Forscher sind besorgt Resolution zum Schutz des Gipskarsts in Mansfeld-Südharz
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05. Oktober 2024, 15:35 Uhr
Der Gipsabbau gehört zum Südharz. Jetzt sollen neue Probebohrungen stattfinden. Das wollen Forscher verhindern. Sie wollen den Gipskarst in der Region mit Hilfe einer Resolution schützen.
- Forscher kritisieren, dass mit Probebohrungen nach Gips im Südharz gesucht werden soll. Sie sehen den Gipskarst gefährdet.
- Die Experten haben dazu eine Resolution verfasst, die die weltweit einzigartige Landschaft retten soll.
- Vor allem das Land ist in den Augen des Verbandes jetzt am Zug, die Probebohrungen nicht zu genehmigen.
Der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher befürchtet die schleichende Zerstörung des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz in Sachsen-Anhalt. Der Verband kritisiert vor allem die beabsichtigten Probebohrungen in dem Schutzgebiet. So habe ein Unternehmen der Gipsbranche insgesamt acht Probebohrungen beantragt, um das Gipsvorkommen bei Questenberg in der Gemeinde Südharz zu erkunden. Die Genehmigung dafür, so die Befürchtung des Verbandes, könnte demnächst durch den Landkreis Mansfeld-Südharz erteilt werden.
Verband will Probebohrungen verhindern
Der Verband will die Probebohrungen verhindern und hat zu diesem Zweck eine Resolution verfasst. Sie sei an die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und den Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz verschickt worden.
In der Resolution spricht sich der Verband für den "konsequenten Schutz des Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz in Sachsen-Anhalt aus und lehnt die geplanten Probebohrungen in den Schutzgebieten vehement ab, da sie der Vorbereitung des Gipsabbaus und damit der Zerstörung der Schutzgebiete dienen".
Internationale Unterstützung
Auch mehrere Forscherinnen und Forscher aus Italien und Großbritannien setzen sich für den Schutz des Gipskarstes im Südharz ein. Nach Angaben des Vereins haben sich nach der Veröffentlichung der Resolution international renommierte Forscherinnen und Forscher gemeldet und ihre Unterstützung angeboten.
Einer von ihnen ist John Gunn, Professor an der Universität Birmingham in Großbritannien. Die Höhlen im Südharz gehörten zu den spektakulärsten, die er je gesehen habe. Diese einzigartige Naturlandschaft dürfe nicht zerstört werden. Auch für Paolo Forti, Direktor des italienischen Instituts für Höhlenforschung, gehört der Südharz zu den bedeutendsten Sulfatkarstgebieten der Erde und könnte sogar als neues Weltkulturerbe in Frage kommen. Vor diesem Hintergrund sei es "verrückt", dort Probebohrungen durchzuführen, um möglicherweise Gips abzubauen, sagte Jo De Waele, Professor für Geomorphologie an der Universität Bologna in Italien.
Weltweit einmaliger Naturraum
Die Gipskarstlandschaft des Südharzes gilt als ein weltweit einmaliger Naturraum, der sich über rund 100 Kilometer und auf Teile von Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen erstreckt. "Zahlreiche FFH-Gebiete, aber auch viele Steinbrüche, die bereits große Teile der Landschaft zerstört haben, prägen den Gipskarst im Südharz", so der Verband weiter.
Unter FFH (Flora-Fauna-Habitat) versteht man ein Gebiet, das unter besonderem Natur- und Landschaftsschutz steht. Sachsen-Anhalt sei das einzige Bundesland, in dem der Gipskarst noch vollständig erhalten sei, schreiben die Experten weiter. "Dieses Gebiet wurde daher konsequenterweise als 'Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz' ausgewiesen – es ist das bisher weltweit einzige nennenswerte Biosphärenreservat im Sulfatkarst der Welt!"
Verband: Gebiet nicht wirtschaftlichen Interessen opfern
Der Verband befürchtet, dass das Schutzgebiet wirtschaftlichen Interessen geopfert werden könnte. "Die Regierung von Sachsen-Anhalt hat dem Vernehmen nach verlauten lassen, dass man Steinbrüche in Kauf nehmen werde, wenn sich ein Gipsabbau hier lohne", schreiben die Höhlen- und Karstforscher. Den Angaben zufolge sollte mit den ersten Probebohrungen bereits im September 2024 begonnen werden.
Den Umweltverbänden sei jetzt jedoch noch einmal eine Frist zur Stellungnahme bis zum 8. Oktober eingeräumt worden. "Das Land Sachsen-Anhalt muss seine Verantwortung für die international bedeutsame Gipslandschaft erkennen und wahrnehmen", so der Verband - "und die Landschaft als UNESCO-Welterbe schützen."
MDR (Stephan Schulz, Mario Köhne)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 01. Oktober 2024 | 08:30 Uhr
dieja vor 1 Wochen
Der Gipsbedarf ist groß. Es sollte hier auch die Frage beantwortet werden, wo soll der Gips dann herkommen, wenn der Abbau hier nicht stattfindet. Gibt es in Deutschland weniger schützenswerte Abbaugebiete, reicht der in der Industrie anfallende Gips aus oder beziehen wir diesen dann aus dem Ausland. Wenn der Gips aus dem Ausland kommt, werden dann dort genauso wertvolle Naturräume zerstört? Nur auf dieser Grundlage kann man entscheiden, was richtig ist.