Chronologie Die bewegte Geschichte der Mitteldeutschen Zeitung

05. Februar 2022, 12:00 Uhr

Die Wurzeln der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) reichen zurück bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals war die Zeitung unter dem Namen "Freiheit" als Verkündigungsorgan der offiziellen SED-Parteilinie gegründet worden. Mit der Wende schafften es die Macher erfolgreich, die Zeitung in ein neues politisches System zu überführen. Inzwischen machen sinkende Abozahlen dem Blatt zu schaffen.

1. Februar 2022 – Marc Rath wird neuer Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung (MZ)

Der 55-jährige Marc Rath war zuletzt über mehrere Jahre Chefredakteur der Landeszeitung für die Lüneburger Heide. Er kennt Sachsen-Anhalt bereits von früheren beruflichen Stationen. So hat er als Mitglied der Chefredaktion die Lokalausgaben der Volksstimme koordiniert.

15. Januar 2020 – Verkauf der MZ an den Bauer Verlag

Der bisherige Eigentümer, die DuMont-Mediengruppe, gibt den Verkauf der Mitteldeutschen Zeitung bekannt. Die Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung, zu der die MZ gehört, wird an die Bauer Media Group verkauft.

Karte mit Ländergrenzen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und farblich abgesetzte Vertriebsregionen großer Verlagskonzerne. Darüber hinaus eine Zuordnung der Regionalzeitungen.
Karte mit den Vertriebsregionen großer Verlagskonzerne. Bildrechte: MDR MEDIEN360G

Die Bauer Media Group in Hamburg (Cosmopolitan, Bravo) besitzt in Sachsen-Anhalt bereits die Magdeburger Volksstimme. Damit sind nun die beiden großen Tageszeitungen im Land in der Hand eines Eigentümers.

Bei einer Debatte im Landtag wird deshalb über die Gefahren dieser Fusion für die Medienlandschaft in Sachsen-Anhalt und für die Vielfalt der Berichterstattung diskutiert.

Die Mitteldeutsche Zeitung in Zahlen Die Mitteldeutsche Zeitung erscheint mit einer Auflage von knapp 140.000 Expemplaren (IVW 4/2021), ein Rückgang zum vierten Quartal 2013 um rund 57.000 Exemplaren. Die Zeitung betreibt 15 Lokalredaktionen in den Landkreisen. Rund 2.300 Zusteller verteilen die Zeitung und Briefe jeden Tag im Land. Daneben gibt es noch ein umfangreiches Online-Angebot. Die Zeitung gehört damit, nach eigenen Angaben, im "Osten zu den Titeln mit der größten Reichweite und den meisten Online-Nutzern".

Auflage der Mitteldeutschen sinkt kontinuierlich

Sinkende Auflagen und kostenlose Konkurrenz im Netz: Seit Jahren werden weniger gedruckte Zeitungen verkauft, auch von der Mitteldeutschen Zeitung. Lag die Auflage zum Start im März 1990 noch bei knapp einer halben Million Exemplaren, liegt sie heute nur noch bei rund 140.000 Stück.

Ein weiteres Problem: Die Zeitungszustellung wird in den nächsten Jahren laut einer Prognose in immer weniger Gemeinden in Deutschland wirtschaftlich sein. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) legte 2020 eine eigens in Auftrag gegebene Studie vor, wonach sich bis 2025 die Zahl der "zustellgefährdeten" Gemeinden in Deutschland auf ungefähr 40 Prozent erhöhe.

Ein Mann steht vor einer Fabrik und spricht in ein Mikrofon. Er hat den Daumen der rechten Hand gehoben und lächelt. Daneben der Schriftzug: Wenn der Lokaljournalismus verschwindet. 1 min
Bildrechte: MDR MEDIEN360G

Ohne professionellen Lokaljournalismus geht die unabhängige Berichterstattung baden. Denn dann berichtet beispielsweise der Bürgermeister selbst über seine Politik im Rathaus und schildert nur die Schokoladenseite.

Mo 24.08.2020 12:47Uhr 00:49 min

https://www.mdr.de/medien360g/medienkultur/wenn-der-lokaljournalismus-verschwindet-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ein Mann steht vor einer Fabrik und spricht in ein Mikrofon. Er hat den Daumen der rechten Hand gehoben und lächelt. Daneben der Schriftzug: Wenn der Lokaljournalismus verschwindet. 1 min
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1 min

Ohne professionellen Lokaljournalismus geht die unabhängige Berichterstattung baden. Denn dann berichtet beispielsweise der Bürgermeister selbst über seine Politik im Rathaus und schildert nur die Schokoladenseite.

Mo 24.08.2020 12:47Uhr 00:49 min

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09.10.1992 – Neues Druckhaus der Mitteldeutschen Zeitung wird übergeben

Das neue Druckhaus der Mitteldeutschen Zeitung ist Anfang Oktober 1992 in Halle nach 16 Monaten Bauzeit übergeben worden. Mit einer Investition von mehr als 200 Millionen DM sei der Neubau eines der bedeutendsten fertiggestellten Vorhaben in Sachsen-Anhalt, betont der damalige Ministerpräsident Werner Münch (CDU). Rund 200 neue Arbeitsplätze seien gesichert worden.

