#MDRklärt Was erhöhte Radon-Werte für Sachsen-Anhalts betroffene Gemeinden bedeuten

19. November 2020, 18:04 Uhr

Das Gas Radon ist radioaktiv – und krebserregend. In einigen Regionen in Sachsen-Anhalt, den Radon-Vorsorgegebieten, ist die Konzentration erhöht. Was das für die betroffenen Gemeinden heißt und wie schädlich Radon tatsächlich ist, erklärt MDR SACHSEN-ANHALT.

Was ist Radon überhaupt und wo kommt es vor?

Radon ist ein radioaktives Edelgas, das man nicht sehen, riechen oder schmecken kann. Werden Radon und seine radioaktiven Folgeprodukte über einen längeren Zeitraum in erhöhtem Maß eingeatmet, steigt das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Bereits im 16. Jahrhundert haben Mediziner die Erkrankung für Bergleute in Schneeberg im sächsischen Erzgebirge beschrieben, wo sich stark erhöhte Radon-Konzentrationen finden. Wegen des ungeklärten Auslösers hieß sie Schneeberger Krankheit.

Radon entsteht beim radioaktiven Zerfall von Uran. Uran kommt zum Beispiel im Erdboden vor, aber in unterschiedlichen Mengen. In der Altmark ist das Vorkommen beispielsweise sehr gering. In Gebirgen wie im Harz oder in ehemaligen Bergbauregionen wie im Landkreis Mansfeld-Südharz geht man dagegen davon aus, dass es erhöhte Konzentrationen gibt. In den Jahren 2001 und 2002 hat das Bundesamt für Strahlenschutz Radon-Messungen in auffälligen Gebieten Sachsen-Anhalts durchgeführt.

Insgesamt 15 Gemeinden in Sachsen-Anhalt hat das Landesumweltministerium als sogenannte Radon-Vorsorgegebiete benannt.

  • Landkreis Mansfeld-Südharz: Arnstein, Hettstedt, Mansfeld, Mansfelder-Grund-Helbra, Lutherstadt Eisleben, Allstedt, Sangerhausen, Goldene Aue, Südharz
  • Landkreis Harz: Ilsenburg, Oberharz am Brocken, Thale, Harzgerode, Falkenstein/Harz, Wernigerode

 Landkarte von Deutschland mit Hervorhebung von Mitteldeutschland, darauf farbig eingezeichnet verschiedene Konzentrationsstufen des radioaktiven Edelgases Radon im Boden.
Die Karte zeigt die Radon-Konzentrationen in Deutschland und Mitteldeutschland. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Dass es Gemeinden mit erhöhter Radon-Konzentration gibt, ist lange bekannt. Warum ist das Thema jetzt aktuell?

Das Strahlenschutzgesetz verpflichtet die Bundesländer, bis Ende 2020 Radon-Vorsorgegebiete auszuweisen. Das Strahlenschutzgesetz ist die deutsche Umsetzung einer EU-Richtlinie. Das Land Sachsen-Anhalt hat dieses Gesetz nun Anfang November umgesetzt, indem es 15 Gemeinden zum Jahresende offiziell als Radon-Vorsorgegebiete ausweist.

Was passiert jetzt in Sachsen-Anhalts Radon-Vorsorgegebieten?

Ab Januar 2021 sind alle Gemeinden und Unternehmen in den Radon-Vorsorgegebieten durch eine Allgemeinverfügung dazu verpflichtet, Radon-Messungen durchzuführen. Vor allem in Arbeitsgebäuden und Kindereinrichtungen sollen Mess-Sonden stehen. Die damit verbundene Organisation und die Kosten müssen Gemeinden und Unternehmen selbst übernehmen. Das ist das Ergebnis einer Videokonferenz am Montag, berichtete die Mitteldeutsche Zeitung. An der Konferenz hatten betroffene Gemeinden, das Landesumweltministerium sowie das Landesamt für Verbraucherschutz teilgenommen. Ein Messgerät kostet zwischen 30 und 50 Euro.

Die Gemeinden und Unternehmen haben für die Messung am Arbeitsplatz 18 Monate Zeit. Ein Jahr lang erfassen Messgeräte, wie hoch die Radon-Konzentration im Raum ist. Es wird über diesen langen Zeitraum gemessen, weil die Radon-Konzentration übers Jahr schwanken kann. Das liegt zum Beispiel daran, dass im Sommer mehr gelüftet wird als im Winter. Nach der Messung sollen die Daten in zertifizierten Laboren ausgewertet werden, die dann die durchschnittliche Radon-Konzentration ausgeben.

Wenn der Wert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft überschritten wird, muss gehandelt werden. Betriebe sind dann dazu verpflichtet, Umbaumaßnahmen vorzunehmen, damit die Radon-Werte wieder gesenkt werden. Es kann beispielsweise sein, dass Kellerräume abgedichtet werden müssen. Eine Radon-Schutzfolie kann dafür sorgen, dass das Gas nicht eindringen kann. Zudem gibt es sogenannte Radon-Brunnen, ähnlich wie Lüftungskanäle, die dafür sorgen, dass das Gas um und nicht in das Gebäude fließen kann.

