen und Eindrücken zurück.

Informationen zur Doku "East! – Mein Jahr in Zeitz"
Film von Britt Beyer und Maksym Melnyk (88:30 Minuten)
Sendetermin: 3. Oktober 2023 20:15 Uhr im MDR Fernsehen und bis 31. März 2024 in der ARD Mediathek.

Quelle: MDR KULTUR
Redaktionelle Bearbeitung: lig

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 03. Oktober 2023 | 16:10 Uhr

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