Vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Eva von Angern (Linke): "Müssen Gewinner der Krise heranziehen"

19. Mai 2021, 19:36 Uhr

Sachsen-Anhalt wählt in knapp drei Wochen einen neuen Landtag. Vorher hat MDR SACHSEN-ANHALT die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten aller derzeit im Landtag vertretenen Parteien eingeladen, um über politische Ziele und persönliche Ambitionen zu sprechen. Hier erklärt Linken-Spitzenkandidatin Eva von Angern, wie sie Profiteure der Corona-Krise heranziehen will – und welche Änderungen im Gesundheitswesen ihr vorschweben.

Der Gast: Eva von Angern (Linke)

Geboren 1976 in Magdeburg, Rechtsanwältin, ist seit 2020 Co-Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag. Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Landtagswahl. Ziel am 6. Juni: Teil einer linken Regierung zu werden.

Die Linken-Spitzenkandidatin Eva von Angern sitzt in einem Radiostudio und lächelt in die Kamera.
Eva von Angern tritt bei der Landtagswahl als Spitzenkandidatin der Linken an. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Die wichtigsten politischen Ziele für die nächsten Jahre

Eva von Angern bekräftigte, dass die Einschränkungen während der Corona-Pandemie richtig und wichtig sind. Die Landesregierung machte sie aber dafür verantwortlich, dass die Akzeptanz für die Maßnahmen zuletzt zurückgegangen ist. Statt den Landtag einzubeziehen und für Transparenz zu sorgen, habe man lieber eine "Basta-Politik" verfolgt. Für die Linke hätten etwa Erzieherinnen und Lehrerinnen in die erste Priogruppe bei den Covid-19-Impfungen gehört.

Für die Zukunft sprach sich von Angern für mehr "staatliche Verantwortung" bei Krankenhäusern aus. Die verbliebenen kommunalen Krankenhäuser im Land will ihre Partei durch eine landeseigene Gesellschaft finanziell unterstützen, um etwa eine bessere Bezahlung der Beschäftigten zu ermöglichen. Von privaten Unternehmen aufgegebene Krankenhäuser wie aktuell in Havelberg soll das Land übernehmen und weiterbetreiben. Auf Fragen nach einer Verstaatlichung von Krankenhäusern reagierte von Angern ausweichend.

Die Linke konzentriert sich im Wahlkampf vor allem auf weiterhin bestehende Ungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschland. Unternehmern würden, so von Angern, von der Politik befeuert, das "Niedriglohnland" Sachsen-Anhalt "auszubeuten". Und weiter: "Wir produzieren jetzt die Rentnerinnen und Rentner, die morgen in Armut leben werden." Helfen würde ihrer Meinung nach ein Mindestlohn von 13 Euro, den eine Regierung durch ein Landesvergabe- und Tariftreuegesetz zumindest für öffentliche Aufträge vorgeben könnte. Sie sprach sich außerdem gegen eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters aus.

Der Landesregierung warf sie vor, die Staatskassen trotz jahrelanger Mehreinnahmen geleert zu haben. Deshalb nicht zu investieren, sei allerdings keine Option. So brauche es aus ihrer Sicht etwa einen schnelleren Breitbandausbau, damit junge moderne Unternehmen und Menschen künftig "den ländlichen Raum füllen".

Die Finanzierung der linken Wahlversprechen soll über den Bund erfolgen. Eva von Angern fordert die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine einmalige Vermögensabgabe in der Pandemie. "Wir müssen die Gewinner der Krise heranziehen", sagte die Spitzenkandidatin und nannte Amazon und Aldi als Beispiele. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer lehnte sie ab.

Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zu Gast bei MDR SACHSEN-ANHALT

MDR SACHSEN-ANHALT hat bis Freitag täglich die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten aller aktuell im Landtag vertretenen Parteien zu Gast. Am Donnerstag ist AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner an der Reihe, am Freitag folgt Ministerpräsident Reiner Haseloff, Spitzenkandidat der CDU.

Beide werden jeweils zwischen 16 Uhr und 17 Uhr bei MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir und um 19 Uhr bei SACHSEN-ANHALT HEUTE im MDR-Fernsehen unter anderem Fragen von Hörerinnen und Hörern und Zuschauerinnen und Zuschauern beantworten.

Die möglichen Koalitionspartner

SPD und Grüne. Die Linke und Eva von Angern kämpfen für einen Politikwechsel – erst im Land, im Herbst im Bund. Von Angern: "Wir haben Konzepte, die wir in Regierungsverantwortung umsetzen wollen." Eine repräsentative Umfrage hatte zuletzt aber gezeigt, dass eine Mehrheit für ein rot-rot-grünes Bündnis – unter wessen Führung auch immer – äußerst unwahrscheinlich ist.

Das Zitat des Abends

Wir tun hier gerade alles dafür, dass eine Generation abgehängt wird.

Eva von Angern, Linke Spitzenkandidatin für die Landtagswahl

Besonders kritisch blickte von Angern auf die Situation von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Krise. Deren Gesundheit und Psyche hätte besonders darunter gelitten, dass der Schulsport nicht abgesichert worden sei. Auch habe es die Landesregierung "verpennt", flächendeckend Luftfilteranlagen in den Schulen zu installieren. Der bestehende Lehrermangel sei zudem in den Monaten des Homeschoolings besonders deutlich geworden. Als Antwort auf diese Probleme will von Angern unter anderem das System der Schulsozialarbeit weiter finanzieren.