Die Einheit Becquerel

Mit der Maßeinheit Becquerel wird die Zahl zerfallender Atomkerne in einem Kubikmeter Luft gemessen, also einem theoretischen Würfel mit einer Kantenlänge von je einem Meter Breite, Länge und Höhe.

Privatpersonen in den betroffenen Gemeinden sind nicht verpflichtet, bei sich zu Hause Radon-Werte zu messen. Das Bundesamt für Strahlenschutz rät ihnen aber trotzdem dazu. Denn nur so kann herausgefunden werden, ob in der Wohnung oder im Haus die Radon-Konzentration erhöht ist.

Was sagen die betroffenen Gemeinden und Unternehmen zu den Plänen?

Marktplatz Sangerhausen
Sangerhausen gehört zu den 15 Gemeinden, in denen die Radon-Konzentration gemessen werden soll. Bildrechte: MDR/Mandy Schalast-Peitz

Der Oberbürgermeister von Sangerhausen, Sven Strauß (SPD), sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass er als erstes sein Gebäudemanagement beauftragt habe, Messstellen zu bestimmen. Das betreffe die stadteigenen Verwaltungsgebäude sowie die eigenen Schulen und Kitas. Insgesamt kämen ungefähr 30 Gebäude zusammen, so Strauß.

Ein Problem ist die Finanzierung, wenn wegen erhöhter Radon-Konzentration tatsächlich Umbauten erforderlich sein sollten: Manche Gebäude seien gerade erst saniert worden, sagte Strauß. Wenn jetzt wieder Baumaßnahmen erforderlich wären, hätte die Stadt das Geld dafür nicht einfach in der Portokasse. So gehe es auch anderen Gemeinden und Städten.

Auch die betroffenen Unternehmer stehen vor die Frage, wie sie möglicherweise nötige Maßnahmen bezahlen. Die Handwerkskammer Halle hat am Dienstag einen Brief verschickt, in dem sie vor weiteren finanziellen Belastungen der Handwerksbetriebe warnt. Sie alle seien sich einig, dass hier die öffentliche Hand aufkommen müsse. Die Landesumweltministerien haben bereits den Bund aufgefordert, die Kosten zu übernehmen.

Radon kann Lungenkrebs verursachen. Wie groß ist diese Gefahr?

Junge Raucherin drückt ihre Zigarette in einem vollen Aschenbecher aus.
Nach dem Rauchen ist Radon-Belastung der zweitgrößte Risikofaktor für eine Lungenkrebs-Erkrankung. (Symbolbild) Bildrechte: imago images / Raimund Müller

Radon kann Lungenkrebs verursachen. Je mehr und je länger Radon eingeatmet wird, desto höher ist das Erkrankungsrisiko. Hauptrisikofaktor für Lungenkrebs ist nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) aber das Rauchen. Bei Männern sind demnach 90 Prozent der Lungenkrebs-Erkrankungen aufs Rauchen zurückzuführen, bei Frauen mindestens 60 Prozent. Laut RKI erkrankten im Jahr 2016 etwa 21.500 Frauen und 36.000 Männer an Lungenkrebs, etwa 16.500 Frauen und 29.500 Männer verstarben an der Krankheit. Lungenkrebs ist bei beiden Geschlechtern eine der drei häufigsten Krebsarten.

Nach dem Rauchen folgt Radon als zweitgrößter Risikofaktor für Lungenkrebs. Fünf Prozent der Todesfälle durch Lungenkrebs sind laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf eine erhöhte Radon-Belastung zurückzuführen. Radon erhöht das Lungenkrebs-Risiko damit stärker als etwa Feinstaub oder Asbest. Ganz besonders gesundheitsgefährdend ist laut BfS die Kombination aus Rauchen und Radon-Belastung.

Im Freien stellt Radon kein Gesundheitsrisiko dar. Denn das Gas vermischt sich mit der Umgebungsluft, die Radon-Konzentration sinkt dadurch. Aber Radon kann aus dem Boden vor allem in undichte Keller- und Erdgeschossräume eindringen und sich dort sammeln. Dort kann die Radon-Konzentration dann gefährlich hoch werden. Aber selbst, wenn das der Fall sein sollte: Dagegen helfen einige Maßnahmen, sodass die Gefahr wieder gesenkt werden kann. Welche Maßnahmen das sind, erfahren Sie in dieser Galerie:

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Quelle: MDR/mh

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 19. November 2020 | 17:00 Uhr

1 Kommentar

part am 19.11.2020

Gegen das schwach radioaktive Radon gibt es Schutzmöglichkeiten, bei dessen Erkennung, gegen die Überreste von DU- Munition (deletet uran) leider nicht, die der Atomwirtschaft durch Abnahme durch die Rüstungsindustrie nützen und ganze Regionen bis heute verseucht haben. Wenn dann mit schwach radioktiven Abfällen, die zudem hoch toxisch sind, auf den Gegener geschossen wird entstehen Micropartikel, die kleinen sind als ein menschlichen Blutplättchen. Durch Windstömungen oder Agrarprodukte kommt dies Altlast der Militärbündnisse dann auch zu uns und erhöht die Krebs- und Mißbildungsrate signifikant. Der letzte Iran- Krieg führte zu erhöhten Nachweisen von Partikeln selbst in Großbritannien.

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