Landtag Untersuchungsausschuss zu Beraterverträgen des MDR wackelt

29. September 2022, 17:20 Uhr

Mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss will Sachsen-Anhalts CDU-Fraktion die umstrittene Beratertätigkeit des ehemaligen Rechnungshofspräsidenten für den MDR ausleuchten lassen. Bislang wusste sie dabei auch Teile der Koalition und die Linksfraktion an ihrer Seite. Doch die Linke will nun nicht mehr mitmachen. SPD und FDP melden erhebliche Bedenken an.

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Im Landtag von Sachsen-Anhalt sollte eigentlich ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss die Beratertätigkeit des ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Ralf Seibicke für den MDR durchleuchten. Seibicke hatte zwischen 2016 und 2017 drei Gutachten für die Sendeanstalt geschrieben.

Die sorgen für Fragen, weil Seibicke in zwei Fällen zeitgleich auch als Kontrolleur des MDR tätig war. Doch der Plan für den Untersuchungsausschuss, der lange von Teilen der schwarz-rot-gelben Koalition und der Linksfraktion verfolgt wurde, wackelt.

Neuer CDU-Fraktionschef hat Linke gegen sich aufgebracht

Die Linksfraktion hat geschlossen erklärt, einen Untersuchungsausschuss nicht mittragen zu wollen. Das geht aus einem Brief hervor, den die Fraktionsspitze am Mittwoch an CDU-Fraktionschef Guido Heuer geschickt hat. Das Schreiben liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor.

Auslöser sind Aussagen von Guido Heuer. Der hatte kurz nach seiner Wahl zum Fraktionschef gesagt, es werde unter seiner Führung keine fachliche und politische Zusammenarbeit von CDU einerseits und AfD oder Linke andererseits geben.

Die Linke sieht das als Gleichsetzung mit der vom Verfassungsschutz als "rechtsextremistischer Verdachtsfall" geführten AfD und verwehrt sich in dem Schreiben dagegen. Ein Untersuchungsausschuss zusammen mit der CDU habe sich deshalb "zum gegenwärtigen Zeitpunkt erledigt". Aus Linken-Fraktionskreisen heißt es darüber hinaus, dass der bisherige Entwurf für einen Untersuchungsauftrag zu sehr auf den MDR abziele.

Guido Heuer hatte der CDU-Fraktion während einer Klausur Ende August erstmals ausführlicher über den geplanten Ausschuss informiert. Aktuell weilt Heuer im Urlaub. An seiner statt sprach Medienpolitiker Markus Kurze am Donnerstag für die Fraktion. "Wir müssen das jetzt erstmal intern auswerten", so Kurze zum MDR. Er halte einen Untersuchungsausschuss aber weiterhin für sinnvoll.

FDP hat rechtliche Bedenken, SPD-Medienpolitiker spricht von "falschem Instrument"

Guido Kosmehl, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion und Mitglied im MDR-Rundfunkrat, zeigte sich überrascht von dem Vorstoß der Linken. "Immerhin haben diese teils persönlich das Vorhaben 'Untersuchungsausschuss' mit vorangetrieben", sagte Kosmehl. Die FDP hingegen sei stets skeptisch gewesen.

Kosmehl wartet aktuell auf ein Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags. Dieser prüft in Kosmehls Auftrag, ob ein rechtlich zulässiger Prüfungsauftrag überhaupt möglich ist. Er habe Zweifel, ob MDR und die KEF in diesem Rahmen untersucht werden können, da sie nicht Teil der Landesverwaltung seien, so Kosmehl.

Rechtliche Bedenken gibt es auch beim dritten Koalitionspartner, der SPD. Deren medienpolitischer Sprecher, Holger Hövelmann, legte sich nun fest: "Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist nicht das richtige Instrument, die offenen Fragen zu klären." 

MDR und Seibicke weisen Vorwürfe zurück

Ralf Seibicke und der MDR haben die Vorwürfe gegen sie in der Vergangenheit zurückgewiesen. Man habe bei der Beauftragung alle für den MDR geltenden Regelungen eingehalten, sagte der Juristische Direktor des MDR, Ole Schröder, bereits im Juni. Das gelte auch für die Regelungen, die der Rundfunkfinanzierungstaatsvertrag zur Vermeidung von Interessenkollisionen vorsieht.