Das blieb offen

Wie soll der Breitbandausbau konkret vorangetrieben werden? Wie dem Lehrkräftemangel begegnet werden? Bei aller Kritik, die von Angern an der jetzigen Landesregierung übte, kamen eigene Lösungsansätze mitunter zu kurz. Beim Lehrkräftemangel schlug von Angern lediglich vor, die Einstellungskriterien für Referendare aufzuweichen.

Hintergründe und Aktuelles zur Landtagswahl – unser multimediales Update

In unserem Update zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt geben unsere Redakteure einen Überblick über die wichtigsten politischen Entwicklungen – und ordnen sie ein.

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Das hat überrascht

Wie positiv Eva von Angern über die Digitalisierung sprach. Wer das Wahlprogramm der Linken liest, konnte zeitweise den Eindruck gewinnen, die Partei sehe in der Digitalisierung mehr Risiken als Nutzen – so sehr warnt sie in ihrem Programm vor den Gefahren der Digitalisierung (u.a. einer "digitalen Spaltung"). Am Mittwoch aber betonte Spitzenkandidatin von Angern, die Landesregierung habe die Digitalisierung "so richtig verpennt". Das sei zulasten der heimischen Wirtschaft gegangen und müsse sich schnell ändern, verlangte die 44-Jährige. 

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Über Thomas Vorreyer Thomas Vorreyer arbeitet seit Herbst 2020 für MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Politik, Gesellschaft und investigative Recherchen. Er ist in der Börde und in Magdeburg aufgewachsen, begann anschließend ein Politikstudium in Berlin. Zuletzt hat er als Redakteur und Reporter beim Online-Magazin VICE.com gearbeitet. In Sachsen-Anhalt ist er am liebsten an Elbe, Havel oder Bode unterwegs.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über Luca Deutschländer Luca Deutschländer arbeitet seit Januar 2016 bei MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Themen aus Politik und Gesellschaft. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, hat der gebürtige Hesse bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine in Kassel gearbeitet. Während des Journalistik-Studiums in Magdeburg Praktika bei dpa, Hessischem Rundfunk, Süddeutsche.de und dem Kindermagazin "Dein Spiegel". Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind das Schleinufer in Magdeburg und der Saaleradweg – besonders rund um Naumburg. In seiner Freizeit steht er mit Leidenschaft auf der Theaterbühne.

Mehr zum Thema

Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR/Uli Wittstock, Janett Eger, Isabell Hartung, Thomas Vorreyer, Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 19. Mai 2021 | 19:00 Uhr

22 Kommentare

ule am 21.05.2021

Wie auch dieser Beitrag des MDR bei der Vorstellung LINKER Parteiaktivisten belegt -
Das Wort "Arbeiter" und der "arbeitende Mensch" kommen im Sprachgebrauch dieser selbsternannten Eliten nicht mehr vor.

Es scheint, die gemeindliche Akademisierung rettet nicht nur die Welt, sondern schützt auch gleichzeitig vor Arbeit.

Was waren das doch noch für Zeiten, als linke Aktivisten und kommunistische Führer den Adolf Hennige zum "Held der Nation" heraufbeschworen ?

(PS: mein Wortbeitrag sollte nicht als Satire bewertet werden)

ule am 21.05.2021

@Der Beobachter -- "blaues Blut und LINKE Partei"

Eigentlich ist es doch egal, wer dieser Dame einen guten Posten zukommen lässt und ihr eine sichere Einnahmequelle gewährt.
5000,- Euro sicheres Monatseinkommen fragen nicht nach Links oder nach Rechts.
Warum wohl wenden sich die meisten Politiker vom arbeitenden Menschen ab ?

Warum wohl gehört stets der Arbeiter zu den Verlierern jeder Art gesellschaftlicher Neuordnung ?

Warum wurden seit Jahren keine Gesetze mehr verabschiedet, die den Wohlstand der arbeitenden Menschen verbessert und gleichzeitig nachhaltig sichert ?

> Helfe dir selbst, nur dann wird die geholfen <
> Versorge dich selbst, dann bist du versorgt <

ule am 21.05.2021

@faultier -- " wertschöpfungsfreie Arbeit "

Ich muß leider intervenieren, denn es gibt keine "wertschöpfungsfreie Arbeit"
Arbeit hat immer auch etwas mit nachweisbarer Leistungserbringung zu tun. Und die Klientel, die sich zunehmend dem wertschöpfungsfreien Beschäftigungssektor widmet und ihren Lebensunterhalt durch Umverteilung organisiert, nimmt stetig zu. . . . und so kommt es, dass der fleißig arbeitende Mensch dazu verdammt ist und seine Aufgabe darin sieht, eine Vielzahl seiner Mitmenschen mit zu ernähren (u.a. auch die akademisch geprägte Frau Eva von Angern und von der Partei DIE LINKE).
Die Forderung nach einem Mindestlohn sichert somit auch einen ewig prall gefüllten Kühlschrank bei dieser Dame.

Es ist auffällig, dass Menschen, die von der Umverteilung leben, bevorzugt nach einem Anstieg des Mindestlohn rufen, aber niemals sich dafür einsetzen, dass die Lebenshaltungskosten gesenkt werden - - - so auch hier bei der Vorstellung Linker Parteiaktivisten.


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