Hans-Dietrich Genscher
Hans-Dietrich Genscher, gebürtiger Hallenser und ehemaliger Bundesaußenminister Bildrechte: MDR/Alexandru Solomon

Der frühere deutsche Außenminister und gebürtige Hallenser Hans-Dietrich Genscher (FDP) nannte das Zusammenwachsen zwischen den Beschäftigten im Kölner Verlagshaus DuMont und am Standort Halle ein Beispiel für die gelungene innere Vereinigung. Die Mitteldeutsche Zeitung habe sich als unabhängiges Blatt und als Stimme aus den neuen Bundesländern in der deutschen Medienlandschaft eine angesehene Position verschafft.

Nach damaligen Angaben des Verlegers Alfred Neven DuMont hat die Kölner Verlagsgruppe in das hallesche Unternehmen insgesamt 300 Millionen DM für den Ausbau der Druckerei, Redaktion und des Verlags investiert. An dem Bau des Druckhauses seien mehr als ostdeutsche 30 Firmen beteiligt gewesen. Inzwischen wird dort nicht nur die Mitteldeutsche Zeitung, sondern auch die Leipziger Volkszeitung gedruckt. Tagsüber werden Anzeigenblätter oder Werbeprospekte gedruckt.

17. März 1990 – Die erste Ausgabe der Mitteldeutschen Zeitung erscheint

Am 17. März 1990 erscheint die Zeitung erstmals als Mitteldeutsche Zeitung, nach ihrer eigenen Beschreibung nun "unabhängung, überparteilich", mit einer Auflage von 593.000 Stück. Schon Ende 1989 werden erste Fühler nach Köln in Richtung Verlagshaus M. DuMont Schauberg ausgestreckt. Denn klar ist: Die SED/PDS als bisheriger Eigentümer bietet keine Zukunftsperspektiven. Bereits im Februar 1990 gibt es eine schriftliche Vereinbarung, gemeinsam die Freiheit weiterzuentwickeln. In einem Leser-Wettbewerb wird ein neuer Name für die alte Freiheit gesucht. Schließlich fällt die Wahl auf Mitteldeutsche Zeitung. Am 20. Dezember 1990 übernimmt Verleger Alfred Neven DuMont die Zeitung.

Herbst 1989 – Demonstranten fordern freie Berichterstattung

Montagsdemo mit Hunderttausenden in Halle, 1989
Montagsdemo mit Hunderttausenden in Halle, 1989 Bildrechte: imago images / Lutz Sebastian

Im Herbst 1989, als die Menschen auf die Straßen gegangen sind und Reformen verlangt haben, ging es auch um eine andere Berichterstattung, erinnert sich der heutige MDR-Onlinechef Frank Rugullis: "Bei den Montagsdemos in Halle und Magdeburg ging es auch darum, dass neben anderen Medien auch die beiden SED-Bezirkszeitungen 'Freiheit' und 'Volksstimme' endlich unabhängig berichten können."

Ende Oktober wird dann umfangreich und unabhängig von der offiziellen Parteilinie über die Montagsdemonstrationen berichtet. Tage später werden dann auch kritische Leserbriefe abgedruckt. Wie vielerorts überschlagen sich auch die Ereignisse in der Redaktion der Freiheit. Im November 1989 wird der langjährige Chefredakteur Hans-Dieter Krüger durch die SED/PDS abgesetzt.

Sommer 1989 – Vom Stimmungswandel in der DDR liest man in der Freiheit wenig

Die Zeitung ist auch am Ende der DDR ganz auf Parteilinie. Der Ausreise-Strom hat seine Gründe demnach nicht in der DDR, sondern ist vielmehr von der BRD "organisierter Menschenhandel". MZ-Journalist Hans-Ulrich Köhler beschreibt das Dilemma der Freiheit in einem Artikel zum 30. Geburtstag der MZ so: "'Politik der Hauptaufgabe' nannte die SED in den 80ern, das, was ihr das Wichtigste war. Darum kreiste das Denken von 'Freiheit'-Journalisten. Das Ziel schien eigentlich ganz vernünftig: Die Menschen sollten besser arbeiten, damit sie besser leben können. Doch dazu fehlten oft in fast allen Bereichen die materiellen Voraussetzungen. Dafür trug, wie später zu lernen war, die lebensfremde Politik der SED-Spitze die Verantwortung. Aber davon war nie etwas zu lesen in der 'Freiheit'".

Die Freiheit als Verkündungsorgan der Partei-Meinung

Die Zeitung war das Organ der SED-Bezirksleitung Halle und damit streng der herrschenden Parteilinie verpflichtet. Wie groß die Nähe auch gerade im Alltag war, hat MZ-Redakteur Hans-Ulrich Köhler anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Zeitung beschrieben: "Dienstag, das hatte ich gleich 1979 bei meinem Start als Redakteur der 'Freiheit' gelernt, war ein wichtiger Tag in der Woche. Da tagte der oberste Machtzirkel des Bezirkes Halle, das Sekretariat der SED-Bezirksleitung (BL). Das merkte man in der Redaktion daran, dass der Chefredakteur nicht da war. Er saß dann in der BL mit am Tisch, wenn über die Entwicklung von Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, über Versorgung und Verkehr entschieden wurde."

April 1946 – Die erste Ausgabe der Freiheit erscheint

Entstanden ist die Freiheit aus der KPD-Zeitung Volkszeitung und dem SPD-nahen Volksblatt. Wie die Parteien SPD und KPD in der neu geschaffenen SED aufgehen mussten, sollten auch ihre Zeitungen verschwinden. Die Freiheit war anfangs "Organ der Sozialistischen Einheitspartei für die Provinz Sachsen", später war ihr Verbreitungsgebiet der Bezirk Halle.

MDR (Hannes Leonard)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 05. Februar 2022 | 09:30 Uhr

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