Jens Ole Schröder schaut in die Kamera
Der juristische Direktor des MDR, Schröder, sieht alle Regelungen gewahrt Bildrechte: MDR/Robert Hensel

"Um eine solche Gefahr einer Interessenkollision auszuschließen, dürfen KEF-Mitglieder nicht ständig oder regelmäßig unter anderem für ARD, ZDF oder Deutschlandradio tätig werden", so Schröder. Das sei bei den Aufträgen für Seibicke trotz eines geschlossenen Rahmenvertrags auch der Fall gewesen. Bei einer Prüfung des MDR durch die Landesrechnungshöfe Sachsen und Thüringen habe es in diesem Zusammenhang zudem keinerlei Beanstandungen gegenüber dem MDR gegeben.

Seibicke führte von 2003 bis 2015 den Landesrechnungshof von Sachsen-Anhalt. In dieser Funktion vertrat er das Land bis 2016 auch in der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, der KEF. Diese kontrolliert auch die Finanzen des MDR. 2016 verfasste er zwei der drei Gutachten für den MDR.

Seibicke, heute Landeschef des Steuerzahlerbundes, hatte für die drei Gutachten insgesamt fast 60.000 Euro erhalten. Politiker und Politikerinnen aller Fraktionen im Landtag hatten den Vorgang kritisiert. Gegen Seibicke läuft in diesem Zusammenhang ein disziplinarrechtliches Verfahren der Landtagsverwaltung. Die KEF wiederum hat sich im Zuge der Diskussion einen neuen Kodex auferlegt.

CDU-Innenpolitiker soll Ausschuss leiten

Weitergekommen ist die CDU derweil bei der Suche nach einem Ausschussvorsitzenden. Die Aufgabe soll laut Markus Kurze der Innenpolitiker Chris Schulenburg übernehmen. Schulenburg sitzt auch im Medienausschuss. Zuvor hatten mehrere potenzielle Kandidaten erklärt, nicht zur Verfügung zu stehen. Guido Heuer wiederum, Antreiber des Vorhabens, kommt in seiner neuen Funktion als Fraktionsvorsitzender nicht mehr in Frage.

Die CDU-Fraktion könnte rein rechnerisch auch alleine einen Untersuchungsausschuss einrichten. Dafür bedarf es mindestens eines Viertels aller Landtagsabgeordneten. Die CDU stellt derzeit 40 von 97 Abgeordneten.

MDR (Thomas Vorreyer)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. September 2022 | 20:00 Uhr

4 Kommentare

SGDHarzer66 am 30.09.2022

Das sich das ehemalige SED-Mitglied und früherer Politoffizier Hövelmann als "medienpolitischer Sprecher" verdingt, ist an Impertinenz nicht zu überbieten. Eine Farce sondersgleichen!

kleinerfrontkaempfer am 29.09.2022

Wer behält in diesem Konstrukt Öffentl.-Rechtlicher "Anstalten" noch den Überblick!?
Dieser ARD-Konzern ist ein Selbstbedienungsladen allerhöchster Güte geworden. Mit einer Personalkostenquote von 50%!
Bezeichnend zuletzt die Berichterstattung des Staatsaktes aus England =>
ARD + ZDF + Phönix berichten. Dreifach!
Mit eigenem Personal (3 x), eigener Technik, Logistik (3 x) und eigener Sendezeit (3 X).
Und das wo Doitschland kriselt und kreucht. Da hat man jedes Maß verloren.

dieja am 29.09.2022

Es geht wieder einmal nicht um die Sache, sondern um Befindlichkeiten von Abgeordneten. Wenn Abgeordnete bzw. Fraktionen ihre Arbeit nicht machen wollen, weil ihnen jemand Unrecht getan haben könnte, dann sollen sie ihr Mandat zurückgeben und nicht auf Steuerzahlerkosten durch Nichtstun einen Kleinkrieg austragen.

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